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Schäuble zu HRE-Rechenpanne55-Millarden-Fehler ist "ärgerlich"

Trotz der peinlichen Panne will Bundesfinanzminister Schäuble keine personellen Konsequenzen aus dem Pleitebank-Irrtum ziehen. Dafür soll jetzt andere Dinge besser laufen.

Peinliche Fehlkalkulation? Bei so vielen Zahlen kann das ja mal passieren. Bild: clafouti / photocase.com

BERLIN taz | 55 Milliarden Euro – was ist das schon? Als "ziemlich ärgerlich" stufte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) den Bilanzierungsfehler der verstaatlichten Pleitebank Hypo Real Estate (HRE) ein. Zugleich versuchte er, dem Vorgang die Relevanz zu nehmen. Personelle Konsequenzen soll es nicht geben.

Ende vergangener Woche war bekannt geworden, dass die zu erwartenden Verluste aus HRE-Schrottpapieren zu Lasten der öffentlichen Hand nicht 216 Milliarden Euro, sondern lediglich 161 Milliarden Euro betragen. Diese an sich positive Wendung war durch die Bereinigung eines Berechnungsfehlers zustande gekommen.

Am Mittwoch hatte Schäuble die Verantwortlichen der HRE, der staatlichen Abwicklungsanstalt FMS und der Wirtschaftsprüfungsfirma Pricewaterhouse Coopers zu einem Gespräch ins Finanzministerium bestellt. Die FMS verwaltet die ausgelagerten Wertanlagen der HRE und versucht sie zu einem möglichst hohen Preis zu verkaufen. Nach dem Gespräch räumte Schäuble Kommunikationsprobleme ein.

Die Panne und die große Summe hätten die Bürger verunsichert. Sein Verständnis sei aber nicht, dass nun personelle Opfer gebracht werden müssten. Im Mittelpunkt gehe es um Aufklärung des Sachverhalts und bessere Strukturen, damit sich so etwas nicht wiederhole.

"Alle Beteiligten haben Besserung gelobt", so der Minister. Er betonte, sein Ministerium habe frühestmöglich umfassend informiert. Nach Angaben von Schäuble soll nun die Bundesbank innerhalb von zwei Wochen Vorschläge machen, wie Zusammenarbeit und Aufsicht bei der HRE-Bad Bank verbessert werden könnten.

Die grüne Bundestagsabgeordnete Lisa Paus hat unterdessen beantragt, das Thema bei der nächsten Sitzung des Finanzausschusses am kommenden Mittwoch zu besprechen. Schäuble soll Bericht erstatten. Die Oppositionspartei argwöhnt, dass der Minister das Parlament absichtlich mit erheblicher Verzögerung über den Bilanzierungsfehler informiert hat.

Hintergrund: Durch die Fehlertilgung sinkt der rechnerische Schuldenstand der öffentlichen Hand. Für manche Abgeordneten der CDU, vor allem aber der FDP und der CSU ist dies ein zusätzliches Argument für eine größere Steuersenkung. Schäuble will die Entlastung der Bürger in Grenzen halten.

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10 Kommentare

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  • R
    Ralf

    Bitte Klartext ! Nicht so ein dadaistisches Gestammel und verschachtelte Wichtigtuereien. Dieses Geschwelge ist unerträglich und bringt nur den selben dämlichen Wasserkopf zum Vorschein der unser Land regiert und ruiniert.

     

    Wer die Grundrechenarten und das grundlegende Basiswissen von Aktiva/Passiva einer Bilanz nicht beherrscht hat in der Regierung, in dieser Position, nichts zu suchen. Wenn es um die Bürger und Arbeitnehmer geht, werden Lohnerhöhungen jahrelang diskutiert bis die Spesenabrechnungen der Parlamentarier höher sind als das Ergebnis, wenn es denn eins gibt? Wohlgemerkt geht es hierbei immer nur um Inflationsausgleiche im Rahmen von 25-75Cent Brutto....und dann fällt diesen Idioten ein das dort noch Guthaben in Milliardenhöhe herumsteht.

