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Neuer RAF-Film"Kleine Leute" als Kollateralschäden

"In den besten Jahren" (Mittwoch, 20.15 Uhr) handelt von den vergessenen Opfern der RAF. Ein starker Film über das zerstörte Leben einer Polizisten-Witwe.

Im Kampf der RAF galten nur große Namen: Getötete Polizisten kamen nur als Kollateralschäden vor. Bild: WDR/Thomas Kost

Den Kopf aus dem Fenster des fahrenden Autos strecken, in den Fahrtwind halten. Der das in der ersten Einstellung des Films macht, lachend, glücklich, ist ein junger Mann. Die es in der letzten Einstellung macht, weinend, tieftraurig, ist eine ältere Frau. Sie waren einmal ein Paar, glücklich, verheiratet, mit kleiner Tochter.

Das war vor 41 Jahren, in einem überbelichteten, grobkörnigen anderen Zeitalter. Als der Mann, der bei der Polizei war, einen zu schnell fahrenden Wagen angehalten hat. Als der Fahrer des Wagens, der bei der RAF war, den Polizisten erschossen hat.

Die Wohnung, in der die ältere Frau lebt, ist die Wohnung, in der sie mit ihrem Mann gelebt hat. Man kann den Mief beinahe riechen, die piefige Seite der 70er, alles ist irgendwie braun. Nichts hat die Frau verändert. Fast nichts. An der Wand hängt ein Porträt ihres jungen Mannes, davor steht eine frische rote Rose. Der Mord an ihrem Mann, die Frau hat das nie verwunden. Sie hat ein verbittertes, retrospektives Leben gelebt.

Der Film

"In den besten Jahren" läuft am Mittwoch, 14.12., um 20.15 Uhr in der ARD.

Der Film von Hartmut Schoen (Buch und Regie), der dieses Leben zeigt, ist beeindruckend, ist anrührend, ist unendlich traurig. Ist schwere Kost. Ist voller theaterhafter, an sich fernsehfremder Monologe von Großschauspielern: Manfred Zapatka, Burkhart Klaußner, Matthias Brandt, Ellen Schwiers. Und natürlich Senta Berger, die die Frau spielt.

Die Frau, die exemplarisch ist für den am wenigsten interessanten, vergessenen, kaum je zur Kenntnis genommenen Part der RAF-Historie. Der auch in den jüngsten RAF-Filmen von Edel/Eichinger ("Der Baader Meinhof Komplex") und Andres Veiel ("Wer wenn nicht wir") keine Rolle spielt.

Es zählen nur die großen Namen

Was die Frau sagt, ist programmatisch: "Aber die kleinen Leute, die getöteten Fahrer, die Polizisten, die zufällig umgeknallten Hausmeister, die sind nie in ihren Bekennerschreiben vorgekommen. Nie. Kein Wort. Keine Entschuldigung. Kein Mitgefühl. Nichts." In dem großen Kampf der Bürgersöhne und -töchter der RAF kamen Kleinbürger nur als Kollateralschäden vor. "Na ja, und die Medien: genauso. Nur die großen Namen zählen."

Ihr Mann hatte keinen großen Namen, sein bald gefasster Mörder profitierte von der "Kronzeugenregelung" - die es zu RAF-Zeiten und vor 1989 in der BRD nicht gab, hier hakt der Plot gewaltig -, bekam Freiheit und neue Identität. Die Frau jedoch bekam nie die Antworten auf ihre Fragen: "Es gibt viele, die in diesem Zusammenhang nix sagen. Die RAF-Leute sagen nix. Die auf der Staatsseite sagen nix. Was ist da los? (…) Keines der RAF-Verbrechen ist bis heute aufgeklärt. Die Verurteilten sind alle nur wegen Mittäterschaft verurteilt worden."

Dieses "nur" ist juristisch natürlich Unsinn, weil der Mittäter gerade kein bloßer Teilnehmer ist, nicht weniger hart bestraft wird als der Alleintäter. Aber was hilft das etwa einem Michael Buback, wenn er seinen Seelenfrieden doch nur dann erlangen kann, wenn er weiß, wer in persona am 7. April 1977 den Abzug an der HK 43 betätigt und seinen Vater erschossen hat.

Es hilft ihm auch nichts, dass sein Vater einer der "großen Namen" war, anders als der fiktive Polizist im Film. Für Seelenfrieden sind deutsche Gerichte nicht zuständig. Das ist auch ganz richtig so, aber wer ist dann zuständig? "Für mich hat sich noch niemand interessiert", sagt die Frau.

Nach 41 Jahren fällt ihr das rote Notizbuch eines phänotypischen Journalisten (Felix Eitner) in die Hände, sie hat plötzlich eine Chance, den Mörder ihres Mannes zu finden: "Aber wenn ich ihn gefunden habe, dann is' es dann vorbei. Dann kann ich nichts mehr für meinen Mann tun, denke ich. Diesem Kerl, diesem Mörder zu begegnen, ihm zurückzugeben, was er mir angetan hat, meinem Mann - das hat mich gezwungen weiterzuleben. Ich hatte noch zu tun. Verstehen Sie?"

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8 Kommentare

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  • M
    maoam

    @politisch

     

    Dummheit und Arroganz...soso.

     

    Haben sie sich schon mal darüber informiert, was Faschismus eigentlich ist?

     

    Wie können Linke zu Nazis werden?

     

    Die Quadratur des Kreises wieder einmal, was?

