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Banken wollen von "Occupy" profitierenDie gute Seite der Macht

Es gibt Kreditinstitute, die finden die Occupy-Bewegung richtig gut. Einige versuchen, sich im Anti-Banken-Protest als Anti-Banken zu profilieren. Die Meinungen dazu sind geteilt.

Banken in die Schranken weisen? Einige wollen sich lieber zu den Demonstranten setzen. Bild: dapd

BERLIN taz | Handtücher und Shampoo stehen bereit, nach der heißen Dusche gibt es in der Filiale der GLS-Bank am Hauptbahnhof in Frankfurt am Main noch einen ebenso heißen Kaffee. Mit diesem Angebot unterstützt die Gemeinschaftsbank für Leihen und Schenken (GLS) den Protest der Occupy-Bewegung in der Bankenmetropole. "Inhaltlich finden wir den Protest richtig", begründete GLS-Sprecher Christof Lützel die Aktion.

Auch Sparkassen und Volksbanken haben in den vergangenen Tagen auf die bankenkritischen Proteste reagiert. Teilweise ernten sie dafür Kritik der AktivistInnen. Die Reaktionen auf den Vorstoß der GLS hingegen waren offenbar positiv. Ein paar Leute seien zum Duschen gekommen, sagte Lützel.

Für viele Bankenkritiker stellt die GLS eine echte Alternative dar. Das zeigt sich schon daran, dass die Protestierenden in Frankfurt ihr neues Spendenkonto ebendort eröffnet haben, im Internet gab es Zuspruch. Dass sich Menschen Gedanken über ihre Geldanlage machen und statt in Spekulationsgeschäfte auf steigende Lebensmittelpreise lieber nachhaltig investieren wollen, ist eigentlich nicht neu. "Schon seit der Finanzkrise 2008 wachsen wir um mehr als 30 Prozent pro Jahr", sagt Lützel. Die 1974 gegründete Bank macht den Großteil ihrer Gewinne durch Sparanlagen und die transparente Vergabe von Krediten. Diese fließen ausschließlich in sozialökologische Projekte.

Bereits im Juli dieses Jahres rief Attac mit der Kampagne "Krötenwanderung" zu einem Bankenwechsel auf. Empfohlen wurden neben der GLS die Umweltbank, die Ethikbank und die Triodos Bank. Während in dieser Bewertung die Privatbanken, allen voran die Deutsche Bank, für ihre Geschäftspraktiken heftig kritisiert wurden, nehmen Genossenschaftsbanken wie die Volksbanken sowie die öffentlich-rechtlichen Sparkassen eine Zwischenstellung ein. "Sie haben in der Theorie ein gutes Geschäftsmodell. Im Alltag verhalten sie sich allerdings oft wie eine der Privatbanken", schreibt Attac.

Volksbanken im Finanzkasino

Einige Sparkassenverbände sind Anteilseigner von Landesbanken, die sich in der Finanzkrise kräftig verspekulierten. Auch manche Volksbanken sind laut Attac "im globalen Finanzkasino" aktiv. Ausdrücklich empfohlen werden sie also nicht. Dass sie trotzdem gerne zu den vermeintlich guten Banken gehören oder zumindest als solche wahrgenommen werden wollen, zeigen Vorstöße der letzten Tage.

Von Seiten des Sparkassenverbandes gab es ein Gesprächsangebot an die Occupy-Bewegung, in dem ein Meinungsaustausch über "die Finanzwirtschaft" angeregt wurde: "Wir sind neugierig, was dort vorgebracht wird", sagte Christian Achilles, Sprecher des Deutschen Giro- und Sparkassenverbandes Berlin. Viele AktivistInnen befürchten allerdings, dass die Sparkassen nur auf den Protestzug aufspringen wollen. Uneinigkeit besteht auch über das Format des Gesprächs. Während Achilles die täglich stattfindenden Versammlungen der Occupy-Bewegung nicht für geeignet hält, wünschen sich viele DemonstrantInnen genau einen solch offenen Diskurs.

Auch die Volksbanken- und Raiffeisenbanken sind in die Offensive gegangen. In einer ganzseitigen Anzeige in verschiedenen Tageszeitungen, auch in der taz, warben sie gestern für ihr Unternehmen - mit einem großen Bild von den Occupy-Protesten. Abgesprochen war das nicht. "Das ist ein ganz normaler Teil unserer Kampagne. Wir wollen Menschen mit ihren Antrieben darstellen, ohne es zu bewerten", sagte eine Sprecherin der Volksbanken. Aus dem Frankfurter Camp war bei der morgendlichen Zeitungslektüre zunächst wenig Begeisterung zu hören: "Ach du Scheiße. Wieder so ein Versuch der Vereinnahmung."

