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Video Deutschunterricht für die NPD"Ein Sprachenbastard erster Güte"

In Sachsen will die NPD Anglizismen verbieten. Wortgewandt entlarvt der grüne Landtagsabgeordnete Jennerjahn daraufhin die Lächerlichkeit ihres Antrags.

Verspottet das "germanische Pflichtbewusstsein" der NPD: Miro Jennerjahn (Grüne). Bild: Screenshot Youtube

BERLIN taz | "Die ideologische Prinzipienlosigkeit der NPD in Fragen der Reinrassigkeit unserer Sprache spottet doch jeder Beschreibung", stichelte Miro Jennerjahn (Grüne) im sächsischen Landtag als Antwort auf einen Antrag der rechtsextremen Partei mit dem Titel "Deutsch statt 'Denglisch'".

"Wer Anglizismen wie Download aus germanischem Pflichtbewusstsein abscheulich findet, muss sich vor Augen führen, dass wir es hier mit ursächsischer Sprachpflege zu tun haben." Das Wort leite sich nämlich von den urgermanischen Worten für Hügel und Weg ab.

In ihrem Antrag hatte die rechtsextreme NPD gefordert, die sächsische Landesregierung solle künftig in allen Texten Anglizismen durch deutsche Wörter ersetzen. Taktisch geschickt bezog sich der Antrag auf eine ähnliche Initiative durch Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU), der ein Handbuch für sein Ministerium erstellt hatte um in seinem Ministerium Anglizismen einzudeutschen. Seitdem gibt es im Verkehrsministerium nur noch "Auftaktveranstaltungen" statt "Kick-Off Meetings".

Die Sprache der Angeln und Sachsen

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Entsprechend schwer fiel es auch dem sächsischen CDU-Innenminister Markus Ulbig, sich deutlich vom NPD-Antrag zu distanzieren. Zunächst begrüßte er Ramsauers Initiative und argumentierte, ein solcher Antrag sei gar nicht notwendig, denn die Amtssprache in Sachsen sei ja bereits Deutsch.

Erst im letzten Absatz kam die wirkliche Entgegnung gegen die Rückschrittlichkeit der Neonazis: "Deutsch ist als lebendige Sprache ständig Einflüssen und Veränderungen unterworfen und entwickelt sich fort. [...] Begriffe wie Internet oder Laptop entsprechen dem allgemeinen Umgangswortschatz."

Jennerjahns Rede ist ein humorvoller und informierter Ausflug durch die vielfältige Geschichte der deutschen Sprache, deren Worte unter anderem aus dem Lateinischen, Französischen, Sorbischen und eben auch Englischen stammen. Zwischendurch verspottet der Grünen-Abgeordnete die NPD: Wer wirklich zu den Ursprüngen der deutschen Sprache zurückkehren wolle, müsse die Sprachen der Angeln und Sachsen akzeptieren, Englisch eben.

"Ich verstehe auch nicht, dass die NPD das Lehnwort 'Feuer' nicht vehement ablehnt. Es stammt vom altfränkischen 'fiur' ab und hat das altsächsische und damit so germanische 'eldund' [...] gnadenlos abgelöst", witzelt Jennerjahn. Schließlich seien Neonazis wegen der vielen Fackelumzüge und Brandanschläge doch elementar auf das Wort angewiesen.

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10 Kommentare

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  • J
    Juditha

    die NPD wäre als Kanevalsverein bestimmt erfolgreicher als sie es als politische Partei ist...

  • HF
    Heribert Fromm

    Gar löbliche Worte findet man auch auf der Heimseite unseres verehrten Reinhard Pfaffenberger.

     

    Gar Stehsegeln im weltweiten Internetz macht mit dem Klapprechner erst richtig Spaß, wenn ausschließlich deutsche Worte benutzt werden.

     

    Heureka! Ich habe erkannt das die automatische Korrektur für alle "nicht eindeutig deutschen Worte" eine Marktlücke ist. So gleich werde ich mich an die Arbeit machen.

     

    Euer Heribert Fromm

  • S
    Stefan

    Genau! Zeigt den Nazis ihre Idiotie auf!

     

    Einwänden möchte ich dann aber doch, dass das Stichwort "lebendige Sprache" nicht notgedrungen heißen muss, dass die Verwendung bescheuerter Anglismen zur Pflicht wird... die kommen nämlich in der Regel wie oberflächliches Motivationstrainergeseire daher: "Kick-Off-Meeting" kann doch nun wirklich nur der Typ mit den zerstrubbelten Haaren, der feschen Brille und dem Lebenslaufhöhepunkt Praktikum bei Scholz und Friends sagen ohne sich als Idiot zu fühlen, oder?

    Herunterladen als Verb wird in meinem Umfeld im übrigen häufiger benutzt als downloaden...

  • V
    Volksverdummung

    .

    1. Ausgesprochen witziger VIDEOBEITRAG!

     

    So eine "KICK-OFF-Debatte" aus dem SOCKSENLAND erheitert mein hessisches Gemüt! :-)....

    .

