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Statistikämter mit Zensus zufriedenReibungslose Angelegenheit

Mit dem Rücklauf der Zensus-Bögen sind die Statistikämter zufrieden, aber trotzdem teilweise in Verzug. Ersten Boykotteuren Zwangsgelder angedroht.

Läuft wie geschmiert: Angestellte beim Auswerten zurückkommender Erfassungsbögen. Bild: dpa

HAMBURG taz | Der Volkszählungsboykott fällt aus, glaubt man den Statistischen Landesämtern: Ganz anders als noch bei der Volkszählung 1987 verzeichnen die keine kollektive Verweigerung, beim "Zensus 2011" mitzumachen. Stattdessen freuen sich auch die norddeutschen Statistikämter, die mit der Abwicklung der Befragung betreut sind, über rekordverdächtige Rückläufe.

98 Prozent der insgesamt im Land verteilten 813.000 Haushaltsbögen seien bereits ausgefüllt zurück, sagt Jan Scharf, Sprecher des niedersächsischen Landesamtes für Statistik. Auch bei der Eigentümerbefragung, die rund 2,3 Millionen niedersächsische Immobilienbesitzer betrifft, liege die Rücklaufquote immerhin noch bei 86 Prozent. Niedersachsen liege "voll im Zeitplan", sagt Scharf, auch den gesetzten finanziellen Rahmen werde man nicht überschreiten.

Gut sehe die Rücklaufquote auch in Hamburg und Schleswig-Holstein aus, sagt Siegrid Krummholz vom Statistikamt Nord: Hier seien 95 Prozent der insgesamt 347.000 Haushaltsbögen und 85 Prozent der versendeten Gebäudezählungs-Unterlagen ausgefüllt zurückgesandt worden.

"Drei Monate hinter Plan"

Allerdings räumt Krummholz auch Pannen und Verzögerungen ein: In den Erfassungsstellen habe es Probleme mit der elektronischen Dateneingabe gegeben, was auch dazu geführt habe, dass diverse Volkszähler "das ihnen zustehende Geld noch immer nicht vollständig erhalten" hätten - und "wir drei Monate hinter unserem Zeitplan liegen".

Das Ziel, im November 2012 zumindest die Einwohnerzahlen der Republik und all ihrer Gemeinden zu veröffentlichen, könne im Norden nur eingehalten werden, sagt Krummholz, "wenn jetzt wirklich alles glatt läuft". Die Finanzen betreffend hätten diverse Erhebungsstellen "Mehrbedarfe beim Kieler Innenministerium angemeldet" - was das Ministerium gegenüber der taz allerdings dementierte.

In Niedersachsen wie auch in Bremen, Schleswig-Holstein und Hamburg erhalten diejenigen, die ihre Bögen noch nicht ausgefüllt zurückgeschickt oder gemailt haben, derzeit erneut ein Schreiben, das sie an ihre Auskunftspflicht erinnert. Während es in Niedersachsen noch keine konkreten Pläne gibt, wann Boykotteuren ein Zwangsgeld droht - und in welcher Höhe -, ist Schleswig-Holstein weiter: Nach einer "letztmaligen schriftlichen Aufforderung" werden dort vermutlich im kommenden Dezember erste Zwangsgeldbescheide verschickt.

Das Zwangsgeld in Höhe von zunächst 300 Euro steigt auf 500 Euro, wenn Angeschriebene nicht reagieren. Wichtig: Durch die Zahlung des Zwangsgeldes entfällt nicht die Pflicht, die Bögen auszufüllen. Und Eigentümer mehrerer Immobilien hätten bei der Gebäudezählung mit deutlich höheren Strafzahlungen zu rechnen, heißt es beim Statistikamt Nord.

Eine der wenigen AnwältInnen, die sich im Norden auf die Beratung von Zensus-Boykotteuren spezialisiert hat, ist die Bremerin Eva Dworschak. Wer einen Zwangsgeldbescheid bekomme, den Betrag aber nicht zahlen wolle, solle "sich sofort anwaltlichen Rat einholen", rät sie.

"Reine Propaganda"

Die angeblichen Rücklaufquoten hält Dworschak für reine "Propagandazahlen", den Zensus für "nach wie vor für verfassungswidrig". Die gesammelten personenbezogenen Daten von mehreren Millionen befragten Bundesbürgern blieben bis 2015 ohne Anonymisierung zentral gespeichert, was "Begehrlichkeiten auslösen" und "einem Missbrauch Tür und Tor" öffnen werde, sagt Dworschak: Eine solche Konzentration sensibler Daten habe es "noch nie gegeben".

