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Sexfragen im Psychotest bei Hannover 96Untenrum und obenrum

Fußball-Bundesligist Hannover 96 rückt seinen Profis mit unangenehmen Fragen zu Leibe. Das soll der Mitarbeitermotivation respektive "Sinnlichkeit" dienen.

Na, wer kann am häufigsten? 96-Trainer und seine Spieler. Bild: dpa

Es gibt Menschen, die halten die Psychologie für eine harte Wissenschaft. In diesem psychologischen Universum gebe es unabänderliche Wahrheiten, die man mit den Werkzeugen der Wissenschaft objektivieren könne, sagen diese Menschen. Einer von ihnen war ein gewisser Steven Reiss, der nach etlichen statistischen Kniffen herausgefunden haben wollte, dass der Mensch von exakt 16 Motiven angetrieben wird. Von A wie Anerkennung bis U wie Unabhängigkeit geht das Reisssche Alphabet. Familie ist dabei, Essen, Neugier, Sparen – und Eros.

Um die sexuelle Appetenz zu messen, hat der Herr Reiss zudringliche Fragen in seinen Katalog eingebaut. Zum Beispiel: "Ich bin das, was man sexuell zügellos nennt." Oder: "Ich will jeden Sex, den ich bekommen kann." Des Weiteren: "Ich habe viele erotische Fantasien" und "Ich brauche häufigen Sex". Zu beantworten sind diese Fragen auf einer Skala von -3 bis +3.

Im Fußball kommt dieser Test, der ungefähr so valide ist wie Kaffeesatzleserei oder das Werfen von Knochen, recht oft zum Einsatz. Medizinmänner, auch "Motivationspsychologen" genannt, haben den Reiss-Test in ihrem Instrumentenkasten für die ganz schnelle Seelenschau. Jürgen Klopp hat den Reiss-Test schon gemacht, auch diverse Rüpel-Profis von Hertha BSC.

Und jetzt müssen die Kicker von Hannover 96 Auskunft geben über ihre Schnacksellust. Ihr Chef, der Trainer Mirko Slomka, ist mit gutem Beispiel vorangegangen und hat den Test beantwortet. Jeder Spieler kann das Ergebnis einsehen. Das hat Eindruck gemacht, weshalb alle mitmachen bei dem freiwilligen Reiss-Ding. Ist ja auch zu interessant, ob jemand eher so ein Rachemotiv-Typ oder doch eher ein Ruhefanatiker ist. Hat er ein großes Bedürfnis, andere dem eigenen Willen zu unterwerfen, oder hat er es mehr mit der Kognition, also dieser Obenrumsache, dem Denken?

Der mit den Untenrumfragen heißt Peter Boltersdorf. Auf seiner Visitenkarte steht "Motivationsberater". Er sagt, es gehe nicht um Sex oder so, sondern um "Sinnlichkeit". Denn: "Wer gerne schöne Tore schießt, dem kann man zur Motivation ein Video zeigen, in dem ihm etwas perfekt gelingt." Dafür bekommt dann der Herr Boltersdorf Geld.

Alles im Sinne der sozialen Erwünschtheit

Er ist sicherlich überzeugt von seinem Reiss-Test, aber wer Fragebögen ausfüllt und dabei weiß, dass die Auswertung seinem Arbeitgeber zugespielt wird, der wird einen Teufel tun und sich als zügelloses Sexmonster darstellen. Er wird im Sinne der sozialen Erwünschtheit antworten und überdies Extreme in den Antworten vermeiden. Fragebogen-Tests, die nicht anonym durchgeführt werden, sind so sinnvoll wie Greisensex ohne Viagra.

Vielleicht lässt sich so erklären, warum Kategorien wie "Ehre" und "Rache" von Profisportlern eher niedrig bewertet werden, "Familie" aber hoch im Kurs steht. Fußballspieler sind, entgegen der verbreiteten Meinung, nämlich nicht doof.

Hannover 96, Tabellensiebter der Bundesliga, darf sich also freuen über eine stattliche Zahl von Sexabstinenzlern und Sofasurfern. Man wünscht den Musterprofis einen guten Start in die Rückrunde!

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4 Kommentare

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  • GL
    Genervter Leser

    Lieber Herr Völker,

    kann ja sein, dass stimmt, was Sie schreiben. Vielleicht wären für einen taz-Artikel aber doch einige Fakten auch ganz hilfreich?

    Wie kommen Sie denn dazu zu sagen, dass der Reiss-Test nicht valide sei? Kann ja sein, aber den einen oder anderen Beleg könnten Sie vielleicht wenigstens nennen. Im Moment kommt Ihr Beitrag so rüber, als fänden Sie den Test doof. Und Motivationspsychologen obendrein. Denen gönnen sie auch ihr Einkommen nicht, ganz unabhängig von der Frage, ob der Einsatz vielleicht was bringt. Keine Ahnung, ob das so ist. Aber nach Ihrem Beitrag bin ich auch nicht schlauer.

    Bleibt die Sache mit dem "Greisensex ohne Viagra". Da bleibt mir nur zu sagen: Geht's eigentlich noch? Können Sie vielleicht noch eine Klischeeschublade aufmachen? Vielleicht "Journalistensex ohne Koks" oder so?

  • M
    mimimimi
  • ML
    Martina Lippmann

    finde ich nicht uninteressant, den Fragebogen - ich denke immer, die gehen zum Friseur, die gehen in die Talkshow, die gehen mit ihrer Freundin knutschen - als ich die Möglichkeit hatte, Strategien zu entwickeln habe ich mir den Arsch abgerannt und nicht jeden Abend im Salon gefeiert. Vielleicht sollte man den mal einen schrottigen Bus und einen günstigeren Friseur empfehlen, auch den Dresscode finde ich etwas zu warm für das Klima.

  • SH
    Sepp Herberger

    Die sollen mal lieber beim nächsten Spiel zusammen mit dem Publikum gegen Bayern Ribery als "Vergewaltiger" trietzen; dann gewinnen sie auch