Neue Spitzenkandidatin der Saar-Grünen: Die grüne Trümmerfrau
Nach Jamaika sind die Saar-Grünen am Boden, sogar der Wiedereinzug ins Parlament ist in Gefahr. Nun soll Simone Peter die Partei retten.
SAARBRÜCKEN taz | Simone Peter ist gehetzt. Ein Termin hat länger gedauert, dann kam noch ein Stau dazu. Jetzt sitzt sie im Café am Schloss in Saarbrücken und muss sich korrigieren. „10 Prozent plus X“ hatte sie noch vor Kurzem als Ziel der Grünen für die Wahl im Saarland am 25. März ausgegeben. „Wir wollen mit einem guten Ergebnis in den Landtag einziehen“, sagt Peter heute. Die Grünen an der Saar müssen sich in Bescheidenheit üben.
Simone Peter, 46, ist die neue Spitzenkandidatin der Saar-Grünen. Sie hat Verantwortung in denkbar schwieriger Situation übernommen. Die Jamaika-Koalition mit CDU und FDP ist geplatzt, das Experiment beendet. Es ist an der zerstrittenen FDP gescheitert. Aber Jamaika war eine Entscheidung des Grünen-Parteichefs Hubert Ulrich, der die Koalition einem rot-rot-grün Bündnis vorzog.
Nun steht die Partei vor den Trümmern der Legislaturperiode. Gerade noch 4 Prozent würden nach letzten Umfragen Grün wählen. Ein zwischen Flensburg und Garmisch fast vergessenes Gefühl könnte zurückkehren: Der Einzug ins Parlament droht zu scheitern.
Die Frau, die das verhindern soll, sitzt also nun im Café; um die Ecke das Parlament, in das sie ihre Fraktion wieder führen soll. Alles an ihr soll sagen, dass es mit den Grünen im Saarland bald wieder bergauf geht. Simone Peter trägt einen blauen Anzug, ein Sticker am Revers sagt „Grün – die echte Wahl“. Was ist schiefgelaufen bei Jamaika?
Eigentlich, sagt Simone Peter, habe sie mit dem Entstehen der Koalition nicht viel zu tun. Als sie kam, waren die Koalitionsverhandlungen schon gelaufen. Sie wollte Rot-Rot-Grün, ihre Mutter Brunhilde war in den achtziger Jahren SPD-Sozialministerin – unter Oskar Lafontaine. Am Ende wurde Peter Umweltministerin.
Weil Sie ein Teil von Jamaika war, kann sie nur schwer mit dem brechen, was geschehen ist. Hubert Ulrich ist weiter Chef an der Saar, sie schwankt zwischen Loyalität und Kritik an ihm: „Er ist bei einigen wegen Jamaika in Misskredit geraten“, sagt sie. Dann wird sie kämpferisch, ein bisschen: „Ich werde eine echte Rolle spielen, nicht nur Hubert Ulrich.“ Simone Peter stehe „für eine Neujustierung“, sagt Bundeschefin Claudia Roth.
Den Spieß umdrehen
Peter will die Grünen wieder an die SPD heranführen. Doch SPD-Chef Maas setzt voll auf die große Koalition, er hat nicht vergessen, dass Ulrich sich 2009 gegen ihn entschied. Jüngst empfahl er gar, Grünen-Wähler sollten besser für die SPD stimmen. Eine Demütigung für die Saar-Grünen.
Peter will den Spieß nun umdrehen: „Der kritische Umgang mit Ulrich liegt auch am Fehlen einer Strategie der SPD“, sagt sie kämpferisch. Sie weiß, sie hat noch ein bisschen Zeit, die Probleme von Jamaika vergessen zu machen. Und dennoch kann alles schiefgehen.
„Wenn wir aus dem Landtag fliegen, wäre das heftig“, sagt Claudia Roth, sie übt sich in Durchhalteparolen: „Aber ich glaube nicht daran.“ Am Ergebnis wird auch Simone Peter gemessen werden.
Leser*innenkommentare
Martin
Gast
Es ist schon bemerkenswert, wie die saarländische Grünen-Basis ihrem geliebten Führer hinterherläuft und ihn selbst nach dem Jamaika-Desaster noch auf Platz 2 der Liste wählt. Schade wäre nur, wenn die Grünen bei einem Scheitern an der 5-%-Hürde die Verantwortung bei Frau Peter suchen würden und ihren Wahlbetrüger weiter mit Spitzenämtern belohnen würden. Jede Stimme für die Grünen ist eine Stimme gegen den Politikwechsel.
