Kampfsport und Jugendsünden: Polizeitraining für Ex-Nazi

Ein Hamburger Polizeisportverein stellt sich vor einen ehemaligen NPD-Kader aus seiner Kampfsportabteilung. Der Mann ist angeblich ausgestiegen.

Zu so einem Taekwondo-Turnier meldete sich auch der ehemalige NPD-Kader Johannes D. an. Bild: Abb. SV-Polizei Hamburg

HAMBURG taz | Auf der Straße für die NPD aufgetreten ist Johannes D. schon länger nicht mehr. Er richtete keinen Infostand mehr aus, hängte keine Plakate auf. "Er ist aus der Szene raus", sagt Walter Marthie, Geschäftsführer der "Sportvereinigung Polizei Hamburg von 1920". Dort ist D. Mitglied - in der Kampfsportabteilung.

Vor einigen Monaten war bekannt geworden, dass sich D. für die Kampfsportabteilung des SV-Polizei Hamburg bei einem Wettkampf angemeldet hatte. D., einst Schatzmeister des NPD-Kreisverbandes Hamburg-Eimsbüttel, war noch im August 2010 bei einem Neonazi-Aufmarsch im niedersächsischen Bad Nenndorf gesehen worden. Verfeinerte also ein verurteilter Neonazi beim Hamburger Polizeisportverein seine Kampftechnik? 2007 hatte D., noch als Gymnasiast, zusammen mit zwei Kameraden einen Ghanaer angegriffen.

"Seine Geschichte ist uns bekannt", sagt Marthie. Mit 16 Jahren sei D. in die Szene gerutscht, auf der Suche nach Gemeinschaft und Zuspruch. "Was haben Sie so alles getan, als Sie jung waren?", fragt Marthie. Dass die Zughörigkeit zur rechtsextremen Szene auf Überzeugungen beruhen könnte, scheint dem Verein nicht geläufig zu sein.

"Wir helfen ihm bei seinen Anstrengungen, die Vergangenheit zu überwinden", hatte Michael Daleki, Präsident des Polizeisportvereins, schon bei den ersten Nachfragen gesagt. Eine externe Aussteigerhilfe scheint der frühere Chef des Hamburger Landeskriminalamts nicht eingeschaltet zu haben. "Wir haben uns an keine Stelle gewendet", räumt Marthie ein.

Eine Entscheidung, die Andrea Müller mehr als unglücklich findet. Der Rechtsextremismusexperte am Lidicehaus in Bremen ist seit Jahren in der Ausstiegsberatung aktiv. "Die Trennung von der Szene alleine ist noch kein Ausstieg", sagt er. "Die Einstellungen müssen sich auch ändern, was ein sehr schwieriger Prozess ist." Familie, Freunde oder eben Vereinskameraden seien da überfordert. "Gut gemeint ist eben nicht immer auch gut", sagt Müller.

Der SV-Polizei Hamburg war überrascht, als D.s Kontakte zur "Pennalen Burschenschaft Chattia Friedberg" bekannt wurden. In einem Forum wurde der 22-Jährige als "aktives Mitglied" der Burschenschaft geführt. Die Einträge belegten, das er sich dort noch kürzlich eingeloggt hatte. Der Verfassungsschutz stuft die Burschenschaft als "rechtsextremistisch" ein.

Statt der Bitte um schnelle Klärung nachzukommen, tauchte der SV-Polizei Hamburg ab. Nach Tagen des Schweigens sagte Marthie: "Wir haben davon nichts gewusst." Einen Tag später hatte er offenbar mit D. geredet. "Er will auch mit denen nichts mehr zu tun haben", sagt Marthie. Und: "Wir glauben ihm."

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