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Kommentar "Safer Internet Day"Internetausdrucker unter sich

Maik Söhler
Kommentar von Maik Söhler

Wieder ist "Safer Internet Day". Und wieder stellt sich die Frage, was dieser Tag aussagen soll. Seine wahre Bestimmung steht ihm erst noch bevor.

Für ein freies und sicheres Internet: Protest gegen ACTA in Polen. Bild: dpa

A ngst ist kein guter Berater. Schaut man sich die Programme zum "Safer Internet Day (SID)" der vergangenen Jahre an, so wird deutlich, dass diese Erkenntnis mittlerweile auch die Initiatoren jener Veranstaltung erreicht hat, die am 7. Februar in großen Teilen der Welt stattfindet und die Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene im Netz schützen soll.

In Europa ist die EU an der Finanzierung, Planung und Durchführung beteiligt. Auch aus ihren Erklärungen spricht das informelle Motto "Aufklärung statt Angst". Statt wie über Jahre hinweg schlichte Warnungen zu formulieren sowie mehr Kontrolle zu fordern, steht nun ein anderer Ansatz im Mittelpunkt: Gespräche mit Kindern über ihre Online-Aktivität und die Förderung ihrer Kreativität im Umgang mit dem Netz haben die üblichen Vorschläge auf die hinteren Plätze verwiesen: mehr Regeln, Vorschriften und Grenzen, Kontrollprogramme der Eltern etc.

"Mehr Verantwortung im Netz" lautet der Titel der prominentesten Veranstaltung zum deutschen "Safer Internet Day"; in einer Berliner Schule diskutiert Bundesfamilienministerin Kristina Schröder mit staatlichen Medienfunktionären, Pädagogen und TV-Größen, Eltern und Kinder sollen mitreden dürfen. Zig weitere Veranstaltungen in ganz Deutschland sind angekündigt. Von Polizeidienststellen über Datenschutzbeauftragte bis hin zu Schulleitungen und Kirchen macht so gut wie jeder mit, der zum Thema meint etwas sagen zu können.

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MAIK SÖHLER

ist Chef vom Dienst bei taz.de.

Der überwiegende Teil dieser Veranstaltungen ist sinnvoll, weil er die Diskussion darüber in Gang bringt oder hält, was Kinder und Jugendliche im Netz erwartet und wie sie sich dort verhalten können: von der Kommunikation (Chat, Online-Netzwerke) über Netzinhalte (Spiele, Gewalt, Pornos) bis hin zu rechtlichen Bestimmungen (Impressum, Datenschutz, Urheberrecht).

Überforderte Eltern

Der "Safer Internet Day" richtet sich vornehmlich an Kinder und Jugendliche, erreicht jenseits der schulischen Veranstaltungen an diesem Tag aber fast nur Eltern, Pädagogen und Institutionen. In Deutschland kann man sagen, dass dieses Missverhältnis gleichzeitig ein Glücksfall ist.

Noch immer ist die Auseinandersetzung von Eltern, Erziehern und Bildungseinrichtungen mit den digitalen Welten, in denen viele Kinder selbstverständlich aufwachsen, nur in Ansätzen vorhanden. So mancher Computerraum deutscher Schulen zeigt das in aller geballten Grausamkeit.

Politiker und Ministerialbeamte, die sich ihre Vorbereitungsmaterialien für Netzsicherheitsdebatten von Mitarbeitern ausdrucken lassen, treffen am "Safer Internet Day" also auf Eltern, die sich untereinander gern über die Gefahr jener digitalen Spiele austauschen, die ihre Kinder längst auf dem Schulflohmarkt verkauft hätten, wenn es denn dort noch Abnehmer gäbe.

Der Glücksfall besteht darin, dass zumindest eine wachsende Anzahl der Beteiligten auf solchen Veranstaltungen schnell begreift, dass sie selbst – und eben nicht Kinder und Jugendliche – ein nicht unerheblicher Teil des Problems sind, zu dessen Lösung sie zusammengekommen sind.