Pink
Gast
Go ahead Simone !
xvulkanx
Gast
Habe die Grünen seit ihrer Gründung bei jeder Wahl gewählt. Mittlerweile sind sie für mich nicht mehr wählbar. Die fanatischen radikalen Nichtraucherschutzgesetze, für die sie in NRW und im Saarland eingetreten sind, machen sie für mich zu einer ökofaschistischen bevormundenden Gesundheitsfanatikerpartei, die Rauchern jede Freiheit nimmt Statt sich wirklich für die Entkriminalisierung
von Cannabis einzusetzen, verbieten die Grünen in NRW jetzt sogar die E-Zigarette, die eine weniger gesundheitsschädigende Alternative zur normalen Zigarette darstellt und von vielen Rauchern zur Raucherentwöhnung benutzt wird.
Werde statt der Ökospiesser bei der nächsten Wahl die Piraten wählen!
rheinelbe
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In NRW nähern sich Grüne und SPD der am Boden liegenden FDP an. Genau dahin gefhören die Grünen, denn sie sind weder sozial noch links noch fortschrittlich, sondern in ihrer Mehrheit schlicht eine Öko-FDP. Sie werden sich nicht zu schade sein, den Steigbügel der FDP zu halten. Für Hartz IV sind sie auch - nach wie vor.
Hubert
Gast
»Nach Jamaika sind die Saar-Grünen am Boden, sogar der Wiedereinzug ins Parlament ist in Gefahr.«
Und das gönne ich den sog. »Grünen« auch verdammtnochmal.
Anna Gram
Gast
Simone Peter für die Fehler von Hubert Ulrich haftbar zu machen wäre komplett falsch. Viele grüne Wähler sind angefressen, dass Hubert Ulrich immer noch auf Platz 2 steht, mit Simone hat praktisch keiner ein Problem.
Nach den Wahlen muss Hubert Ulrich als Parteivorsitzender zurücktreten.
sonja
Gast
Genau das sind doch die Positionen, für die die Grünen jetzt gemieden werden - nur nicht klar Stellung beziehen. Wie soll die Wählerin wissen, woran sie mit euch ist, bei eurem Wendehals-Verhalten, der Duldung offensichtlicher Korruption?
Schade für die Grünen, aber vorbei ist vorbei!
ElAchim69
Gast
Frau Peter ist als Spitzenkandidatin der saarländischen Grünen eine geeignete Integrationsfigur, während der umstrittene Polarisierer Ulrich seit seinem von ihm initiiertem Jamaika-Experiment „verbrannt“ ist. Ihr ist es zuzutrauen, dass die Grünen im Saarland wieder Glaubwürdigkeit zurückgewinnen und den Sprung in den Landtag wieder schaffen.
ElAchim69
Gast
Frau Peter ist als Spitzenkandidatin der saarländischen Grünen eine geeignete Integrationsfigur, während der umstrittene Polarisierer Ulrich seit seinem von ihm initiiertem Jamaika-Experiment „verbrannt“ ist. Ihr ist es zuzutrauen, dass die Grünen im Saarland wieder Glaubwürdigkeit zurückgewinnen und den Sprung in den Landtag wieder schaffen.
unEIGENTLICH
Gast
"Simone Peter, 46, ist die neue Spitzenkandidatin der Saar-Grünen. Sie hat Verantwortung in denkbar schwieriger Situation übernommen. Die Jamaika-Koalition mit CDU und FDP ist geplatzt, das Experiment beendet. Es ist an der zerstrittenen FDP gescheitert. Aber Jamaika war eine (1) Entscheidung des Grünen-Parteichefs Hubert Ulrich (...) Nun steht die Partei vor den Trümmern der Legislaturperiode."
(1)
- http://d3.stern.de/bilder/stern_5/politik/2009/41/Jamaika_Saar_180_fitwidth_420.jpg
- http://www.fr-online.de/image/view/2010/7/22/4580432,2676662,medRes,maxh,176,maxw,234,2sv60715.jpg.jpg
- http://www.taz.de/!42912/
"Eigentlich..."
(jaja) "eigentlich"...
"Eigentlich, sagt Simone Peter, habe sie mit dem Entstehen der Koalition nicht viel zu tun. Als sie kam, waren die Koalitionsverhandlungen schon gelaufen. Sie wollte Rot-Rot-Grün (...). Am Ende wurde (Simone) Peter Umweltministerin"
ACHWAS
"Sie wollte Rot-Rot-Grün (...). Am Ende wurde (Simone) Peter Umweltministerin" in der schwarz-gelb-grünen Koalition unter der Führung des von den Saarländern "eigentlich" abgewählten MP Peter Müller...