    Der Kostenapparat der Regierungen weltweit wächst immer schneller an, die Verschuldung wächst immer schneller an, die Bankenkredite werden immer teurer. Die Zinssätze werden immer höher. Na ja, wo finde ich jetzt wohl das Problem ?

  • G
    Grill

    Zu Milliarden-Fehler:

    An die Runde:

    verstehe die Aufregung nicht. Wenn die Redaktionen richtig recherchiert hätten, häten sie in § 264 Abs. 2 HGB entdeckt, daß das Saldieren von Aktivposten mit Passivposten nicht erlaubt ist: Bruttoprinzip. Etwas anderes ist, die Mutterbank HR bzw. Ministerium darauf hinzuweisen, daß saldierungsfähige Posten existieren. Der Staat kann sicher das Nettoprinzip anwenden und die Nettoschulden ausweisen.

    Mit freundlichen Grüßen

    c. Grill

  • M
    Milliarden-Fehler

    Wer sich bei Insolvenz vertut wird wegen Insolvenzverschleppung oder falscher Insolvenz verurteilt. Da wird auf Heller und Pfennig taggenau nachgerechnet und versucht, das Privatvermögen des Geschäftsführers zu erlangen. Die liegen einem als Armutsrentner bald auf der Tasche während die Juristen ihre Schlösser und andere Luxusimmobilien bewohnen.

     

     

     

    @Weinberg: Schröder und Trittin haben auch nicht verhindert, das man als IT-Projekter und IT-Gründer die Juristen fast alles kriegen. Sieht man TV-Sendern und Österreichern ja auch in Form von "Beratungs-Provisionen". Juristen (Obama, Schröder, Westerwelle, Künast,...) schauen schon, das sie durch neue Gesetze nicht weniger verdienen.

     

    @Branko: Ersparnis_Vernichtung bedeutet Armutsrentner. Denn tausende Diplom-Inhaber haben umsonst studiert und sind Zwangs-freiberufler ohne Rentenbeitrags-Jahre (die auch die Gemeinschaft tragen muss).

    Davon abgesehen würde ich gerne eine Schuldenmacher-App veröffentlichen. Wenn ich mich da um ein Komma vertue weil ich die Daten nicht computerlesbar auswerten muss, werde ich sicher existenzvernichtend abgemahnt. Ein Schuldenatlas nach Postleitzahl, Wahlkreisen und Parteien usw. wäre aufklärend. Natürlich auch vergleichendere Leistungswerte wie "Mrd Schulden pro Regierungs-Amts-Jahr". Dann sieht man mal ob Griechenland oder Merkel die Schuldenmacher-Meister sind. Leider protektionieren Piraten, FSF, Digiges, Presse usw. keine demokratierende Software :-(

     

    @volksverdummung: Danke für die Infos auch wenn hier viele vielleicht eher Enteignungs-BWLer sind weil Rot-Grün ja schon so gut gewirkt hat. Man sollte grundsätzlich niedrig und hoch bilanzieren und beides in die Bilanz schreiben. Am hohen Wert kann das Finanzamt die Steuer berechnen und am niedrigen Wert kann die Bank die Kredite rausrücken. Anders kann ich mir nicht erklären, wieso Firmen bei Insolvenzen 3%-4% des (versteuerten) bilanzwertes herausspringen. Selbst wenn der Insolvenzverwalter 30% kriegt, macht das immer noch weniger als 10% des Bilanzwertes. Am besten sollten Insolvenzverwalter den niedrigen Wert über Datev-IT-Systeme beidseitig anonymisiert bewerten. Schade das Öko-Firmen und Sozial-GmbHs das nicht zur Kapitalismusbekämpfung einführen. Wenn Linke Currybuden das einführen, müssten alle Currybuden von der Sparkassen-Kredit-Bewertung zum niedrigen Wert bewertet werden. Macht man bei Fußball ja auch: "Klose kann 0 oder 5 Tore schiessen je wie er Laune hat".

  • L
    Lope

    In welcher Schublade hat er die denn gefunden?

  • HR
    Heinz Richrath

    Wenn Sie sich als Kleinunternehmer um 100,- Euro in der Belanz verrechnen, können sie dem Finanzamt ja mal erklären, dass wäre nur ein Kommunikationsproblem.Die Steuerfahndung lässt nicht lange auf sich warten.

