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Bahnkonkurrent macht PleiteZu viele Plätze leer im Bus

Weil das Geld für Marketing fehlt, muss ein Busanbieter im Fernverkehr aufgeben. Ein Verbraucherverband hat Vorschläge, wie das Angebot attraktiver werden kann.

Nach der Pleite eines Busunternehmens geht es auf der Schiene weiter – oder im eigenen Auto. Bild: dapd

BERLIN taz | Das Potsdamer Fernbusunternehmen Autobahnexpress ist pleite. Ab März bleiben alle Busse stehen. Das Unternehmen bietet einen Linienbetrieb mit Fernbussen an und verkehrt vor allem zwischen Potsdam, Leipzig, Dresden und Göttingen.

Dem Unternehmen fiel es schwer, sich am Markt zu etablieren: Es saßen oft nur vier oder fünf Passagiere in den Bussen, obwohl das Unternehmen deutlich günstiger als die Bahn ist. Möglicher Grund: Das Unternehmen ist einfach vielen möglichen Kunden unbekannt geblieben.

Für eine Marketingkampagne habe letztlich das Geld gefehlt, sagte Autobahnexpress-Geschäftsführer Philip Cramer der taz. Auch gesetzliche Regelungen, die den Fernbusverkehr benachteiligten, sowie die geringe Bereitschaft der Bahn, mit Fernbusbetreibern zusammenzuarbeiten, hätten zum Fehlschlag geführt.

Schattendasein in Deutschland

Autobahnexpress war seit Herbst 2009 auf den Straßen unterwegs. Der Fernbusverkehr führt laut Cramer „derzeit in Deutschland ein Schattendasein“. Eine mögliche Alternative zur Marketingkampagne wäre eine Kooperation mit der Bahn bei der Fahrplanauskunft gewesen, die viele Kunden auf das teilweise schnellere und oft billigere Busangebot verwiesen hätte.

Die Bahn will aber die Konkurrenz nicht stärken und lehnt deshalb die Kooperation ab. Um dieses Problem für Firmen und Kunden zu beheben, fordert der Verbraucherverband Verkehrsclub Deutschland (VCD) eine Plattform, auf der man die Fahrten aller Busse und Bahnen nachschlagen kann. „Das Angebot muss unkomplizierter werden, damit die Leute ihr Auto stehen lassen“, sagt Heidi Tischmann vom VCD.

Laut Personenbeförderungsgesetz dürfen derzeit nur Fernbusse genehmigt werden, wenn das Angebot der Bahn „nicht befriedigend“ ist. Das Bundesverkehrsministerium hat bereits im August 2011 eine Gesetzesvorlage für eine Liberalisierung des Fernbuslinienverkehrs vorgelegt, die aber erst Ende Januar im Bundestag erstmals beraten wurde.

Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) erklärte dabei, der Gesetzentwurf befreie den Markt für Fernbusreisen „von seinen Fesseln“. Der Entwurf wird erst am Mittwoch im Verkehrsausschuss beraten. Für die Potsdamer Firma Autobahnexpress kommt das Gesetz in jedem Fall zu spät.

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9 Kommentare

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  • F
    Frank

    Dieses Beispiel zeigt doch eindrucksvoll, dass die Bahn sich nicht vor dem Fernbus fürchten muss. Wer setzt sich schon freiwillig in einen engen Bus um dann Stundenlang quer durch die Republik zu fahren. Diese Pfennigfuchser kriegt die Bahn über ihre Wochenend- und Ländertickets. Gegenüber dem Komfort eines Fernverkehrszug kommt ein Bus niemals an.

     

    Auch gegen das dichte Taktnetz der Bahn wird sich ein privates Unternehmen schwer tun. Hier müssen große Investitionen getätigt werden, die kaum ein anderes Unternehmen als die Bahn stemmen könnte. Und das ist der nächste Punkt. Wenn wirklich eine Linie lukrativ sein soll, kann die Bahn sofort mit ihren eigenen Tochterunternehmen die Konkurrenz vom Markt verdrängen.

     

    Von daher, nur her mit den Fernbussen. Warum etwas verbieten, was sich auf dem Markt nicht behaupten wird?

  • S
    Stephan

    Drei von den letzten vier Bahn-Vorstaenden sind ehemalige Daimler-Manager. Noch Fragen?

  • T
    Tom

    Die Bahn wird den Bach runter gehen. Das wird niemals freigegeben werden.. Da werden schon welche ihre Finger drauf halten.