- http://www.merkur-online.de/bilder/2009/08/30/456025/1428709840-peter-mueller.9.jpg
- http://www.handelsblatt.com/images/der-saarlaendische-ministerpraesident-peter-mueller-cdu-am-sonntagabend-30-august-2009-in-saarbruecken-nach-der-landtagswahl-im-saarland-ap-photo-michael-probst-govern/3247972/2.jpeg?format=formatOriginal
"Weil Sie (Simone Peter) ein Teil von Jamaika war, kann sie nur schwer mit dem brechen, was geschehen ist" ...
... und "eigentlich" kann Simone Peter schon deshalb nicht mit dem Mafioso Hubert Ulrich (2) brechen, weil auch sie vor der letzten Wahl von pöhse Linken verunglimpft wurde ... und man denke dabei nur an "Wer grün wählt - wird sich schwarz ärgern!" ... worauf - und letztlich - nicht wenige WählerInnen des Saarlandes verhöhnt (3) und beleidigt (4) wurden - eigentlich werden MUSSTEN ... und so auch durch die "eigentliche Krönung" mittles ZWEIer grüne Ministerposten bei DREI in das saarl. Landesparlament eingezogene Grüne ...
(2)
- http://www.taz.de/!42118/
- http://www.fr-online.de/politik/saarland-wolken-ueber-jamaika,1472596,3302870.html
- http://www.heise.de/tp/artikel/31/31398/1.html
- http://www.saarbruecker-zeitung.de/aufmacher/lokalnews/Gruene-unter-druck-hubert-ulrich-unregelmaessigkeiten-mitglieder-ortsverband-saarlouis-parteispenden-partei-die-Gruenen-Ostermann-Gruenen-Chef-Saarlouiser-Mitgliederverwaltung-FDP-Hinweise-Spenden;art27857,3087292#.T1DeGexQLAI
- http://feynsinn.org/?p=1958
- http://www.freitag.de/datenbank/freitag/2010/05/saarland-jamaika-ostermann-lafontaine/print
- http://www.fr-online.de/home/saarland-big-spender-ostermann,1472778,3144374.html
- http://www.ad-hoc-news.de/bilder/landesvorstand-gruenen-vorstand-offenbar-fuer-jamaika-an-der-saar-hubert-ulrich-295420_0_320.jpg
(3)
- http://polpix.sueddeutsche.com/polopoly_fs/1.42491.1274122175!/image/image.jpg_gen/derivatives/560x315/image.jpg
- http://www.taz.de/uploads/images/684x342/mueller_ulrich_hartmann_dpa16200499.20110311-16.jpg
- http://ais.badische-zeitung.de/piece/01/54/16/6b/22287979.jpg
(4)
- http://cdn1.spiegel.de/images/image-20804-galleryV9-nabs.jpg
- http://p4.focus.de/img/gen/5/7/1257147320_346_22572860_1166297_5_dpa_Pxgen_r_700xA.jpg
- http://www.welt.de/multimedia/archive/01252/fm_jamaika_DW_Berl_1252119p.jpg
- http://images.zeit.de/politik/ausland/2009-11/jamaika-koalition-saarland/jamaika-koalition-saarland-540x304.jpg
- http://cdn3.spiegel.de/images/image-22766-galleryV9-abcd.jpg
- http://www.taz.de/!50213/
- http://www.stern.de/politik/deutschland/jamaika-koalition-im-saarland-ulrich-und-der-fall-ostermann-1561677-print.html
"Hubert Ulrich ist weiter (sic!) Chef an der Saar, sie schwankt (sic!) zwischen Loyalität und Kritik an ihm: „Er ist bei einigen (sic!) wegen Jamaika in Misskredit geraten“, sagt sie. Dann wird sie kämpferisch, ein bisschen: „Ich werde eine echte Rolle spielen, nicht nur (sic!) Hubert Ulrich.“...
- http://cdn3.spiegel.de/images/image-22766-galleryV9-abcd.jpg
- http://www.saarbruecker-zeitung.de/aufmacher/Saarland-saarbruecken-ostermann-gruene-cdu-linke-spd-fdp-spende-spenden-parteispenden-wahlkampf-schatzmeisterin-wahl-landtagswahl-untersuchungsausschuss;art27856,3209635
Hoga
Gast
SPD und große Koalition? Wohin wollen die denn? Noch mehr asoziale Politik? Hatte der SPD-Vorsitzende die CDU nicht schon einmal grundsätzlich abgelehnt?
Wenn die Piraten sich besser sortieren, einige Dummheiten korrigieren, wer braucht dann noch die Grünen? Die sind doch längst eine Lachnummer geworden. Überflüssig wie die FDP.
Haha
Gast
Trümmerfrauen haben das Land aufgebaut, nicht abgebaut. Das hier würde man traditionell "letztes Aufgebot", 1945 "Volkssturm" nennen, wenn man schon historisieren will.