Koalitionsverhandlungen in Berlin: SPD und CDU auch bei Wirtschaft einig
In der jüngsten Verhandlungsrunde bleiben nur City Tax und höherer Mindestlohn offen.
Auch beim Thema Wirtschaft und Arbeit haben sich SPD und CDU in ihren Koalitionsverhandlungen weitgehend geeinigt. Strittig bleiben aber vor allem die Themen höherer Mindestlohn und "City tax", eine Übernachtungssteuer für Touristen. Beides soll Mitte November nochmal besprochen werden. Bei den Ladenöffungszeiten am Hauptbahnhof verständigten sich die künftigen Partner am Donnerstag darauf, wie bislang Sonntagsverkauf nur für Reisebedarf zuzulassen.
In aufgeräumter Stimmung traten SPD-Parteichef Michael Müller und der CDU-Bundestagsabgeordnete Frank Steffel nach dem Treffen vor Journalisten und lobten unisono die gute Zusammenarbeit in mehreren Arbeitsgruppensitzungen.
Ungefragt bestritt Steffel Ambitionen auf den Posten des Wirtschaftssenators. Er beabsichtige, im Bundestag und Präsident der Reinickendorfer Füchse zu bleiben - "das ist inkompatibel mit einer Aufgage in der Landesregierung." Steffels Name war zwar gelegentlich gefallen. Er gilt aber als einer, der gerne Chef ist - im Senat wäre er selbst auf der CDU-Seite höchstens zweiter Mann hinter dem Parteichef und mutmaßlichem Innensenator Frank Henkel. Ein viel wahrscheinlicherer Kandidat für das Wirtschaftsressort ist hingegen SPD-Chef Müller. Der wich Fragen aber geschickt aus. "Jetzt fange ich erstmal an neu nachzudenken", witzelte er nach Steffels Worten.
Beim Thema Arbeitsmarkt soll es verstärkt darum gehen, Langzeitarbeitslose wieder in Arbeit zu bringen. Als konkretes Ziel gab Steffel an, die Zahl der Hartz-IV-Haushalte, der so genannten Bedarfsgemeinschaften, von derzeit rund 300.000 um zehn Prozent zu senken.
Als Grundlage der Wirtschaftspolitik bauen beide Seiten auf große Übereinstimmung bei der Infrastruktur. "Das ist nicht nur die A 100", sagt Müller, "das ist der Flughafen, das ist die TVO (geplante Entlastungsstraße im Osten der Stadt, d.Red.) und Mediaspree." Zügig will sich eine rot-schwarze Koalition um die Nachnutzung des Flughafens Tegel zu kümmern. Dorthin sollen etwa ausgelagerte Bereiche der Technischen Universität und der Beuth-Hochschule ziehen.
Neben den großen Projekten und Grundaussagen nannten Müller und Steffel auch zwei konkrete Einzelvorhaben: eine Meistergründungsprämie im Handwerk - auf die Müller, der selbst Drucker gelernt hat, Wert legte - und eine Art Parkvignette für Handwerker und Pflegedienste.
Leser*innenkommentare
resolut
Gast
Fehlplanung - vorprogrammiert
Na das prickelt ja mal wieder richtig. Allein die Tatsache, dass die zukünftige Regierung ernsthaft darüber nachdenkt, universitäres Leben auf einem stillgelegten Flughafen anzusiedeln, dessen größtes Problem über Jahrzehnte die Verkehrsanbindung war, weil er mit keiner Bahn zu erreichen war, zeigt mal wieder die Planungsfähigkeit und das Verständnis für die Bedürfnisse der Weltstadt-Strategen für die Betroffenen.
Glauben die wirklich, dass das üppige Bafög für eine tägliche Anreise mit dem Taxi reicht? Oder wollen sie Schulbusse zu jedem Veranstaltungstermin über die Stadtautobahn und den (dann ziemlich gewaltigen) Campus losdackeln lassen?
Schöne Grüße
http://barspiegel.blogspot.com/