Hinweise und Kontaktadressen zum Zensus unter: zensus11.de Rechtsratgeber unter: bit.ly/ggX5Kq

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2 Kommentare

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  • RL
    reibungs lose

    Die Wohnungs/Gebäudebögen waren doch schon vor Monaten. Eigentlich sollten die ersten Zwischen-Ergebnisse schon draussen sein. Das macht man bei Wahlen ja auch.

     

    Denn the Power of small besagt, das man nicht zur Minderheit gehören will. D.h. wenn sich rausstellt, das Wohnungen ab 99 m^2 nicht nur 1% sondern bonzige 0.1% sind, wird jeder mit einer größeren Wohnung schnell seinen Bogen abschicken um nicht zu einer (in Diktaturen gern verfolgten und von Populisten geeigneten enteigneten) Minderheit zu gehören.

    Wenn man umgekehrt feststellt, das es viel zu weniger Wohnungen unter 40(?) m^2 für Hartzer gibt und der Wohnminister (oder die taz oder anständige Reporter) andeuten, das die Sparkassen gigantische Wohnbauprogramme für 39m^2-Wohnungen anlaufen lassen werden, würden die Immobilienbesitzer solch kleiner Wohnungen ratz fatz ihre Bögen ausfüllen um nicht ihre Wohnungen zum halben Preis verschachern zu müssen.

    Wenn bei der Wahl die CDU hinten liegt, fahren tausende CDU-Autos zum Wahlbüro. Wenn die SPD hinten liegt, fahren tausende SPDler-Autos zum Wahlbüro usw. um schnell noch zu wählen.

    Die Rücklaufquoten könnten durch simple Psycho-Motivation also viel größer sein.

     

    Das ist wie beim Wählen: Wer nicht abstimmt, macht sich zur Minderheit .Und die werden von Popolisten gern verfolgt. Da braucht es keine Zwangsgelder wenn unter Lafontaine alle Wohnungen über 99 m^2 zwangsgeteilt werden oder eine Bonzen-Steuer zahlen sollen. Wer nicht will, verzichtet auf sein Stimmrecht und lebt mit den Folgen.

    Schöner wären natürlich echte Daten. Aber wenn der Wohnungsverein ankommt und heult, das 100m^2-Wohnungen zu teuer zu sanieren sind, sagt man ihnen ins gesicht das sie nur 0,0001% also Ultrabonzen darstellen und es mehr Grafen gibt als 100m^2-Wohungen. Dann lernen sie, das sie die Bögen besser mal abgeschickt hätten und jetzt die Minderheit sind.

    Schalke würde auch jeden letzten Mann mobilisieren, wenn die Kampfabstimmung im DFB wäre. Dazu reichen Zwischenergebnisse und Kommentare von Lafontaine ("Bonzensteuer und Wohnungsteilung") bzw. Hartz4-Ministern ("Viel viel mehr kleine Wohnungen ganz schnell ganz viele aus China per Schiff importieren").

    Der Markt funktioniert nur, wenn er nicht aus Darkrooms, Seitenstraßen und Nebelwerfern besteht.

     

    Wenn ich die Gewerkschaft oder Partei wäre, hätte ich längst eine Vote-Site über Wohnkosten bzw. Vermietbarkeit (ja, es gibt Gegenden mit zu viel Wohnungen) damit die Sparkassen keine Kredite dafür mehr rausrücken.

    Das Problem geht jeden an. Großstädtischer Wohnraum ist pauschal überteuert. Speziell wenn man die Fahrtkosten und Fahrtzeiten dazurechnet.

    Also wären reale ständige Wohnstatistiken (statt Zensus alle 100 Jahr) wichtig.

    Man muss die Leute motivieren, per Internet zu voten. Leider wird man abgemahnt und muss bis zum Verfassungsgericht nur weil einem Vermieter oder Hartz4-Beauftragten oder Sparkassen-Boni-Boss die Zahlen nicht ins Geschäft passen.

    Die presse, parteien und verbände haben wie so oft kein Interesse an solchen Projekten für die sie nicht einmal Geld (Rechtsanwälte bezahlen die sowieso ständig und die Hostingkosten tragen sich selber) ausgeben müssten.

    Aber dann rumjammern wenn Altersersparnisse weg sind ("Schrottimmobilien") oder Studenten und normale Angestellte keinen bezahlbaren Wohnraum haben.

