Kommentar Beate Klarsfeld: Die gerettete Wahl
Es ist richtig, dass die Linkspartei, die mal wieder außen vor gelassen wurde, trotzdem mitzuspielt. Auch die Zweifler bei SPD und Grüne haben nun eine Alternative.
D ie Linkspartei schickt Beate Klarsfeld ins Rennen – und das ist gut so. Es wäre miserabel für die politische Kultur, wenn es keine Alternative zu Joachim Gauck geben würde. Denn Gauck ist zwar von einer ganz großen Koalition gekürt worden, aber alles andere als unumstritten. Ohne seriöse Gegenkandidatur wäre die Bundesversammlung zu einer Farce geworden.
Deshalb ist es richtig, dass die Linkspartei, die mal wieder demonstrativ außen vor gelassen wurde, sich durchgerungen hat, trotzdem mitzuspielen. Es gibt auch im rot-grünen Lager manche, die an dem designierten Bundespräsidenten zweifeln. Sie haben nun die Möglichkeit, abzuwägen und sich zu entscheiden. Es wäre ein Zeichen von Souveränität und der oft beschworenen Überparteilichkeit, wenn auch Sozialdemokraten und Grüne Klarsfeld nicht als bloße Agitpropkandidatin der Linkspartei sehen würden.
So weit das Positive. Andererseits wirkt Klarsfeld als Kandidatin etwas retro. Produktiver für die Debatte wäre eine Kandidatur gewesen, die mehr für die Kritik am sozialen Auseinanderdriften steht. Immerhin scheint die Gefahr gering, dass Klarsfeld und Gauck eine heillose Inszenierung Antifaschismus versus Antistalinismus aufführen.
ist Redakteur im Parlamentsbüro der taz.
Das Ganze könnte also prima für die Linkspartei sein – doch die Art dieser Kandidatur war holprig. Gesine Lötzsch hat das Gedeale um Gauck und das rot-grün-schwarz-gelbe Kandidatenkarussell mit schroffen Worten kritisiert – dann hat die Linksparteispitze ein ähnliches Stück inszeniert. Für die Linkspartei birgt Klarsfeld das Risiko, dass das eigene Lager wegen Klarsfeld scharfer Pro-Israel-Position erodiert.
Aber die Bundesversammlung hat nun eine Wahl. Und das zählt am Ende.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Alkoholpreise in Deutschland
Das Geschäft mit dem Tod
Experten kritisieren Christian Lindner
„Dieser Vorschlag ist ein ungedeckter Scheck“
Regierungskrise der Ampel
Schmeißt Lindner hin oder Scholz ihn raus?
Jüdische Wähler in den USA
Zwischen Pech und Kamala
Nach Diphtherie-Fall in Berlin
Das Problem der „Anthroposophischen Medizin“
Grundsatzpapier von Christian Lindner
Eine gefährliche Attacke