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11 Kommentare

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  • D
    Dia

    ´Die gute Seite der Macht´ empfinde ich in dieser Sache als Überschrift - zumal ohne Fragezeichen unangenehm bis ekelig...

    Bei folgenden Links dreht es sich um Genossenschaftsbanken und gewisse Machenschaften:

     

    „Oft schlimmer als die Großbanken“:

     

    http://www.faz.net/aktuell/finanzen/fonds-mehr/volksbanken-bank-fuers-volk-1817215.html

     

    Georg Schlüter sagt:

    17. Januar 2011 um 15:28 | Antworten

    Ich war immer angetan von der Seriosität, die Herr Wickert ausstrahlt. Aber ich habe auch mal an die Seriosität meiner Volksbank geglaubt. Die kostspielige DG-Fonds-Erfahrung hat mich eines Besseren belehrt.(...):

     

     

    http://bankgenosse.wordpress.com/2011/01/17/ulrich-wickert-gerat-ins-kreuzfeuer/

     

    http://spam.tamagothi.de/2007/11/30/sparda-bank-kontoauszug-ueberrumpelung/

  • JG
    Ja genau

    Warum kündigen die Occupy-Bewegten nicht ihre Konten? Da sie ja 99% sind, gibt es bald keine Banken mehr. Dann auch keine Kredite für Selbstständige dafür staatliche Förderprogramme in Form von Orden und sozialistischen Auszeichnungen. Arbeiten muß dann auch keiner, es gibt ja Grundeinkommen für alle. Das wird dann in Form von Lebensmitteln, Tabak und Drogen täglich aus der großen Schatulle gebracht. Was für ein Leben! Occupy now!

  • J
    Jason

    "Occupy TAZ" , sie entwendet geld von den banken, das ist stiller Protest... :) hoffe es wurde keine gesichter von demostranten gezeigt auf der werbung.

     

    als Occupy-Protester würde ich mir verarscht vorkommen, das die Bewegung für Marketingzecke genützt wird (das Produkt ist ja wie geschaffen für Occupy... lach!!!)

  • D
    DagmarE

    Die Genossenschaftsbanken haben durchaus eine interessante Geschichte und bildeten lange eine demokratische Form wirtschaftlicher Selbsthilfe. Es ist erfreulich, dass sie sich daran erinnern.

     

    Nur die aktuelle Praxis sieht anders aus... Mich stören v.a folgende Punkte:

     

    * Das Nichtmitgliedergeschäft überwiegt, d.h. die Meisten, die ein Konto bei der VB haben, sind in die "Demokratischen Strukturen" der Genossenschaft nicht einbezogen.

    * Die allermeisten VBs können kaum von "Direkter Demokratie" sprechen, da sie mit wenigen Ausnahmen Vertreterversammlungen haben. Wenn ein Geno-Mitglied eineN Vertreter wählt, der/ die den Aufsichtsrat mitwählt, der den Vorstand bestellt, der wiederum die Geschäftsführung einsetzt... entspricht das vermutlich nicht dem, was die Occupy-Bewegung mit "echter Demokratie" meint.

    * Die Größe und Anomymität macht es Mitgliedern schwer, von ihrem Recht Gebrauch zu machen außerhalb der üblichen jährlichen Versammlungen eine MV einzuberufen. (Wie die erforderlichen 10% zusammenbekommen ohne Adressen?)

    * Transparenz wird viel zu klein geschrieben. Erst wenn eine Bank keine Angst mehr vor Transparenz hat (s. GLS) kann sie wirklich gut sein.

    * Die Ausbildung des Managements und der Angestellten unterscheidet sich nicht erkennbar von der bei Privatbanken. Kennen die MitarbeiterInnen die 7 internationalen Genossenschaftsprinzipien (ica.org) und die Ideen dahinter? Nutzen vor Gewinn!?

     

    Erfreulich ist der lokale Schwerpunkt. Filialen, die sich für die über die Jahre leider recht zerzausten Idee der "Nachhaltigkeit" einsetzen gibt es immerhin - aber sie sind dünn gesäät.

     

    FAZIT: Durchaus Potenzial, wenn die VBs sich im UN-Jahr der Genossenschaft 2012 an ihre Geschichte erinnern würden und im Bereich Demokratie und Transparenz wirklich Neues wagen täten. Die Occupy-Bewegung für Werbung zu nutzen ohne die eigenen Strukturen entsprechend zu entstauben ist dreist.

