Kolumne Wortklauberei: Maus im Brot, Staub im Hirn
Da man gar nicht konsequent sein kann im Leben, kann man es auch gleich bleiben lassen. So argumentiert der mündige Verbraucher.
Gerade war der mündige Verbraucher im Radio. Straßenumfrage (eh immer top) über den Wert und die Vertrauenswürdigkeit von Gütesiegeln auf Lebensmitteln, und ein Mann führt mit zwingender Logik aus, das Siegel "Fair Trade" bedeute ihm nichts, denn es gebe nur eine vergleichsweise kleine Palette an Produkten, die fair gehandelt würden, man könne "also gar nicht konsequent sein in seinem Leben", und drum lasse er es gleich bleiben.
Das ist natürlich ein so dreifach gezwirbelter Oberschwachsinn - und in Bezug auf die Fragestellung des Beitrages off-topic -, dass man sich fragt, ob der Redakteur den O-Ton auch verwendet hätte, wenn der ihm eine Strophe von "Polonäse Blankenese" ins Mikro gejodelt hätte; Hauptsache, die eineinhalb Minuten werden voll. Aber ach, wieder ein hummeldummer Gedanke hinausgeblasen, feinstaubgleich.
Wäre interessant, wo der Typ momentan sein Brot kauft. Wir haben hier unten ja gerade großen Kummer mit der großen Großbäckerei Müller Brot. So was gibt es bei Ihnen da oben wohl gar nicht, da werden noch alle Semmeln handgebrezelt von mundgeblasenen Bäckermeistern in der Herrgottsfrüh, wenn hochromantisch der Bäckermeisterofenschein aus der Bäckermeisterstube scheint.
Ach so, bei Ihnen gibts ja nicht einmal Semmeln. Aber das andere Zeug ist handgebrezelt, und die Schrippe hat noch freilaufendes Gras unter den Hufen gespürt. Und wenn so ein Bäckerlein unziemlich handwerket und die Hygiene gering schätzt, wird es an seinen Gliedern hinausgezerret auf den Dorfplatz und zum Gespött gemacht und muss die Mehlwürmer einzeln herausklauben aus den Truhen und der Entzug der Zulassung bis ins vierte Glied droht!
Ja, das geht bei uns ungefähr genauso bei den Bäckerlein. Etwas anders, da ist sich der Landrat von Freising einig, muss man es aber bei einer Großbäckerei machen. Weil, wenn man den Verbrauchern schon seit zweieinhalb Jahren gesagt hätte, dass bei der Großbäckerei Müller immer wieder Hygienemängel und Ungezieferbefall beanstandet wurden, hätten diese am Ende noch von ihrer Mündigkeit Gebrauch gemacht und nichts mehr bei Müller gekauft, und da hängen doch Arbeitsplätze und Gewerbesteuer dran!
Jetzt, Knall auf Fall, haben sie ihnen die Bude zugesperrt und man hört schmallippig von "Schädlingsbefall in erheblichem Umfang", was natürlich die Fantasie anregt. Es heißt, in der Fabrik hätten sich "Mäuse getummelt", und die sollen sich von mir aus tummeln, aber bitte nicht in den Brezenteig scheißen oder sich in das Sonnenblumenbrot hineinhäckseln lassen. Und es kommt raus, es habe früher bei Müller schon öfter "Rückrufaktionen" gegeben - wie?
"Bitte die Apfeltaschen alle noch mal her, wir müssen die Schaben rauspulen!" Und ja: Es wurde Ware ausgeliefert, die "nicht für den Verzehr geeignet" ist, aber es bestand nie eine Gesundheitsgefährdung, sondern halt nur ein Ekelfaktor. Wo man als mündiger Verbraucher sagen kann: Es gibt ja so viel ekliges Zeug, da kann man in seinem Leben sowieso nicht konsequent sein. Drum hau her den Dreck - mir fressen 's scho zamm.
Leser*innenkommentare
The End
Gast
So und jetzt ist Müller-Brot (zu Recht) Pleite! Soweit ich weiß war das die größte Großbäckerei in Süddeutschland.
Die Meldung wurde von der Insolvenz kam heute mal wieder als erstes exklusive von der Süddeutschen Zeitung:
http://www.sueddeutsche.de/muenchen/freising/hygieneskandal-bei-grossbaeckerei-mueller-brot-meldet-insolvenz-an-1.1286164
Die Kollegen von der SZ sind wirklich auf Zack.
tom und jerry
Gast
mal auf die müller-brot Seite gehen ist äusserst aufschlussreich.
da heisst es:
"Die aktuelle Situation ist zweifellos eine Herausforderung."
und
"Wir arbeiten weiter mit aller Kraft daran, die hohen Anforderungen zu übertreffen."
hahahahahha.....
Müller-Brot hält es für eine "hohe Anforderung" hygienische Standards bei der Produktion von Lebensmitteln zu gewährleisten. Sehr geil !!
Mein Vorschlag:
die Verantwortlichen, bei Wasser und Müller-Brot, solange in der Backwarenfabrik einsperren, bis der Laden Ungeziefer frei ist!
Josef
Gast
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Frauen und Maenner backt selber, das ist die Loesung!
Lederhosencowboy
Gast
Da Müller-Brot nur ein süddeutsches Problem ist, gibt es in der taz leider kaum eine Berichterstattung darüber.
Die besten Artikel darüber findet man in der Südeutschen Zeitung hier:
http://www.sueddeutsche.de/thema/Müller-Brot
...und in der Münchner Abendzeitung hier:
http://www.abendzeitung-muenchen.de/inhalt.az-themenschwerpunkt-brot-skandal:-alle-fakten-alle-infos-im-ueberblick.ab5a9221-063e-4d50-8bbc-29fba6a4c355.html
ion
Gast
Das ist mir dann doch etwas zu oberflächlich und thematisch auch leichtfertig. Es handelt sich definitiv nicht "nur um einen Ekelfaktor"; Es ist schlichtweg skandalös, aber scheint zu Bayern (Gammelfleischskandale) zu passen, dass eine solche Betriebsstätte überhaupt (noch) so lange trotz einschlägiger Erkenntnisse (immer wieder) weiter produzieren durfte. In der regionalen Presse wurde davon berichtet, dass die katastrophalen Hygienemängel bei der Großbäckerei, Müller-Brot (Neufahrn bei Freising), bereits seit 2½ Jahren bekannt(!) seien.
Neueste Forschungsergebnisse ergaben, dass Frauen ein signifikant höheres Risiko zu Brustkrebserkrankungen hätten, wenn in ihrem Umfeld Mäusepopulationen lebten! Ob es auch noch weitere, resp. im direkten Zusammenhang stehende Erkrankungsrisiken für Männer gäbe, sei derzeit noch unklar.
Und von Müller-Brot gab 's den Mäuse-Erreger-Sch* gleich eingebacken mit zum Frühstück, und die Lebensmittelaufsicht in Bayern schaut jahrelang zu!?!
Petra
Gast
Seit zweieinhalb Jahren war's bekannt. Ich frage mich fast nicht, warum man ihnen erst gerade jetzt die Bude gesperrt hat. Haben es die Mäuse übertrieben? Wenn ja - die lebendigen oder doch diejenigen, die man den Kontrolleuren zuschiebt?
KFR
Gast
nich schlecht, an die 450.000 Treffer
https://encrypted.google.com/search?q=Gro%C3%9Fb%C3%A4ckerei+M%C3%BCller
und was war jetzt mit "fair trade"? welche Anstalt war das ?