  • F
    Fritz

    Svetozar Schnuckelberger: Bei den Preisen der Bahn sind solche Angebote sicher nicht "überflüssig wie ein Kropf". Es soll Leute geben, die mal spontan (dh. Mittwoch entscheiden, Freitag fahren) z.B. Hamburg-Berlin fahren wollen. Preise bei der DB für den Spaß: unfassbare 144 €. 2. Klasse. 26 Cent der Kilometer! Und da ist nicht einmal der Sitzplatz inklusive. Die Reservierung kostet happige 8 € extra.

     

    Oder Hamburg-Kiel. Eine Strecke von knapp 95 Kilometern. Der RegionalExpress braucht dafür 1:16h. Macht um die 75 km/h Durchschnittstempo. Sitze? Die unkaputtbaren steinharten Teile aus dem Regio. Wenn es einen Platz gibt. Die Züge sind gut ausgelastet, Reservierung: unmöglich. Was kostet der Spaß: Satte 21 €! 2. Klasse, einfache Fahrt. Als Krönung bekommt man mit der 250 € teuren Bahncard 50 auf dieser Strecke bloß 25 % Rabatt.

     

    Warum sollten wir die Bahn schützen? Sie erfüllt keinen Auftrag mehr. Sie nutzt ihre Marktmacht schamlos ais. Die Bahn steuert die Nachfrage - und nicht ihr Angebot. Da tut es nur gut, wenn jemand anderes bei der Nachfragesteuerung mal mitspielt. Da es auf der Schiene offenbar ein Himmelfahrtskommando sein muss, der Bahn Konkurrenz zu machen, bleibt eben nur die Straße.

     

    Dann mal los!

  • S
    Stephan

    Woran liegt es eigentlich, dass gerade in unserem deregulierungswütigen Lande dem umweltfreundlichen Fernbusverkehr die Fesseln angelegt bleiben? Preiswerte Alternativen zur Eisenbahn sind wichtig, um die auf Profitmaximierung ausgerichtete Preispolitik der Bahn-AG zu dämpfen. Eine kräftige Anschub-Subventionierung des Bus-Fernverkehrs und die Streichung aller Restriktionen sind überfällig.

  • SS
    Svetozar Schnuckelberger

    Derartige Angebote sind überflüssig wie ein Kropf, wenn sowieso eine nicht deutlich langsamere oder weniger oft verkehrende Bahnverbindung besteht, die nicht voll ausgelastet ist.

  • S
    Seraquael

    Drei Sachen sind Auffällig:

     

    1. Die momentane Gesetzeslage erlaubt Linienkonzessionen für Fernbusse nur wenn das Angebot der Bahn in diesen Bereichen unzureichend ist. Warum waren die Schwerpunktstrecken dann solche zu denen es Parallelangebote gibt. Beinnahe der gesamte Osten Deutschlands ist weitgehend vom DB-Fernverkehr abgehängt außer den Strecke die diese Fernbusunternehmen fuhr. Warum fährt man als Unternehmner ausgerechnet diese Strecke und warum gab es dafür Konzessionen.

     

    2. Ich bin viel in Deutschland unterwegs und schaue seitdem ich von den erweitertetn Möglichkeit des Fernbuseinsatzes gelesen habe gezielt nach solchen Angeboten, hab sie bislang aber nur bei Destinationen nach oder über Mannheim gefunden. Von dem Unternehmen hier in Üotsdam wußte ich nichts. Die Werbung muss unterirdisch schlecht und falsch plaziert gewesen sein.

     

    3. Mit der EFA gibt es doch schon ein unabhäniges System das Verkehrsdaten für alle Verkehrsmitel tw. sogar europaweit speichert, verknüpft und diese dann für elektronischen Fahrplanauskünfte aufbereitet die man über viele Portale abrufen kann, darunter die Bahn selber, viele Verkehrsverbünde ode Landesintressengemeinschaften usw. Mittlereile, werden sogar europaweite Daten und Flüge in die Daten mit aufgenommen. Schon tauchen diese Fernnbusse auf wenn ich bei der Bahn oder dem Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg meinen persönlichen Fahrplan von Potsdam/Berlin nach Göttingen abrufe. Warum war die Firma da nicht drin?

     

    Das klnigt nach einem geplanten Scheitern im Sinne der Bahn oder irgendeines bahnfreundlichen Staatssekretärs um die Fernbusidee mal wieder für ein paar Jahre zu befrabe,

  • B
    Bahnwucher

    P.S.: Und in Bussen gibt es wenigstens einen Sitzplatz!

  • B
    Bahnwucher

    Ich warte nun schon seit Jahren die angekündigte Aufhebung des irrsinnigen Monopolgesetzes im Fernverkehr. Fest steht, dass die Bahn mit ihren Wucherpreisen mich dann nie wiedersehen wird.