Nordstaat? Nordverbund!

Schleswig-Holstein will den Norden zusammen mit seinen Nachbarländern als „Wachstumsregion“ vermarkten

„Schleswig-Holstein ist das Land zwischen den Leeren“, sagte Schleswig-Holsteins Innenminister Ralf Stegner (SPD) gestern. Ein Versprecher – gemeint waren die Meere – aber nicht unpassend zum Thema. Es ging schließlich um die Frage nach der Standortpolitik, also die Frage, wie Schleswig-Holstein künftig mit seinen Nachbarn zusammenarbeitet.

„Nordverbund“ heißt das Stichwort. Das klingt fast wie der Nordstaat, von dem seit Jahren immer mal wieder die Rede ist. Das sei aber nicht gemeint, so Stegner: „Ob ein Nordstaat kommt, weiß ich nicht.“ Wenn, dann jedenfalls nicht sehr schnell: „Am Ende entscheiden die Menschen“ – und die stimmen erfahrungsgemäß für die Eigenständigkeit.

Also bleiben die Grenzen bestehen, aber sie sollen durchlässiger werden. Mehr Kooperation und mehr gemeinsame Verwaltungen sind geplant. Rund 20 Projekte werden allein zwischen Hamburg und Schleswig-Holstein daraufhin geprüft, ob sie gemeinsam gewuppt werden könnten, andere beziehen auch Niedersachsen ein. So wird nun eine Geschäftsstelle für die Metropolregion, also Hamburg und sein Umland, eingerichtet. Das Ziel: den Norden als „Wachstumsregion“ gemeinsam zu vermarkten und Fördermittel aus EU- und Bundestöpfen einzuwerben.

Das betrifft etwa neue Forschungsinstitute, die entstehen könnten. Hamburg hatte vor kurzem ein Papier unter dem Titel „Wachsende Stadt“ vorgelegt, Schleswig-Holstein ergänzte es durch sein Konzept der „Wachsenden Metropolregion“: „Auch Hamburg muss über die Gartenzäune sehen“, meinte Stegner. Schwierig sei es mit Mecklenburg-Vorpommern: „Das ist nicht nur Nord-, sondern auch Ostland, und manchmal können sie sich nicht entscheiden, was sie lieber wären.“

Besser zusammenarbeiten müssten auch die Regionen innerhalb des Landes. Sorgen machen müssen sich allerdings die strukturschwachen Gebiete im nördlichen Schleswig-Holstein: Denn Fördermittel, bisher den schwachen Regionen vorbehalten, sollen demnächst auch den reichen Gemeinden im Hamburger Speckgürtel zu Gute kommen. „Stärken stärken“, nennt das Stegner. Der SSW, der vor allem die Minderheit in diesem Bereich vertritt, kritisierte das Konzept als den „Versuch eines Einbeinigen, die Vorzüge der Amputation anzupreisen.“ Esther Geißlinger