    Die Mieter-Gewerkschaft könnte deutlich besser sein.

  • RL
    reibungs lose

    Die Wohnungs/Gebäudebögen waren doch schon vor Monaten. Eigentlich sollten die ersten Zwischen-Ergebnisse schon draussen sein. Das macht man bei Wahlen ja auch.

     

    Denn the Power of small besagt, das man nicht zur Minderheit gehören will. D.h. wenn sich rausstellt, das Wohnungen ab 99 m^2 nicht nur 1% sondern bonzige 0.1% sind, wird jeder mit einer größeren Wohnung schnell seinen Bogen abschicken um nicht zu einer (in Diktaturen gern verfolgten und von Populisten geeigneten enteigneten) Minderheit zu gehören.

    Wenn man umgekehrt feststellt, das es viel zu weniger Wohnungen unter 40(?) m^2 für Hartzer gibt und der Wohnminister (oder die taz oder anständige Reporter) andeuten, das die Sparkassen gigantische Wohnbauprogramme für 39m^2-Wohnungen anlaufen lassen werden, würden die Immobilienbesitzer solch kleiner Wohnungen ratz fatz ihre Bögen ausfüllen um nicht ihre Wohnungen zum halben Preis verschachern zu müssen.

    Wenn bei der Wahl die CDU hinten liegt, fahren tausende CDU-Autos zum Wahlbüro. Wenn die SPD hinten liegt, fahren tausende SPDler-Autos zum Wahlbüro usw. um schnell noch zu wählen.

    Die Rücklaufquoten könnten durch simple Psycho-Motivation also viel größer sein.

     

    Das ist wie beim Wählen: Wer nicht abstimmt, macht sich zur Minderheit .Und die werden von Popolisten gern verfolgt. Da braucht es keine Zwangsgelder wenn unter Lafontaine alle Wohnungen über 99 m^2 zwangsgeteilt werden oder eine Bonzen-Steuer zahlen sollen. Wer nicht will, verzichtet auf sein Stimmrecht und lebt mit den Folgen.

    Schöner wären natürlich echte Daten. Aber wenn der Wohnungsverein ankommt und heult, das 100m^2-Wohnungen zu teuer zu sanieren sind, sagt man ihnen ins gesicht das sie nur 0,0001% also Ultrabonzen darstellen und es mehr Grafen gibt als 100m^2-Wohungen. Dann lernen sie, das sie die Bögen besser mal abgeschickt hätten und jetzt die Minderheit sind.

    Schalke würde auch jeden letzten Mann mobilisieren, wenn die Kampfabstimmung im DFB wäre. Dazu reichen Zwischenergebnisse und Kommentare von Lafontaine ("Bonzensteuer und Wohnungsteilung") bzw. Hartz4-Ministern ("Viel viel mehr kleine Wohnungen ganz schnell ganz viele aus China per Schiff importieren").

    Der Markt funktioniert nur, wenn er nicht aus Darkrooms, Seitenstraßen und Nebelwerfern besteht.

     

    Wenn ich die Gewerkschaft oder Partei wäre, hätte ich längst eine Vote-Site über Wohnkosten bzw. Vermietbarkeit (ja, es gibt Gegenden mit zu viel Wohnungen) damit die Sparkassen keine Kredite dafür mehr rausrücken.

    Das Problem geht jeden an. Großstädtischer Wohnraum ist pauschal überteuert. Speziell wenn man die Fahrtkosten und Fahrtzeiten dazurechnet.

    Also wären reale ständige Wohnstatistiken (statt Zensus alle 100 Jahr) wichtig.

    Man muss die Leute motivieren, per Internet zu voten. Leider wird man abgemahnt und muss bis zum Verfassungsgericht nur weil einem Vermieter oder Hartz4-Beauftragten oder Sparkassen-Boni-Boss die Zahlen nicht ins Geschäft passen.

    Die presse, parteien und verbände haben wie so oft kein Interesse an solchen Projekten für die sie nicht einmal Geld (Rechtsanwälte bezahlen die sowieso ständig und die Hostingkosten tragen sich selber) ausgeben müssten.

    Aber dann rumjammern wenn Altersersparnisse weg sind ("Schrottimmobilien") oder Studenten und normale Angestellte keinen bezahlbaren Wohnraum haben.

    Die Mieter-Gewerkschaft könnte deutlich besser sein.