     

     

    In ihrer "politischen Weitsicht" werden Nazis zu Linken, Linke zu Nazis, nur der Demokrat steht über allem und belächelt die verrückten. Und der Demokrat ist ja niemals Ausländerfeindlich, islamo- oder homophob. Kann er ja gar nicht...schließlich ist er ein Demokrat.

     

    Deshalb dürfen seine Soldaten auch hunderttausende Menschen ermorden....es ist ja für die Demokratie!

     

    Oink oink.

     

    Grün ist blau, rosa ist pink, laut ist leise und Bäume bestehen eigentlich aus Zement.

     

     

    Die BILD lässt grüßen!

     

     

    Wie wäre es mal etwas über die Opfer der Morde, begangen durch deutsche Polizisten, mal ganze Filmserien zu widmen?

     

    Ach so...ich vergaß, das sind ja weder arme Polizisten, noch "DEMOKRATEN".

     

    Und wer entscheidet das? Richtig, die "Demokraten".....höhöhö.

     

     

     

    Warum werde ich dass Gefühl nichtr los, dass massenhaft Rechtskonservative und Rechtsradikale sich gerne im Internet als besorgte Demokraten verkaufen?

     

    Warum steht ihr nicht zu dem Rassismus den ihr propagiert?

     

    Wahrscheinlich aus dem gleichen Grund, aus dem Hitler verschwiegen hat, das er nach seiner Zeit auch auf das Deutsche Volk scheißt, ...lustig wie er es in den letzten Stunden beschimpft hat, das treue, stolze deutsche Volk.

     

    "Ein Haufen Weicheier, diese Volksgenossen!"

  • P
    Politisch

    Linke wie taz und hier Kommentierende verdienen grds. meine Symphatie. Was ich nicht mag, sind fehlendes Grundverständnis und wenig ausgeprägtes eigenständiges Denken.

    Macht mal alle Eure Schubladen zu und nehmt mal endlich zur Kenntnis, das die RAF keine Linken und schon gar keine Menschenfreunde oder auch nur ansatzweise sozial waren. Das waren lupenreine Faschisten!

    Wer das immer noch nicht begriffen hat, darf sich zum Thema 68, Staat und Bürger eigentlich überhaupt nicht äußern.

    Ist es Ignoranz oder Dummheit, was Euch treibt?

  • ZE
    Ziemlich erbost

    @Prinzessin. Miefig, piefig, braun, das waren nach Ansicht des Autors offensichtlich auch die Kollateralschäden. Die Verurteilungen wegen Mittäterschaft beruhen allesamt auf der Feigheit der wirklichen Täter, sich zu ihren Heldentaten zu bekennen. Aus Angst vor den Folgen. An der Bewertung durch den Autor, die Beteiligten seien ihrer gerechten Strafe zugeführt, ändert das gar nichts.

  • PM
    Prinzessin Manfred

    @ziemlich erbost: "Die alte Dame" kann vom Autor kaum zurechtgewiesen worden sein - das ist ein Spielfilm... Als "Rechtsanwalt" sollte man eigentlich sorgfältiges Lesen gewohnt sein.

  • T
    tobitobsen

    Wann kommt der Film, der staatliche Seite des (post-?)faschistischen Deutschlands beleuchtet? Mit all seinen Opfern, deren Mörder nie belangt wurden.

  • ZE
    Ziemlich erbost

    Lieber Autor. Ich bin zwar erst 53 und habe die Mordserien der RAF nur am Rande mitbekommen. Was Sie allerdings hier posthum an Ohrfeigen verteilen, sollte Sie gut und gerne selber treffen.

    Welch´ schnöselige Arroganz, mit Blick auf die Wohnung der Witwe zu formulieren: "Man kann den Mief beinahe riechen, die piefige Seite der 70er, alles ist irgendwie braun. Nichts hat die Frau verändert." Was soll der Scheiß! Ist die Witwe braun? Wie kommen Sie zu der Behauptung? Da schwillt einem der Kamm!!

    Es war auch kein "überbelichtetes, grobkörniges anderes" Zeitalter. Eine solche Beschreibung zeugt von halbgebildet nebelhafter Vorstellung konkret begangener Morde.

    Die lehrerhafte formaljuristische Zurechtweisung der alten Dame, die über eine Verurteilung "nur" wegen Mittäterschaft resigniert, zeugt von grünschnäbliger Besserwisserei und gehört Ihnen ebenfalls um die ebenso grünschnäbligen Ohren gehauen.

    Ja, ja der Herr Buback Junior. Hat er Ihrer Ansicht nach seinen "Seelenfrieden" immer noch nicht gefunden?

    Ich würde mal sehen wollen, wie sehr Sie! das Maul aufreißen, wenn Ihr Vater kaltblütig von Fanatikern, egal ob politisch oder religiös motiviert, erschossen wird. Dann ist Ihr Seelenfrieden erst gefunden, das garantiere ich Ihnen, wenn der Täter gefasst und für diese sinnlose Tat verurteilt wird und zwar nicht nur als Mittäter. Weiter so, mein Junge. Dann ist das Zeilenhonorar gesichert.

    Jürgen Mader, Rechtsanwalt.

  • D
    Dylan

    Es gab auch ein paar Opfer, die (versehentlich) von der Polizei erschossen wurden, da sie mit RAFlern verwechselt wurden. Darüber wird leider auch nie gesprochen.

  • NY
    new york

    Respekt! Die Taz ist über ihren eigenen Schatten gesprungen.