Kein Rezept gegen die Fürther Mauer

RATLOSIGKEIT Der Hamburger SV findet gegen das destruktive Spiel des Bundesliga-Schlusslichts kein Mittel und erzielt nur ein 1:1. Die Mannschaft wird, wieder einmal, von den eigenen Fans ausgepfiffen

Inmitten konzeptloser Bemühungen blitzte immer wieder richtig guter Fußball auf

Es ist noch nicht lange her, da galt es als Markenzeichen des Deutschen Fußballs, dass die höchste Spielklasse ausgeglichener ist als anderswo. Hier konnten krasse Außenseiter Meister werden und Traditionsclubs auch mal absteigen. Vergleicht man dagegen ein Spiel wie das Pokalviertelfinale von Bayern München gegen Borussia Dortmund mit der jüngsten Bundesliga-Begegnung des HSV gegen die SPVGG Greuther Fürth, kann man schon ins Zweifeln kommen, ob es sich da um dieselbe Sportart handelt.

Das lag am Samstag hauptsächlich an den Gästen: Der Tabellenletzte aus Franken bot in Sachen Spielauffassung einen schlimmen Rückfall in Zeiten, in denen es noch leicht bewundernd hieß, da rühre einer Beton an und ermauere sich einen Punkt. Längst gibt es auch für Mannschaften mit limitierten Möglichkeiten intelligentere Konzepte, als den Spielmacher des Gegners per Manndeckung aus dem Spiel zu nehmen. Fürths Joszef Varga aber folgte nun HSV-Star Rafael van der Vaart über den Platz wie vor 40 Jahren Berti Vogts Johan Cruyff.

Diese spielerische Zerstörungswut der Fürther reichte gegen den HSV zu einem Punkt, weil der selbsternannte Europa-League-Anwärter von der Elbe seinerseits nach vorne zu viel Stückwerk produzierte, um das Fürther Mauerwerk unter Druck zu setzen. Und nach hinten agierten die Hamburger Innenverteidiger so unkonzentriert, dass selbst dieser harmlose Gegner zu einigen Gelegenheiten kam. Eine davon verwandelte dann Nikola Djurdjic zum 1:0. (14. Minute).

Zum wenig homogenen Spiel der Hamburger gehörte aber auch, dass inmitten konzeptloser Angriffsbemühungen immer mal wieder richtig guter Fußball aufblitzte. In der ersten Halbzeit ironischerweise meist dann, wenn der von Varga verfolgte van der Vaart sich weit zurückzog und von dort lange Bälle spielte. So wie beim Ausgleich zum 1:1, als Dennis Aogo einen dieser Bälle mit dem Kopf zu Maximilian Beister weiterleitete, der ihn in den Fürther Winkel schoss.

In der zweiten Hälfte wurden die Aktionen der Hamburger noch zerfahrener, weder Milan Badelj noch der für ihn eingewechselte Tolgay Arslan brachten Struktur. Die anfangs agilen Marcell Jansen, Aogo und Beister bauten ab, den Torjägern Heung Min Son und Artjoms Rudnevs fehlte die Durchschlagskraft. Und doch: Van der Vaart und der eingewechselte Marcus Berg, die jeweils frei vor dem guten Ex-Hamburger Wolfgang Hesl zum Abschluss kamen, hätten einen HSV-Sieg klar machen müssen.

„Die Zuschauer wissen manchmal einfach nicht, wie viel Einfluss sie haben können“, ärgerte sich Aogo nach dem Spiel: Wieder einmal hatte sich die Mannschaft zusätzlich verunsichern lassen durch die Pfiffe aus dem Publikum. So richtig ging das Pfeifkonzert los, als Fürth Gerald Asamoah einwechselte, der hier vor zwei Jahren das Siegtor im Lokalderby geschossen hatte – für den FC St. Pauli.

Derlei blieb dem HSV diesmal erspart, zwei Punkte im Rennen um den europäischen Wettbewerb aber waren verloren. Trainer Thorsten Fink nahm es mit Galgenhumor: „Mit dem Abstieg werden wir sicher nichts mehr zu tun bekommen.“ Vor der laufenden Saison hätten die Fans damit gut leben können.  RLO