ACTA und Vorratsdatenspeicherung

Ein anderes dieser Probleme wurde hingegen noch gar nicht angegangen und wird auch beim diesjährigen "Safer Internet Day" naturgemäß ausgespart. Denn der Begriff der Netzsicherheit wird von den Veranstaltern, aller thematischen Vielfalt zum Trotz, sehr eng gefasst: von Abzocke im Internet über Cybermobbing und Suchmaschinen bis zu Tauschbörsen kann zwar über alles gesprochen werden. Doch so gut wie nie wird der Diskurs die Ebene der Nutzer verlassen und jene der Macht erreichen.

Anders gesagt: Die deutsche Regierung entsendet medienwirksam ihre Bundesfamilienministerin, um über Netzsicherheit zu sprechen. Gleichzeitig hält – von derselben Regierung befeuert – die Debatte um die Vorratsdatenspeicherung an: Dabei geht es um von staatlichen Stellen ohne Anlass personenbezogene Daten, die jedem Datenschutz und jeder Datensicherheit zuwiderlaufen, die die Namen wert wären.

Die EU, in Europa Schirmherrin des "Safer Internet Day", drängt derweil die nationalen Regierungen zur Unterzeichnung bzw. Ratifizierung des Anti-Counterfeiting Trade Agreement (ACTA), einem Abkommen also, das geeignet sein könnte, geltendes EU-Recht zu umgehen. Partielle Netzsperren könnten so weltweit durchgesetzt werden, eine neue Unsicherheit im Netz wäre die Folge. Angst ist ein schlechter Berater. Der "Safer Internet Day" kann nur besser werden.

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Maik Söhler
Journalist
Jahrgang 1969, Leitender Redakteur des Amnesty Journals. War zwischen 2010 und 2020 Chef vom Dienst bei taz.de. Kartoffeldruck, Print und Online seit 1997.
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4 Kommentare

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  • T
    theof

    @ von reblek:

    ;-) bei der taz begeben sich die Redakteure mittlerweile auf das Niveau der Kommentatoren. Das fremdelt dann nicht so.

    Schnell und korrekt und fundiert passt einfach nicht zusammen.

    Vielleicht sollten am Ende eines jeden Artikels ein paar Buchstaben zur Korrektur zu Verfügung gestellt werden, wie z.B. hier: AaBbCcDdEeFf .... usw usf ;-)

  • G
    gundi

    Da Bundesfamilienministerin Kristina Schröders Fachkompetenz nicht über das level des benannten Internetausdrucker hinaus bekannt ist, fällt ihtr Auftritt unter die Rubrik "Abschreckung" und schon ist das Thema korrigiert: "Angst statt Aufklärung".

     

    Über die "Gefahren des Internets" vermag sicherlich Freiherr von und zu Guttenberg aus leidvoller eigener/praktischer Erfahrung viel authentischer referieren.

  • R
    reblek

    "... in großen Teilen der Welt sattfindet.." - Bevor jemand etwas "sattfinden" kann, muss es erst einmal "stattfinden".

    "... mit offiziellen Medienfunktionären..." - Was, bitte sind "offizielle" Funktionäre? Und was wären dann "inoffizielle"?

    "Politker" - Ein bisschen sparsam mit den Buchstaben, der Autor.

  • KT
    K.-D. T.

    Ich mache es seit Jahren so mein Sohn kann ins Internet, er darf eigenverantwortlich surfen wenn er etwas nicht versteht gibt er mir bescheid ich gehe zwischenzeitlich auch in sein Zimmer und sehe nach was ermacht und wo er surft ausserdem kann ich von meinem PC direkt auf seinen zugreifen.

    Ich finde man sollte sein Kind unterstützen und führen und es nicht auf bestimmte Inhalte des Internets beschränken was es braucht sucht es sich schon und findet wiederum auch Inhalte die man selbst nicht gefunden hätte.