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Mitglieder von Hackergruppe enttarntLulzsec ist nicht mehr Anonymous

Mit der Verhaftung mehrerer Aktivisten scheint die Anonymous-Gruppe „Lulzsec“ am Ende. Aufgeflogen ist sie durch szeneinterne Feindschaften und Illoyalitäten.

Lulzsec war lange anonym. Bild: dpa

BERLIN taz | Das Ende begann wohl mit einer Unaufmerksamkeit. Normalerweise verschleierte der Hacker „Sabu“ seine IP-Adresse, wenn er sich zum Internetchat mit anderen Anonymen Hackern austauschte. Nur einmal vergaß er es und ermöglichte damit anderen seinen Klarnamen zu ermitteln. Der wurde ins Netz gestellt: Hector Xavier Monsegur. Dann schlug das FBI zu, so jedenfalls erzählen es die FBI-Agenten.

„Sabu“ steht unter Verdacht zur Anonymous-Splittergruppe Lulzsec zu gehören, eventuell sogar ihr Anführer und für mehrere Hacks gegen US-Medien und Sicherheitsfirmen verantwortlich zu sein. Es drohen ihm bis zu 124 Jahre Haft.

Lulzsec war eine kurze aber spektakuläre Erscheinung in der Welt von Anonymous. Im Mai 2011 gegründet, profilierte sich die Gruppe mit mehreren aufsehenerregenden Hacks, bei denen die Gruppe Daten von den Servern von Sony, dem Fernsehsender PBS, einer Sicherheitsfirma und sogar vom US-Senat stahl. Doch der Feldzug dauerte nicht lange: Nach 50 Tagen verabschiedeten sie sich in einer pathetisch formulierten Abschiedserklärung.

Inzwischen scheinen die Ermittler die Mitglieder von Lulzsec weitgehend identifiziert zu haben: Am Dienstag meldete das FBI, dass sechs Hacker verhaftet seien. Hector M. Alias „Sabu“ habe bereits gestanden. Vier weitere Lulzsec-Mitglieder seien ebenfalls angeklagt: Ryan A. alias „kayla“, Jake D. alias „topiary“, Darren M. alias „pwnsauce“ und Donncha O. alias „palladium“. Außerdem sei noch Jeremy H. alias „Anarchaos“ festgenommen worden, weil er im Verdacht stehe, bei dem Hack des US-Think-Tanks Stratfor beteiligt gewesen zu sein – ob er Teil von Lulzsec war, ist unklar.

Entscheidende Hinweise für die Festnahmen kamen von Monsegur, der bereits im Juni 2011 – zwei Wochen vor der Selbstauflösung von Lulzsec – für kurze Zeit verhaftet wurde und seitdem für das FBI arbeitete. