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Kommentar BerlusconiDamit meine Kinder reich bleiben

Michael Braun
Kommentar von Michael Braun

Auch nach seinem Rücktrit muss Silvio Berlusconi eine engagierte Strafverfolgung kaum fürchten. Dafür treibt ihn eine ganz andere Sorge um.

B ekommen Italiens sowieso schon überfüllte Gefängnisse demnächst einen prominenten Neuzugang? Einen neuen Häftling, der direkt vom Palais des Ministerpräsidenten in die Zelle umzieht?

Von Beginn seiner politischen Karriere im Jahr 1994 an waren es gerade auch engste Mitarbeiter Silvio Berlusconis, die nie einen Zweifel am direkten Zusammenhang zwischen seinem politischen Engagement und seinen Justizproblemen ließen. Wäre Berlusconi damals nicht bei den Wahlen angetreten, so zum Beispiel ein Spitzenmanager aus seinem Konzern, "dann hätten wir unter Brücken geschlafen oder wären gleich im Knast gelandet".

Auch heute noch muss Berlusconi sich vor Gericht wegen einer Latte von Straftaten verantworten: Bestechung eines Rechtsanwalts, Unterschlagung und Steuerhinterziehung in Millionenhöhe, Förderung der Prostitution einer Minderjährigen.

Michael Braun

ist Italien-Korrespondent der taz.

Doch eines darf heute schon als sicher gelten: Im Gefängnis wird der mittlerweile 75-Jährige gewiss nicht enden. Dazu sind seine Anwälte zu gut - und dazu ist Italiens Justizsystem zu schwerfällig.

So treibt Berlusconi denn auch eine ganz andere Sorge um. Sein Vermögen ist gefährdet, ergo: Wie viel Geld wird er seinen Erben vermachen können? Sein Medienkonzern war ihm immer eine scharfe Waffe in der Politik - zugleich aber war die Politik das perfekte Instrument, um den Konzern zu fördern. Nicht umsonst brachen die Kurse der Holding Mediaset letzte Woche an nur einem Tag um über 12 Prozent ein, kaum war seine Regierung in die Krise geraten.

Viele Werbekunden werden sich nun frei fühlen, ihre Spots woanders zu schalten - und neue Regierungen könnten auch ans Mediengesetz herangehen: an ein Mediengesetz, das Berlusconi bisher erlaubt, 65 Prozent aller TV-Werbeeinnahmen auf sich zu vereinen. "Unter Brücken schlafen" wird Berlusconi auch dann wohl nicht - aber als Medienunternehmer könnte er bald gescheitert sein.

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Michael Braun
Auslandskorrespondent Italien
Promovierter Politologe, 1985-1995 Wissenschaftlicher Mitarbeiter an den Unis Duisburg und Essen, seit 1996 als Journalist in Rom, seit 2000 taz-Korrespondent, daneben tätig für deutsche Rundfunkanstalten, das italienische Wochenmagazin „Internazionale“ und als Wissenschaftlicher Mitarbeiter für das Büro Rom der Friedrich-Ebert-Stiftung.
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3 Kommentare

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  • H
    hammaetjez

    da B. gestern zurücktrat war das ein schöner Tag. Seit 17 Jahren hat er in Italien ein Klima der Vergiftung, der Rücksichtslosigkeit und Komplizitaet mit der Delinquenz etabliert. Was ja mit Mafiaverbindungen und faschistischen Schlägern auch zu erwarten war. Was bleibt ist sein Einfluss hinter der Bühne, auf die Handlungen seiner Lobbyistenpartei (PdL) in Parlament und Senat.

    Entscheidend für eine Modernisierung und Legalisierung des Landes ist aus meiner Sicht das Wahlergebnis. Das Faschisten (in PDL und FLI) ihre Mandate verlieren. Letztlich das die PdL in die absolute Minderheit geraet, für immer..

  • V
    vic

    Der italienische Staat sollte sich alles zu eigen machen, was sich der Gauner in seiner zu langen Amtszeit erschwindelt hat.

    Medien verstaatlichen, alle Vermögenswrte einziehen, für die der Pate keine plausible Erklärung hat,

    Immobilien- bis auf eine- verkaufen.

    Und ihn schließlich, wie dereinst Napoleon, auf eine Insel verbannen. Ohne Rückfahrkarte.

    Ciao

  • RB
    Reich bleiben

    Die Leute die im TV seinen Rücktritt bejubeln, sind wohl überwiegend zu jung um sich an den Rücktritt Honeckers, Kohls, Husseins, Ghadaffis, Nixons, George W. Bush und die Wahlsiege von RotGrün, Timoschenko, Obama und Karsai zu erinnern.

     

    Wenn die Opposition schlau ist, fährt sie die Werbeminuten öffentlich systematisch zurück.

    Probleme muss man an der Wurzel bekämpfen.

    Wenn man also Politikern die 10 größten Spender als fiktive Logos in Fotos auf die Hemden malt, kann man auch die 10 größten Werbeminutenkunden von Berlusconi outen. Wer dort kauft ist vielleicht Berlusconis Freund und will seine Rückkehr finanziell fördern. Firmen werden nicht gehindert, offiziell das Zurückfahren der Werbung verkündigen und echte Linux-basierte funktionierende Kontrollmechanismen zu finanzieren. Denn Transparenz ist der Fend der Miswirtschaft und Darkroomschattenwirtschaft. Vorhandene Verträge sind natürlich einzuhalten und weil sie schon unterschrieben sind, gibts keinen Grund mehr für Geheimhaltung. Solche Firmen sind dann die Guten wo man gerne kaufen kann.

    Die Piraten-App hat wohl nur die Schulden von Berlin und nicht alle Schulden von überall inclusive der Regierungsjahre und Verantwortlichen Namen und Parteien. Tja. Schade.

    Ich würde begrüßen, wenn ich bei redlaser, quoka, kaufda usw. sehe, wie viel Parteispenden und Subventionen die Produkte bzw. Unternehmen an welche Partei gegeben bzw. bekommen haben. Italiener sicher auch. Geldmoral wirkt schnell, legal, gerecht und braucht keine Gewalt.

    Leider liebeleit und labert Linke lieber statt leistungsliefernd zu leben.

     

    Es gibt deutlich mehr kleine italienische Sender in Italien auf Satellit wie jeder problemlos überprüfen kann. Da kann Deutschland eher noch von lernen. Und RAI hat auch nicht relevant weniger Sender als Deutschlands GEZ oder BBC.