US-Einsatz in Afghanistan: "Kill Team Kandahar" verurteilt
Ein US-Militärgericht verurteilt mehrere Mitglieder einer Armeeeinheit und deren Anführer zu hohen Haftstrafen. Sie hatten drei Zivilisten in Afghanistan getötet.
BERLIN taz | Wegen der Ermordung von drei afghanischen Zivilisten ist der US-amerikanische Hauptmann Calvin Gibbs am Donnerstag von einem Militärgericht zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Das Urteil räumt allerdings die Möglichkeit einer vorzeitigen Haftentlassung nach zehn Jahren ein. Der Militärstaatsanwalt hatte lebenslänglich ohne Entlassungsmöglichkeit gefordert.
Der 26-jährige Gibbs wird beschuldigt, mit seiner Einheit in Afghanistan ein "Kill Team" gebildet und zwischen Januar und Mai vergangenen Jahres aus reiner Lust afghanische Zivilisten in der Provinz Kandahar getötet zu haben. Um das nicht auffliegen zu lassen, hätten die Soldaten Granaten gezündet, um Gefechte vorzutäuschen, und Waffen bei den Opfern deponiert.
Gibbs soll darüber hinaus den Toten Finger abgeschnitten und diese als Trophäe aufbewahrt haben. Gibbs selbst räumte das ein: Er habe die Finger befreundeten Soldaten schenken oder andere damit einschüchtern wollen, sagte er.
Gibbs war aufgeflogen, nachdem ein Soldat die Vorgesetzten aufmerksam gemacht hatte. Inzwischen haben alle fünf Mitglieder seiner Truppe auf schuldig plädiert und gegen Gibbs als Rädelsführer ausgesagt.
Gibbs selbst hatte die Vorwürfe vor Gericht stets bestritten. Die Zivilisten seien in Gefechten ums Leben gekommen. Bei den Vorwürfen, sagte Gibbs Anwalt Philipp Stackhouse, handele es sich um Lügen und Verrat. Gibbs war im Herbst 2009 als Anführer zu der Einheit gestoßen, nachdem er zuvor im Irak stationiert gewesen war. Als das Urteil verlesen wurde, schien er geschockt. Einer der Hauptkronzeugen gegen ihn, der Gefreite Jeremy Morlock, bekannte sich schuldig in allen drei Fällen und wurde zu 24 Jahren Haft verurteilt.
Eine Woche lang hatte das fünfköpfige Militärgericht auf dem Luftwaffenstützpunkt Lewis-McChord im Bundesstaat Washington insgesamt 28 Zeugen angehört und Beweise gewürdigt - für die Urteilsberatung brauchte es hingegen nicht einmal einen Tag.
Die Morde hatten in Afghanistan Proteste ausgelöst. Die Militärjustiz der USA stand unter erheblichem Druck, unter Beweis zu stellen, dass sie solche Vergehen zu ahnden in der Lage ist. Die Staatsanwaltschaft hatte Gibbs und seiner Einheit vorgeworfen, das internationale Ansehen der US-Streitkräfte schwer beschädigt zu haben.
Seit den Folterbildern von Abu Ghraib ist der Fall Gibbs der schwerwiegendste Vorwurf gegen Angehörige der US-Armee in den Kriegen der letzten zehn Jahre. Insbesondere die triumphierenden Fotos mit den abgeschnittenen Gliedmaßen, die die Einheit von sich aufgenommen hatte, hatten für große öffentliche Empörung gesorgt.
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