  • B
    Branko

    Es ist mir ohnehin seit Jahren ein völliges Rätsel warum sich immer noch hartnäckig das Vorurteil hält, die CDU/CSU sei die "Partei der Wirtschaftskompetenz".

    Das ist ungefähr genauso richtig wie die Aussage: "Roberto Blanco ist blond."

     

    Schlechter mit Geld umzugehen wie die CDU/CSU, das geht gar nicht.

     

    Seit Helmut Kohl hat diese Trümmertruppe zigfach immer wieder die mit einsamen Abstand größten, historischen Spitzen-Rekordsummen versenkt und die Bürger in immer schwindelerregendere Höhen von neuen Staatsschulden in Fantastilliardensummen getrieben.

     

    Schmidt und Schröder haben sicher auch viel Haushalts-Mist verzapft, keine Frage.

    Aber deren Böcke sind ein verblassendes Nichts gegen die Klopper, die Kohl und Merkel Deutschland eingebrockt haben - sowohl Gesamtsummenmäßig als auch von ihrer Nachhaltigkeit her.

     

    Logisch geht's dem Wähler dann gefühlt besser, wenn die Regierung Milliarden Schulden verpulvert.

    Eine Regierung, die dann den Mist mal aufräumt, den die vorigen verzapft haben, wird als halsabschneiderisch empfunden.

    Dann kommt fix die CDU wieder ran, die dann wieder mit vollen Händen die Zukunft verheizt - herrlich, wie gut das dann tut, all die ganzen schönen Sachen auf Ratenzahlung inner Bude stehen.

    Dumm nur, daß das nicht unendlich weitergeht.

    Irgendwann muß der Deckel gezahlt werden.

    Und Kreditkauf ist immer teurer, als Barzahlung - logisch.

     

    Ich hoffe nur, daß dieses ganze Wirtschafts-, Schulden-, Zock-, Pump- & Zins-System noch der amtierenden Regierung um die Ohren fliegt, und nicht einer kommenden. Weil für die Mehrheit der Wähler werden solche Geschehnisse immer in den Zusammenhang mit der aktuellen Regierung gestellt, und nicht begriffen, daß die Ursachen Jahrzehnte zurückreichen.

     

     

    Was mich wundert ist, daß wo ja jetzt unerwartet eine derartig große Summe im Haushalt aufgetaucht ist, nicht schon wieder von Steuererleichterungen, z.B. für jetzt unter dem Schuldenschnitt notleidenden Banker gefaselt wird.

  • V
    Volksverdummung

    .

    1. "...es ist die alternativlose, "systemrelevante" Demenz, die das System vor dem Offenbarungseid retten soll. 
Seit Oktober 2008 (Aufweichung der Bilanzierungsvorschriften; mit Abweichung vom Niederstwertprinzip...) ist den Buchhaltern ausdrücklich gestattet, was vorher strafbar war!"

    (zitiert aus: •http://www.taz.de/Nach-dem-Rechenfehler-bei-der-HRE/Kommentare/!c81040/ ; "Volksverdummung" v. 01.11.2011 19:14 UHR)

    .

     

    2. Schlüssig und nachvollziehbarer erklärt bei "querschuesse.de":

     

    "Die FMS hatte rückwirkend ihre Bilanzsumme für 2010 um -24,5 Mrd. Euro korrigiert und damit auch weniger Verbindlichkeiten ausgewiesen als zuvor. Im Halbjahresbericht für 2011 senkte man die Bilanzsumme, Dank der ”Derivate-Saldierung” weiter, so dass die Bilanzsumme zum 30. Juni auf insgesamt 301,8 Mrd. Euro sank, ursprünglich 357,8 Mrd. Euro.

    Die Verbindlichkeiten der Bad Bank über das FMS Wertmanagement  fließen direkt in den deutschen Bruttostaatsschuldenstand ein."

    .

