Klarinetten von früh bis spät

BLASMUSIK Die Norddeutschen Klarinettentage zeigen die Bandbreite eines Instruments, das oft mit Swing und Klezmer assoziiert wird. Dabei kann die Klarinette noch viel mehr

… gibt es am Dienstag, wenn Giora Feidman in Bremen spielt. Feidman hat im Laufe seiner Karriere nicht nur Klezmer gespielt, sondern unternahm auch Ausflüge in den Tango, spielte Werke von George Gershwin, führte Klarinettenkonzerte von Mozart und Schubert sowie Werke zeitgenössischer israelischer Komponisten auf. Die Bandbreite seiner Musik lotet er derzeit mit dem Streichquartett des Geigers Michel Gershwin aus. Auf dem Programm stehen klassische und zeitgenössische Werke neben Klezmer-Stücken.

■ Dienstag, 20 Uhr, Glocke

Von Andreas Schnell

Wahrscheinlich verhält es sich mit der Popularität einzelner Instrumente wie mit anderen Moden auch. Bis ins Letzte zu erklären sind sie selten und wenn, höchstens im Nachhinein.

Warum zum Beispiel seit dem Bebop vor allem Saxophonisten den Jazz prägten und nicht, wie noch in der Swing-Ära, Klarinettisten, mag mit den klanglichen Möglichkeiten des Instruments zu tun haben. Allerdings bewies schon Eric Dolphy, dass selbst ein eher exotisches Instrument wie die Bassklarinette für das freie Spiel geeignet ist – und erkundete in wenigen Jahren im Grunde alles, was damit anzustellen war.

„Die Klarinette spielt immer noch eine große Rolle im Jazz, wenn auch nicht mehr die führende“, erklärt Marco Thomas, künstlerischer Leiter der Norddeutschen Klarinettentage, die in diesem Jahr zum sechsten Mal stattfinden. „Dass das Saxophon so wichtig wurde, hat vielleicht damit zu tun, dass es ein jüngeres Instrument ist. Außerdem wurde die Musik dynamischer, und das Saxophon ist schon ein bisschen durchsetzungsfähiger.“

Dass die Klarinette seit über dreihundert Jahren ihren festen Platz nicht nur im klassischen Repertoire hat, erklärt sich aus Thomas’ Sicht aus den besonderen Qualitäten des Instruments: „Die Klarinette kommt der menschlichen Stimme näher als jedes andere Instrument und kann wie kein anderes Instrument den Emotionen des Menschen nachfühlen. Durch diese Flexibilität und den Tonumfang von vier Oktaven bietet sie enorme Ausdrucksmöglichkeiten.“

Seine Begeisterung für das Instrument ist auch biographisch bedingt. In der vierten Generation sei er schon Klarinettist. Und um die Vielseitigkeit seines Instruments anderen Menschen näher zu bringen, gründete Marco Thomas die Norddeutschen Klarinettentage. Die bieten in diesem Jahr ein Konzertprogramm, das von Bach bis in die Gegenwart, von Klassik und Klezmer bis Jazz und Folk reicht, in den vergangenen Jahren gab es Konzerte mit Film- oder Tanzmusik. „Wir wollen einfach immer mal wieder Neues ausprobieren“, sagt Thomas, der selbst immer mittendrin ist. Bei allem Konzerten des diesjährigen Programms steht er persönlich auf der Bühne. „Das hat sich von Anfang so herauskristallisiert. Klarinettenbestrahlung von früh bis spät“, sagt er.

Eine Musikrichtung kam allerdings bislang bei den Klarinettentagen nicht vor. In Pop und Rock fristet das Instrument ein Schattendasein. „Da hab ich auch nichts gefunden“, stimmt Thomas zu. „Als Klarinettist fällt einem das schon auf, wenn man viel im Auto sitzt und Radio hört. Aber das wäre durchaus mal spannend. Vielleicht probieren wir das mal aus.“

Ein wichtiger Bestandteil der Klarinettentage ist das Kursprogramm, das nicht nur Themen wie Improvisation im Jazz oder Sololiteratur für Fortgeschrittene bietet, sondern auch die Gelegenheit, beim Abschlusskonzert der Klarinettentage aufzutreten. Gerade hier zeigt sich die Strahlkraft des Festivals: „Als wir angefangen haben, dachten wir uns, wir schauen mal, was passiert“, erzählt Marco Thomas. „Da hatten wir schon etwas über 30 Teilnehmer. Das hat sich von Jahr zu Jahr gesteigert. Jetzt sind wir bei über 50 Teilnehmern. Da gibt es mittlerweile einen festen Stamm. Es kommen auch Musiker aus Süddeutschland, letztes Jahr ist sogar jemand aus Südkorea eingeflogen, um mitzumachen. Es hat sich weit über die Grenzen Bremens herumgesprochen.“

■ Samstag, 2. 1. bis Dienstag, 5. 1., das Programm und weitere Informationen im Internet: www.klarinettentage.com