Die Wahrheit: Schwabinger Krawall: Ehrbares Handwerk

Eine Schlosserei, sagt Frau Hammler, sei ein ehrenwertes Handwerk, auch wenn es sich oft anhöre, als betriebe der Herr Jörgl im Hinterhof ein Atomkraftwerk..

...Aber seitdem er so oft auf Montage sei und an der Tür einen Zettel mit der Aufschrift "Bei Hammler abgeben" hinterlasse, werde sie ständig von Boten mit Paketen herausgeklingelt, die dann tagelang im Gang stehen, und den Schmierölgeruch kriege sie selbst mit dem guten Orangenreiniger nicht mehr aus dem Haus. Dann, sagt ihr Mann, solle sie die Boten halt zum Kuckuck schicken. Das, meint sie, sei unhöflich, schließlich habe der Herr Jörgl das Päckchen mit den Kochlöffeln auch für sie verwahrt. Das sei fünf Jahre her, grummelt ihr Mann, und er wolle nicht in einem Schrottlager wohnen und mache deswegen die Tür auch nur auf, wenn er wisse, wer davorstehe.

Seufzend geht Frau Hammler einkaufen. Kurz darauf läutet es. Draußen steht ein Herr mit einer ramponierten Tischlampe. Die Lampe sei ihm vom Tisch gefallen, nun sei der Schirm abgebrochen. Das gehe ihn nichts an, sagt Herr Hammler und schließt die Tür. Sofort klingelt der Mann noch einmal und weist auf den Zettel an der Tür der Schlosserei hin. Weil Herr Hammler seinen guten Tag hat, betrachtet er die Lampe näher und meint, eigentlich sei nur eine kleine Schraube gebrochen. Er holt Schraube, Mutter und Zange und übergibt dem Herrn wenig später das Gerät mit der Bemerkung, man müsse sich nur zu helfen wissen.

Leider stellt der Herr fest, dass sich der Schirm nicht mehr ordnungsgemäß verstellen lässt. Herr Hammler lockert die Schraube, wobei das Unterteil herunterfällt, der Schalter abbricht und er meint, das übersteige seine Fähigkeiten, da werde wohl ein Elektriker gebraucht. Das sei die Höhe, sagt der Herr. Herr Hammler weist darauf hin, dass er die Reparatur aus reiner Gefälligkeit durchgeführt habe und jetzt seine Ruhe wolle. So sei er noch nie behandelt worden, brüllt der Herr, und so lasse er sich von einem Handwerker auch nicht behandeln. Er sei kein Handwerker, brüllt Herr Hammler, sondern Hausmeister im Ruhestand, den er so zu genießen gedenke, wie das vorgesehen sei. Das sei Amtsanmaßung und kriminelle Sachbeschädigung, tobt der Herr, und nun platzt Herrn Hammler der Kragen. Dass nun die alte Frau Reibeis daherkommt und fragt, ob er ihr mit ihrem Wäscheständer helfen könne, der wieder mal klemme, bringt das Fass zum Überlaufen.

Als Frau Hammler zurückkommt, findet sie ihren Mann mit einem kalten Waschlappen auf dem Auge und berichtet entgeistert, soeben sei ihr die schreiende Frau Reibeis mit einem verbogenen Wäscheständer um den Hals entgegengelaufen, vor der Haustür springe ein Mann auf einem Blechgerät herum und brülle wie ein Hottentotte, und sie hole jetzt die Polizei, weil sie wissen wolle, was da los sei. Das, sagt ihr Mann, wolle sie gar nicht wissen.

Und obwohl ihr dabei ein bisschen unheimlich ist, hört Frau Hammler ausnahmsweise auf ihren Mann und öffnet in den nächsten Tagen die Tür nur noch, wenn sie weiß, wer davorsteht.

Die Wahrheit auf taz.de

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

ist die einzige Satire- und Humorseite einer Tageszeitung weltweit. Sie hat den ©Tom. Und drei Grundsätze.

kari

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.