Assoziationen des trockenen Dunstes

Das Tanztheater in Münster ist gefährdet. Noch einmal ein neuer Tanzabend von Daniel Goldin im Kleinen Haus

„Calima“ heißt der trockene Dunst in Südspanien, der sich oft tagelang über die Landschaft legt. So heißt auch Daniel Goldins neuer Tanzabend im Kleinen Haus in Münster. Dazu genügt eine karge Bühne mit Wänden aus strengen sandfarbenen Fassaden, eine „spanische“ Architektur in Schräglage mit den für Goldin typischen Türen. Dazu ein Häufchen Sand und eine große Agave auf Halbrechts.

Hier erzählen die Körper von möglichen Zuständen unter derartig belastenden klimatischen Bedingungen. Realistisches fließt zu Traumartigem. In der Choreografie entfalten sich assoziative Übersetzungen, populäre Bilder und emotionale Verwicklungen zwischen Frida Kahlo und kurzen Einschüben asiatischer Bewegungskunst. Dazu eine Collage mit „Weltmusik“ von Björk über KODO zu Youssou N‘Dour, überlagert von einem wiederkehrenden, dissonant tutendem Horn, was allzu große Eingängigkeit verhindert. Schwer Melancholisches transportiert Goldin, wenn die Frau im roten Kleid zwischen langsamen Kriechen und wilder Hektik vergebliche versucht, ihren Platz auf einem Stuhl zu finden.

Mitunter blitzt Selbstironie auf, wenn das Ensemble die Goldinssche Bewegunssprache in Hip-Hop Dancing überführt oder ein Macho im weißen Anzug mit den wiegenden Cowboy-Hüften auftritt. Später muß er sich dann mit einer Frau einen weiten Rock teilen.

Im zehnten Jahr der Daniel Goldin-Ära scheint das Münsteraner Tanztheater von massiven Etat-Kürzungen des schwarz-gelb regierten Rathauses in seinem Bestand bedroht. Die Stadt will Bäder schließen, verkauft sinnigerweise alle Straßenlaternen an die Stadtwerke und noch einiges mehr. 39 Millionen Euro sollen so bis 2008 gespart werden, davon allein 3,3 Millionen Euro bei den Städtischen Bühnen. Schließung des Kleinen Hauses oder des Tanztheaters sind im Gespräch.

MARCUS TERMEER

19:30 Uhr, Theater MünsterInfos: 0251-590910