  • AG
    André Gaufer

    Keine Spekulation mit Lebensmitteln

    Während Spekulanten, Banken und Investmentgesellschaften mit Lebensmitteln Kasse machen, steigt die Zahl der Hungernden weltweit! Dagegen protestiert die Initiative handle-fair.de!

    André Gaufer

  • H
    hann0s

    @ Demonstrantin: Waaaaaaaaaass?! Du glaubst, dass irgendwas besser werden würde, wenn die Taz nich über solche Vorgänge berichtet?! Das Problem liegt ganz klar beim naiven blauäugigen Teil Bewegung, die Demonstrationen mit happenings verwechselt. Wie oft durft ich mir anschauen das nochmal 10 minuten über die Farbe vom Plakat diskutiert wird, anstatt über das was drauf steht.

    Und wenn der Protest weiterhin so kreuzdämlich ist, sich auf Bankenkritik runterreduzieren zu lassen anstatt knallharte Kapitalismuskritik zu machen wird der sowieso untergehen, und ich muss sagen unter diesen Umständen wäre das kein Verlust.

    Mit den Piraten hat man schon ein zahmes trojanisches Pferd ins Volk geworfen, Occupy als außerparlamentarische Kuscheloption is das letzte was man da noch braucht

  • B
    Bankster

    Gibts bei der GLS mehr Zinsen aufs Konto als man für den Kredit bezahlen muss? Klasse, da gehe ich auch hin!

    Aber mal im ernst:

    Das mit dem Saubermann-Image ist ne nette Marketing Idee, in Realität aber Augenwischerei. Diese Banken mögen ja tatsächlich genau darauf achten, wohin ihr Geld fließt. Als Teil des Geldkreislaufes stecken die aber auch ihr "sauberes" Geld indirekt in alle diese "Zockergeschäfte". Beispiel GLS: Laut Geschäftsbericht legen die ihre überschüssige Liquidität fast ausschließlich bei der WGZ Bank an. Die WGZ Bank investiert laut Geschäftsbericht unter anderem in ABS Papiere, CDOs, Credit Default Swaps, Staatsanleihen, Ausleihungen an die großen Investmentbanken u.s.w.

    Diese Banken besetzen erfolgreich eine Nische. Diese Nische reicht aber nicht aus, um unsere Wirtschaft am Laufen zu halten. Spätestens bei einer komplexen Finanzierungsanfrage eines international aktiven Mittelständlers wären sie mit ihrer Infrastruktur überfordert. Das ist nicht schlimm, weil es nicht deren Kerngeschäft ist. Man sollte aber nicht so tun, als ob das eigene Nischenmodell auf die ganze Branche übertragbar wäre.

  • B
    bankster

    Da muss man sich als Demonstrant wirklich veräppelt vorkommen...peinliche Werbekampagne!

  • H
    hann0s

    Tsia, das kommt von Zahnlosen kuschelprotest, nichma die protestierten empfinden es als bedrohung. Way 2 go, konsensgesellschaft, lächelt die Krise einfach weg und fasst euch an den Händen.

  • M
    Micha

    Das, was den Kapitalismus so gefährlich macht, ist seine unendliche Anpassbarkeit. Er ist so flexibel, dass er Profit aus der Vermarktung des Kampfes gegen sich selbst schlagen kann.

     

    Keine reale Bewegung hat da eine dauerhafte Chance. Der Kapitalismus analysiert sie einfach und extrahiert daraus eigene Kampagnen, die alles Authentische daraus auf ein konsumfreundliches Maß herunterdomestizieren.

     

    Die Revolution für zu Hause, im gut beheizten Wohnzimmer, auf der Couch mit einer Schüssel Kartoffelchips und ein paar Flaschen Bier.

     

    Und danach... Das Wetter....

  • D
    Demonstrantin

    Waaaaaaaaaaaaaaaaaas !? Ihr habt das auch noch unterstützt? Geld dafür genommen dass die Volksbank ihre Anzeige drucken lässt in eurer Zeitung?? Muss ja gut geld gewesen sein...reicht es euch nicht dass ihr schon so negativ schlagzeilen die letzte woche mit euren "gewissen" artikeln gemacht habt!? unglaublich!!! UNGLAUBLICH!!! Ich glaube TAZ wird die neue bild-zeitung....wollt ihr das !?