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Stimmen zu Körtings Abschied"Wir wollen mal nicht nachtragend sein"

Berlins Innensenator Körting stellt seinen Posten nach zehn Jahren zur Verfügung. Wir haben nachgefragt, wie Weggefährten, Konkurrenten und Gegner ihn in Erinnerung behalten werden.

Erhard oder Erhart? Die taz Berlinredaktion hat's bis zum Ende nicht gelernt! Bild: dapd

Wechselbäder. Zyklen der Besonnenheit wurden abgelöst von irrationalem Populismus. Etwa bei den Autobränden, für die er die linksextremistische Szene pauschal vorverurteilt hat.

Peter Grottian, Hochschullehrer

Der einzige Innensenator, der aktiv auf Muslime zuging. Auch auf umstrittene Vereine. Ein wichtiger Beitrag für das Zusammenleben.

Barbara John (CDU) ehemalige Ausländerbeauftragte

Gerissener Politiker. Seine Amtsführung zeichnete sich durch Gelassenheit aus, die man auch mal als Interessenlosigkeit interpretieren konnte.

Karl Heinz-Dropmann, Chef des Gesamtpersonalrat der Polizei

Abschiebungen. Geheimhaltung von Naziaufmärschen. Einzig Positives: Er hat die Kennzeichnungspflicht eingeführt. Tschüs, Cholera. Hallo, Pest.

Philipp Stein, FelS

Konsequente Repression gegenüber rechtsextremen Organisationen. Sah ein, dass zivilgesellschaftlicher Protest durch Informationspolitik ermöglicht werden sollte.

Bianca Klose, Mobile Beratungsstelle gegen Rechtsextremismus

Kluger Mann. Einige Entscheidungen hätten wir uns so nicht gewünscht.

Peter Zuriel, Berliner Strafverteidiger-Vereinigung

Kein Sprücheklopfer. Zu Härtefällen differenzierte, sensible Entscheidungen, auch wenn wir mit einigen Ablehnungen nicht einverstanden waren. Schade, dass er geht. Ich weiß, wovon ich spreche. Ich habe viele Senatoren erlebt.

Traudl Vorbrodt, Mitglied des Flüchtlingsrats, saß lange in der Härtefallkommission.

War im Senat der Einzige, der sich dem Thema Islamismus widmete. Sein Ansatz, nicht-gewaltbereite islamistische Gruppen einzubinden, mag sicherheitspolitisch richtig gewesen sein. Aus gesellschaftlicher Sicht fehlt mir der Diskurs, wie man diese Auseinandersetzung führen sollte.

Claudia Dantschke, Zentrum Demokratische Kultur.

Tolerant, humorvoll. Fand immer Zeit für Gespräche.

Hilmi Kaya Turan, Türkischer Bund Berlin Brandenburg

Wir haben mit ihm genauso Polizeigewalt erfahren wie mit anderen Innensenatoren. Er hat mit dem Verbot von Antifa-Gruppen kokettiert. Er tritt ab. Uns gibt es weiter.

Lars Laumeyer, Antifa-Linke

Die Balance zwischen Sicherheit und Freiheitsrechten ist ihm in einzigartiger Weise gelungen.

Frank Zimmermann, SPD

Wir wollen mal nicht nachtragend sein.

Micha, Motorradclub Bandidos

Im Umgang fair und angenehm. Wir standen oft genug auf der anderen Seite. Mit ihm konnte man streiten, aber auch konstruktiv reden.

CDU-Chef Frank Henkel (wird als Körting-Nachfolger gehandelt)

Hat einen tollen Job gemacht. Hat mit uns darum gekämpft, dass aus der Prügeltruppe der Berliner Polizei eine weltoffene, transparente Hauptstadtpolizei wurde. Umso bedauerlicher, dass er Udo Hansen als Polizeipräsidenten durchgezockt hat.

Udo Wolf, Linke-Fraktionschef

Hat sehr zur Integration der Berliner Muslime beigetragen.

Burhan Kesici, Isl. Föderation

Erfahren und besonnen. Zu zögerlich bei notwendigen Reformen. Hat im Einzelfall Abschiebungen wegen schlechter Schulnoten vornehmen lassen.

Benedikt Lux, Grüne

Hat Berlin einen Stempel aufgedrückt. Weniger Leben und Vielfalt. Mehr Gängelung der Menschen in öffentlichen Räumen.

Jacob, Bewohner des geräumten Hausprojekts Liebigstraße 14

Wird in der Innenministerkonferenz fehlen. Verstand zu vermitteln und parteiübergreifend Kompromisse zu ermöglichen.

Ralf Jäger (SPD) Innenminister von Nordrhein-Westfalen

Gerade hatten wir gelernt, wie man Erhard schreibt. Tschüs!

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