Versorger nach Schneechaos in der Kritik

Der Bund der Energieverbraucher will den RWE-Konzern für die Stromausfälle im Münsterland verantwortlich machen. Betroffene sollten den Energiekonzern verklagen. Die Versorger berufen sich auf höhere Gewalt und lehnen jede Haftung ab

AUS BOCHUM ELMAR KOK

Der Bund der Energieverbraucher hat die von den Stromausfällen betroffenen Bürger Nordrhein-Westfalens dazu aufgefordert, Schadenersatzansprüche gegen den Stromversorger RWE geltend zu machen. „Die Betroffenen können sich mit ihren Ansprüchen auf die europäische Produkthaftungsrichtlinie berufen“, sagte der Vorsitzende des Bundes der Energieverbraucher, Aribert Peters, gestern der taz. Peters forderte deshalb die Kunden des Konzerns dazu auf, ihre Schäden genau zu dokumentieren. Es könne nicht sein, dass der Konzern Gewinne in Milliardenhöhe an die Aktionäre weitergebe, die Kunden bei Stromausfällen aber auf ihren Kosten sitzen blieben, so Peters weiter.

Der Stromversorger RWE Westfalen-Weser-Ems, Regionaltochter des RWE-Konzerns, wies die Forderung der Energieverbraucher umgehend zurück. Da es sich um „höhere Gewalt in Form einer Naturkatastrophe“ gehandelt habe, „sehen wir keine Schadenersatzpflicht“, sagte Konzernsprecher Klaus Schultebraucks. Dabei dürfte der Konzern eine Entschädigung wohl aus der Portokasse bezahlen können, schließlich lassen sich bisher keine größeren Schäden ausmachen. Auch Peters fällt nicht viel ein, was dem Konzern RWE in Rechnung gestellt werden könnte. „Wenn Ihnen drei Tage der Strom ausfällt, taut Ihnen die Kühltruhe auf“, sagt er.

Sein Verein hat bundesweit rund 8.000 Mitglieder, wie viele davon in den betroffenen Regionen um Gronau, Ochtrup und Borken im Münsterland wohnen, kann Peters nicht sagen. „Momentan können uns die Mitglieder ja nicht erreichen.“ Anhand der chaotischen Verhältnisse im Münsterland möchte sein Verband deutlich machen, welche Gesetzeslücken es bei der Stromversorgung gibt. So gebe es keine Verpflichtung der Energieversorger, ihr Stromnetz in regelmäßigen Abständen zu erneuern oder zu warten: „Es gibt zwar technische Richtlinien, aber niemanden, der sie überprüft“, so Peters weiter.

Zudem zeigten die Stromausfälle im Münsterland, wie der Gesetzgeber die dezentrale Energieversorgung blockiert habe. Denn das Energiewirtschaftsgesetz verhindere fast komplett die Errichtung kleinerer Blockheizkraftwerke: „Es lohnt sich nicht, meinen Nachbarn mit solch einem Kraftwerk zu versorgen“, so Peters. Denn der Eigentümer des Minikraftwerks erhalte nach Energiewirtschaftsgesetz für das Einspeisen des selbst erzeugten Stroms vier Cent pro Kilowattstunde, der Nachbar müsse für die Entnahme anschließend 19 Cent zahlen.

Peters vertritt außerdem die Forderung, die Netzbetreiber von den Energieversorgern zu trennen, um deren Vormachtstellung auf dem Strommarkt zu brechen. Momentan betreiben beiden Großkonzerne Eon und RWE zwei Drittel des gesamtdeutschen Stromnetzes.

Unterstützung für die Forderung nach einer dezentraleren Energieversorgung erhält Peters von der grünen Opposition im Bundestag. Der energiepolitische Sprecher der Grünen, Hans-Josef Fell, sagte gestern, „eine dezentrale Energieversorgung kennt vergleichbare Probleme nicht.“