… MARTIN WOELFFER?
: Alle an die Wand spielen

Bei der kleinen Sonntagsumfrage in der Berliner taz-Redaktion, welches Theater 2009 wohl am beliebtesten war, gab es das fast einstimmige Ergebnis: BE Platz eins, gefolgt vom HAU und dem DT. Oder war es die Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz?

Wie sich die Kollegen irren können! Nein, es ist nicht Claus Peymann, der die höchste Auslastung verzeichnen konnte und schon gar nicht Frank Castorfs Volksbühne. Auf die meisten Zuschauer aller Berliner Sprechtheater brachte es im vergangenem Jahr das Theater am Kurfürstendamm samt Komödie. Theaterdirektor Martin Woelffer jubelt: „2009 war für uns ein sehr gutes Jahr. Fast 230.000 Gäste kamen zu uns, 30.000 Zuschauer mehr als 2008. Wir haben von der Krise nichts gespürt.“ Super, kann man da nur sagen. Ein Anstieg um 15 Prozent legt keiner so schnell hin. Während die anderen jeweils bei 100.000 plus herumdümpeln, lebt der Boulevard. „Fisch zu viert“ oder Dauerbrenner „Pension Schöller“ mit Edith Hancke ziehen wie verrückt.

Wirklich irre dabei ist, dass es die Ku’damm-Bühnen eigentlich gar nicht mehr gibt. Denn Woelffer spielt in einem Haus – dem Ku’damm-Karree –, das längst abgerissen sein sollte. Investoren haben ihm rauf- und runtergekündigt, Miete zahlt er seit Jahren nicht mehr. Über ihm kreisen die Pleitegeier. Dass es seine beiden traditionsreichen Privattheater noch gibt, grenzt an ein Wunder.

Und nun: Keine Krise, Massenansturm, Rekorde. All das Immobilientheater scheint Woelffer nicht geschadet zu haben. Darum sollte er sich seinen Wunsch für 2010, mit dem Investor Ballymore endlich handfeste Pläne für die Zukunft des Ku’damm-Karrees schmieden zu können, noch mal gründlich überlegen. Denn nichts ist langweiliger, als wenn alles okay und harmonisch ist – im Leben wie auf der Bühne. ROLA Foto: Komödie Berlin