     

    2. Weniger witzig: die realen Zustände im Sachsenstaat, denn...

    ...gerade die "politischen Freunde und Helfer" der NPD geben zur Sorge ANLASS:

     

    Die "angelsächsische Bedrohung", die sich gegenwärtig in der übermotivierten Staatsanwaltschaft in Dresden personifiziert, ist keineswegs gebannt -vgl. die länderübergreifende und verfassungsrechtlich mehr als BEDENKLICHE Kriminalisierung (!) von NPD-Gegendemonstranten -insbesondere derjenigen, die sich im Einklang mit den geltenden GESETZEN (!) in Dresden engagiert haben-, und die auch vor der Hessischen STAATSGRENZE nicht Halt gemacht hat...)!

    .

    Diese kaum verkappte (!) "angelsächsische Bedrohung" wird hier im demokratisch verfassten HESSEN, als staatlich organisierte VERFOLGUNG ANDERSDENKENDER und politisch Mißliebiger interpretiert!

    Schlimm genug, dass sich dafür bereits einige JUSTIZBÜTTEL gefunden haben!

    .

     

    3. Aus Gesprächen mit betroffenen BÜRGERN zeichnet sich ab, dass die sächsischen STRAFVERFOLGUNGSBEHÖRDEN -zumindest in Hessen- davor zurückscheuen (!), gegen organisierte Mitglieder der Partei "DIE GRÜNEN" vorzugehen, während andererseits -vorzugsweise ?- parteiunabhängige BürgerInnen mit Bussgeldbescheiden wegen LANDFRIEDENSBRUCH traktiert und bei "rechtlichem Widerstand" (Einsprüchen) mit drakonischen und babylonischen Strafverfahren bedroht werden!

     

    • ( In Sachsen gilt offenbar eine spezielle Verhältnismässigkeit:

    Denn man muss auch feststellen, dass viele STRAFTATEN in Sachsen -aus welchen Gründen auch immer- nicht ausreichend ermittelt und bereits nach kurzer SCHAMFRIST niedergeschlagen werden (bei fehlenden Ermittlungen, geschweige denn "öffentlichem Interesse", welches, wie man weiss, ja nur im ERMESSEN der jeweiligen STRAFVERFOLGER liegt...)! -)

    .

    Der ungleiche "strafrechtliche TARIF" für demonstrierende Bürger verweist darauf, dass auch die STAATSANWALTSCHAFT DRESDEN davor zurückscheut, zu viel Staub bei Ihren GLEICHSCHALTUNGSBEMÜHUNGEN aufzuwirbeln!

     

    Fazit: WITZVIDEOS sind ganz nett, aber die politische Wirklichkeit mit TIEFENWIRKUNG vollzieht sich oft abseits der Scheinwerfer!

    Die "TAZ", oder ein anderes a m b i t i o n i e r t e s "Blatt" sollte sich ernsthaft darum kümmern...

     

    Ansatzpunkte: Recherche bei der Staatsanwaltschaft und der sächsischen Gerichtsbarkeit mit Sitz in Dresden...; Stellungnahme des sächsischen Justizministers sowie der Bundesjustizministerin zur UNGLEICHBEHANDLUNG und Kriminalisierung parteiloser Bundesbürger -bei nicht vorhandenem oder rechtsgültigem (Landes-)Versammlungsgesetz im "Freistaat" Sachsen...

    .

    HESSE

    .

  • G
    Guenterkastenfrosch

    Wundervoll ! Genauso muss man mit Rechten und allen anderen Dumm- bzw. Dumpfköpfen umgehen: Ohne deren Provokationen anzunehmen, ihnen klug aufzeigen, wie uninformiert und unwissend ihre Plattitüden sind.

     

    @Besserwessi: Was wollen Sie nicht mit Ihrem Steuergeld finanzieren ? Die Nazis ? - dann stimme ich Ihnen völlig zu ! Oder so einen blitzgescheiten Redebeitrag ? Dann müssen Sie sich fragen lassen, für was sonst Sie Ihre Steuern besser eingesetzt fänden ? Weiteren Autobahn- oder Atomausbau etwa ? Nazis zu bekämpfen, sollte unsere allererste Bürgerpflicht sein (ob nun Besserwessi oder Schlechterossi) und wenn es so vorbildlich daherkommt wie hier von Herrn Jennerjahn, dann sollte das erst recht unser aller Unterstützung verdienen.

  • F
    Foz

    Ein hervorragender taz-Beitrag, sehr klar inspiriert von diesem ebenfalls hervorragenden Blogartikel:

     

    http://www.scilogs.de/wblogs/blog/sprachlog/sprachpolitik/2011-10-21/urgermanische-sprachpflege

     

    Wäre es angesichts der Tatsache, dass man sich hier zwar nicht der Worte, aber doch deutlich der Textstruktur und Quellenrecherche eines Bloggers bedient, nicht nett gewesen, ein „via“ zu setzen?

  • G
    Gül

    Einfach nur klasse!

  • B
    broxx

    Prinzipiell ne gute Idee. Englische Werbung in Deutschland ist und bleibt Schwachsinn. Oma und Opa sollten da schon alles verstehen. Download allerdings ist deutscher Sprachgebrauch.

  • DV
    Dan van de Briaan

    Sprache ist lebendig,

    wenn sich un jemand überlegt, dass man unsere Sprache noch "deutscher" machen soll, tötet er dann nicht unsere Sprache?

    Eine typische Aktion der NeoNazis, die einfach keinen Plan haben, von gar nichts!

  • B
    Besserwessi

    Und so etwas finanziert man mit seinen Steuern in Deutschland. Ein teurer Spass