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Kommentar Vorwahlen IowaAgenda setting von ganz rechts

Bernd Pickert
Kommentar von Bernd Pickert

Einen überragenden Favoriten haben die Vorwahlen von Iowa nicht gebracht. Ein paar Verlierer stehen fest, ebenso ein Gewinner. Und klar ist: Der Ton wird sich verschärfen.

W er wirklich im November für die Republikaner mit Barack Obama um die Präsidentschaft der USA konkurrieren wird, ist nach den Vorwahlen von Iowa nicht klar. Allerdings: Sieger und Verlierer können eindeutig benannt werden. Größter Gewinner des Abends ist Rick Santorum. Der konservative Ex-Senator hat es geschafft, sich im Segment der christlichen Rechten klar als Favorit zu positionieren und seine beiden Konkurrenten um diese Wählergruppe hinter sich zu lassen. Texas' Gouverneur Rick Perry hat bereits klare Signale Richtung Ausstieg gegeben, und auch die Abgeordnete Michele Bachmann - noch im August große Gewinnerin der Iowa Straw Polls - hat kaum noch eine Chance, Santorums Vorsprung einzuholen.

Insgesamt machen die christlich-konservativen rund 40 Prozent der Wählerstimmen in Iowa aus - das hat Gewicht. Noch glaubt niemand wirklich daran, dass Santorum dieses Momentum nutzen kann. Klar dürfte aber sein, dass einer aus diesem Spektrum im November auf dem Wahlzettel stehen wird – sei es als Präsidentschafts- oder Vizepräsidentschaftskandidat.

Der große Verlierer vom Dienstag ist Newt Gingrich. Der ehemalige Sprecher des Repräsentantenhauses, der noch den ganzen Dezember über die nationalen Umfragen mit großem Vorsprung angeführt hatte, kam nur auf einen für ihn enttäuschenden vierten Platz. Es dürfte ihm nicht helfen, dass er jetzt beleidigt um sich bellt und die vielen negativen Fernsehspots der Romney-Kampagne gegen ihn verantwortlich macht. Wenn Gingrich nächste Woche in New Hampshire nicht deutlich zulegt, dürfte seine Kandidatur zuende sein.

taz
BERND PICKERT

ist Redakteur im Auslandsressort der taz.

Aber auch Mitt Romney, der mit hauchdünnem Vorsprung in Iowa gewonnen hat, dürfte enttäuscht sein. Denn ein deutliches Signal, dass die Republikaner sich hinter ihn stellen, dem Kandidaten also, dem die meisten Chancen eingeräumt werden, Präsident Obama zu schlagen, hat Iowa nicht gegeben. Seine Hoffnungen auf der Suche nach "Momentum" liegen jetzt auf New Hampshire - da liegt er in den Umfragen bei 41, Santorum bei gerade einmal 4 Prozent.

Der große Unbekannte bleibt Ron Paul. Der Libertäre, dessen staatsferne Ideen auch der Tea Party gefallen, kam auf einen respektablen dritten Platz. Sein Problem: Er kann nicht damit rechnen, die Wähler oder gar die Wahlempfehlung irgendeines ausscheidenden Kandidaten oder gar des republikanischen Establishments zu bekommen. Ron Paul ist Ron Paul, fertig.

Iowa hat das Feld reduziert: Perry, Bachmann und Huntsman sind praktisch raus. Die anderen vier ziehen weiter. New Hampshire, South Carolina, Florida, dann der "Super Tuesday" im März. Bis dahin wird sich der Ton verschärfen, die Kandidaten werden sich gegenseitig fertigmachen, ihre sich gegenseitig überbietende Propaganda, geprägt von den Extrempositionen der Tea Party und der christlichen Rechten, wird viel Fernsehzeit in Anspruch nehmen. Agenda setting von ganz rechts: Dazu dürften die Vorwahlen allemal taugen. Nicht gut.

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Bernd Pickert
Auslandsredakteur
Jahrgang 1965, seit 1994 in der taz-Auslandsredaktion. Spezialgebiete USA, Lateinamerika, Menschenrechte. 2000 bis 2012 Mitglied im Vorstand der taz-Genossenschaft, seit Juli 2023 im Moderationsteam des taz-Podcasts Bundestalk. In seiner Freizeit aktiv bei www.geschichte-hat-zukunft.org
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2 Kommentare

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  • AS
    Andreas Suttor

    Ich stimme zu, daß Agenda-Setting aus dem genannten Spektrum sicher nicht das Richtige ist. Es ist aber in den Vereinigten Staaten leider wahrscheinlich nicht zu umgehen, denn selbst 400 Jahre nach Beginn der Emigration europäischer Siedler leidet das Land immer noch darunter, daß sich diese mit Masse aus religiösen Extremisten zusammensetzten.

    Eines jedoch sollte uns Mut machen: immerhin ist das politische System wohl doch in der Lage, die ärgsten Spinner schon vorab auszusortieren. Michelle Bachmann hat ja nun ihren Rücktritt vom Präsidentschaftswahlkampf erklärt.

  • FM
    Franz Mindersam

    Die drei "Gewinner" gingen am Abstimmungsabend doch sehr höflich mit einander um, von Schlammschlacht keine Spur. Vermutlich werden sie ja auf die eine oder andere Weise in Zukunft zusammenarbeiten, der eine als Präsident und der andere als Vizepräsident oder Minister. Wenn sich einer der drei durchsetzt, die ja im Kern sehr ähnliche Ansichten haben, werden die anderen beiden ihn schon unterstützen, damit es einen Machtwechsel gibt. Hundertprozentig wird sowieso keiner sein Wahlprogramm in Regierungshandeln umsetzen können, da der Präsident ja soviel ohne Kongress nicht zu entscheiden hat. Alle drei stehen für die Reduktion von Normen und Kontrollen, auch zu Lasten der Umwelt, um die Wirtschaft wieder in Schwung zu bringen. Vor diesem Hintergrund wird sich auch der demokratische Kandidat bis zur Wahl nicht mehr in Richtung Umweltschutz bewegen können, will er die Wahl nicht verlieren.

     

    Denn Jobs gehen vor in Amerika, dann kommt der Rest.