LESERINNENBRIEFE
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Inhumane Borniertheit

■ betr.: „Oranienplatz bleibt Zeltplatz“,taz vom 27. 2. 13

Die Äußerungen des CDU-Chefs aus Kreuzberg zu der Situation auf dem Oranienpatz haben bei mir körperliches Unwohlsein hervorgerufen. Diese inhumane Borniertheit ist kaum zu ertragen und diskriminiert alle Menschen mit christlichem Menschenbild. Herr Wansner hat offenbar vergessen, dass gerade Jesus Christus es war, der sich um der Menschen willen über geltende Gesetze seiner Zeit hinwegsetzte und seine Jünger aufforderte, seine Lehren allen weiter zu sagen … Das „C“ muss weg! HEIKE THULMANN, Berlin

Pseudohumanistisch

■ betr.: „Tafeln passen in die neoliberale Zeit“, taz.de vom 21. 2. 13

Abfallverwertung im Namen der Nächstenliebe, nicht mehr und nicht weniger. Dieses ganze pseudohumanistische System zementiert und fördert lediglich den neoliberal gesteuerten sukzessiven Sozialabbau. Es wäre einfacher die Lebensmitteldealer welche die Produzenten mit ihrer Preisdrückerei an den Rand des Konkurses treiben, derweil sie gleichzeitig dem Endverbraucher ständige Preiserhöhungen zumuten, zu reglementieren. Abfälle die zwei oder drei Tage vor dem Mindesthaltbarkeitsdatum stehen, sollten mit gratis deklariert werden und nicht mit einem Aufkleber 30 Prozent billiger.

Vernünftig wäre jedoch eine maximal dreißig Stunden Woche bei vollem Lohnausgleich und entsprechenden Mindestlöhnen für alle. Anstelle einer Lohndrücker und Streikbremse via Hartz IV. Es ist nicht einzusehen das Gewinne durch erhöhte Produktivität und Arbeitserleichterung dank Computer, Roboter und technischen Fortschritt immer nur nach oben weitergereicht werden. Alle Arbeitnehmer haben einen Anspruch auf die Segnungen des erwirtschafteten Gewinns. Schließlich zahlen die Arbeitnehmer via Steuern die Möglichkeit über Schulen, Hochschulen, Transferleistungen für Studenten und vieles mehr, den technischen Fortschritt, aber partizipieren tun Aktionäre, Reiche und Superreiche. Diese zur Zeit herrschende Sauerei ist unsozial und undemokratisch. AURORA, taz.de

Zu wenig Lohn und Rente

■ betr.: „Tafeln passen in die neoliberale Zeit“, taz.de vom 21. 2. 13

Wir brauchen einen Mindestlohn von 10 Euro und eine existenzsichernde Mindestrente von heute mindestens 1.200Euro. Denn sehr viele Menschen müssen in die Armutsküchen gehen, weil ihre Rente nicht reicht. Nach einem Leben mit Niedriglöhnen und Arbeitslosigkeit ist das logisch. HANNAH, taz.de

Soziale Schieflage

■ betr.: „Tafeln passen in die neoliberale Zeit“, taz.de vom 21. 2. 13

Ich hätte nichts gegen entstigmatisierte, im wesentlichen selbstorganisierte „Tafeln“ im Sinne von Volxküchen, in denen die Lebensmittel sinnvoll zubereitet und verschenkt werden, die das kapitalistische System sonst weggeschmissen hätte – super Idee. Parallel dazu sollten die gleichen Lebensmittel – als Rechtsanspruch! – an alle Menschen nach Hause geliefert werden, die keine Lust oder Kraft dazu haben, die Treffpunkte aufzusuchen. Das wäre unter den gegebenen Rahmenbedingungen ein faires System. Alles andere verschärft nur weiter die soziale Schieflage unserer Gesellschaft. SUSA, taz.de

Ehrenamtlich arm

■ betr.: „Tafeln passen in die neoliberale Zeit“, taz.de vom 21. 2. 13

Fortschrittliche Medizin oder Entwicklungshilfe sind sich darin einig, dass man die Ursachen eines Übels beseitigen sollte und nicht an den Symptomen herumdoktert.

Deutsche Frauen bekommen heutzutage Tausende von Einladungen, sich ehrenamtlich zu betätigen oder diesen oder jenen 400-Euro-Job anzunehmen. Wenn sie dann alt und nicht mehr gewinnbringend zu gebrauchen sind, dürfen sie eine Tafel aufsuchen. Oder vielleicht bei Gehbehinderung finden sie eine Ehrenamtliche, die ihnen das Zeug vorbei bringt. MIR, taz.de

Legitimes Verhalten

■ betr.: „Tafeln passen in die neoliberale Zeit“, taz.de vom 21. 2. 13

Man kann von ALG2 leben. Nicht sehr gut aber einigermaßen. Wer trotzdem zur Tafel geht, tut dies, um sich zusätzliche Dinge leisten zu können. Auch wenn wir ALG2 um 50 oder 100 Euro anheben würden, gingen die Menschen zu Tafel. Es gibt etwas (fast) umsonst, da kommen die Menschen nunmal. Bei Freibier ist das nicht anders. Das ist einvöllig legetimes Verhalten, aber kein Grund, sich über den Sozialstaat zu beklagen.

Das ungerechte an ALG2 ist die erniedrigende Bürokratie, der Arbeitszwang, dem sich Schlaue durch dumm stellen locker entziehen können und die 85 Prozent Abzüge, wenn man was dazuverdient. Nicht die Höhe. HARTZER, taz.de

Eigenartige Kritik

■ betr.: „Tafeln passen in die neoliberale Zeit“, taz.de vom 21. 2. 13

„Der Sozialstaat bedeutet für die Unternehmen letztlich eine Minderung des Profits.“

Das ist eine sehr verkürzte Sicht der Dinge, die nicht so stehen gelassen werden sollte. Tatsächlich führt der Sozialstaat zu einer Verstetigung von Einkommen im Falle des Eintritts eines Lebensrisikos. Von der Kaufkraft die dadurch erhalten bleibt, profitiert gerade auch die Lebensmittelwirtschaft.

Ich finde die Kritik an den Tafeln darüber hinaus eigenartig. Almosen, auf die keine Ansprüche bestehen, sind als Ergänzung des Sozialstaats nicht problematisch. Es wird sicher niemand auf die Sozialleistungen verzichten, nur weil er oder sie zur Tafel geht. Die Tafeln schöpfen außerdem ein großes Maß an überschüssigen Lebensmitteln ab, die sonst vernichtet würden. Professionalisiertes Mülltauchen sozusagen.

Als Alternative zur Bekämpfung der Tafeln, würde ich eher eine Entstigmatisierung wünschen. Tafeln als Gemeinschaftseinrichtungen, in denen sich Menschen mit verschiedenen Hintergründen treffen. Eine Professionalisierung der Volxküchenidee. DHIMITRY, taz.de