    • Der Autor ("Querschuss") hält 2 Szenarien, oder eine "Mischung aus Beiden" für denkbar um die DIFFERENZEN zu erklären:

     

    "...die erste Möglichkeit, die HRE musste bis zur Auslagerung ihrer faulen Assets in die Bad Bank, ihre Bilanz nach International Financial Reporting Standards (IFRS) erstellen. Nach dem europäischen IFRS-Rechnungslegungsstandard müssen Derivate zu ihrem Marktwert bzw. auch Wiederbeschaffungswert bilanziert werden, also nach dem aktuellen Preis für die eingegangenen Kontrakte bei den Finanzwetten. Die Bad Bank dagegen bilanziert nach dem deutschen Handelsgesetzbuch (HGB) und hat dies aber nicht bereits bei Übertragung der Vermögenswerte getan..."

     

    • Und mögliches Szenario Nr. 2:

     

    "Die zweite Möglichkeit bestünde darin, dass man eine Novation der Derivate (Novationsnetting) vornehmen konnte bzw. Teilnovationen erreichen konnte, dieser Hinweis befindet sich im Geschäftsbericht zum 1. Halbjahr 2011 der HRE auf PDF Seite 20: “Die Back-to- Back- Derivate wurden teilweise durch direkte Geschäftsbeziehungen zwischen der FMS Wertmanagement und externen Kunden ersetzt (Novation von Derivaten)..."

     

    • SCHLUSSFOLGERUNG bei "querschuesse.de":

     

    "Die berechtigte Frage stellt sich, sollten also wirklich substanzielle Teilerfolge durch ein Novationnetting der Derivate erreicht worden sein und nicht nur eine Reduktion der Bilanzsumme durch eine veränderte Bilanzierung der Derivate nach HGB, warum werden sie nicht kommuniziert und warum hakt der Mainstreamjournalismus nicht nach und lässt sich mit Fehlbuchungsmärchen abspeisen...

     

    Wie nun letztlich genau die Absenkung der Bilanzsumme bei der FMS-Wertmanagement zustande kommt, ist ohne Transpararenz ihrerseits kaum im Detail zu klären, aber noch ein weiterer Hinweis, die Übertragung der “Vermögenswerte” der HRE wurden erst zum 01.10.2010 in die FMS Wertmanagement vollzogen. Noch in der Jahresbilanz 2010 wies die HRE ein nominales gesamtes Derivatevolumen von 821,995 Mrd. Euro aus, davon 764,768 Mrd. Euro an nominalen Zins-Derivaten und 9,956 Mrd. Euro an nominalen Kreditderivatevolumen."

     

    Für Zitate unter "2." zitierte QUELLE: "Bad Bank als getarnte Wunderwaffe" v. Querschuss, publiziert am 29.Oktober 2011".

    oder: •http://www.querschuesse.de/bad-bank-die-getarnte-wunderwaffe/

    .

    HESSE

    .

  • W
    Weinberg

    FMS und Pricewaterhouse präsentieren sich als mit der Materie ganz offensichtlich überforderte Flachzangen.

     

    Die „Fehlbuchungen“ sind das Ergebnis der Auslagerung staatlicher Prüfaufgaben an Private. Der Bundesrechnungshof hätte das Falschspiel in Höhe von 55 Milliarden Euro bei einer Prüfung der Badbank FMS garantiert aufgedeckt. Die staatlichen Kontrolleure wurden aber von CDU-Mutti Merkel und dem damaligen Bundesfinanzminister (und SPD-Möchtegern-Kanzlerkandidaten) Steinbrück ausgesperrt. Das war Vorsatz, denn das „Finanzmarktstabilisierungsgesetz“ wurde bekanntlich von der Rechtsanwaltskanzlei Freshfields geschrieben.

     

    Mit den Nadelstreifenträgern von FMS und Pricewaterhouse hat man die Böcke zu Gärtnern gemacht!

     

    Jetzt bleibt abzuwarten, welche Blüten der Bankensumpf zu Lasten des Deutschen Michels noch weiter treibt!

  • D
    Dirk

    Ein Bauernopfer braucht auch keiner!

    Zu mehr Konsequenzen wäre es doch eh nicht gekommen.

  • P
    Pinibel

    "Trotz der peinlichen Panne ... ... Dafür soll jetzt andere Dinge besser laufen."

     

    Peinliche Pannen können z. B. auch durch Korrekturlesen vermieden werden.