Polizei gegen falsche Kollegen

RECHTE Razzia beim „Deutschen Polizei-Hilfswerk“, das verdächtigt wird, eine kriminelle Vereinigung zu sein und bundesdeutsches Recht zu negieren

DRESDEN taz | Nach der Razzia am Mittwoch „dickscht“ das „Deutsche Polizei-Hilfswerk“ DPHW, wie man in Sachsen sagt, wenn jemand beleidigt ist. Die Tatsachen würden vertauscht und „diejenigen, die auf Rechtsverletzungen hinweisen, kriminalisiert“, schreibt Pressesprecher Fröhner eingeschnappt. Am Mittwoch hatten insgesamt 119 Beamte der Staatsanwaltschaft Dresden und des neuen Operativen Abwehrzentrums Rechtsextremismus Sachsen sieben Wohnungen in der Umgebung von Meißen und eine Betriebsstätte in Zwickau durchsucht. Auch eine Brandenburger Wohnung war einbezogen. Beschlagnahmt wurden Uniformen, Datenträger und Schusswaffen.

Die selbsternannte Hilfspolizei mit 20–30 Mitgliedern bildete sich im Vorjahr und tritt mit dem Anspruch auf, Bürgerrechte gegen vermeintliche staatliche Willkür zu schützen. Zu ihren Gründern zählt auch der ehemalige sächsische Polizeigewerkschaftsfunktionär Volker Schöne. Das DPHW bestreitet zwar Verbindungen zu den sogenannten Reichsbürgern, einer rechten Gruppierung, die der Bundesrepublik die völkerrechtliche Legitimation abspricht. Nach Erkenntnissen der Linken-Landtagsabgeordneten Kerstin Köditz in Sachsen bestehen aber sehr wohl Brücken in die rechte Szene. Ihr Kollege Johannes Lichdi von den Bündnisgrünen erfuhr durch eine Kleine Anfrage, dass der Verfassungsschutz das DPHW beobachtet.

Ende November 2012 brachten Uniformierte des Hilfswerks im Landkreis Meißen einen Gerichtsvollzieher stundenlang in ihre Gewalt. Nach Informationen der Sächsischen Zeitung soll sich ein ähnlicher Fall kurz darauf in Weimar ereignet haben. Seither ermittelt die Dresdner Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts der Bildung einer Kriminellen Vereinigung und wegen Amtsanmaßung.

Die selbsternannten Polizisten gehörten sehr wohl zu denen, die bestehende Gesetze der Bundesrepublik negieren, bestätigt Oberstaatsanwalt Lorenz Haase von der Dresdner Staatsanwaltschaft. Die kriminellen Aktivitäten des Hilfswerks hätten „eine andere Qualität“ als die teils kuriosen Auftritte der Reichsbürger. Anders als vom DPHW behauptet, habe es selbstverständlich auch eine richterliche Anordnung zur aktuellen Durchsuchung gegeben. Ausreichend Haftgründe für mögliche Festnahmen lagen aber noch nicht vor. Über erste Ermittlungsergebnisse hüllen sich Staatsanwaltschaft und Innenministerium noch in Schweigen.

MICHAEL BARTSCH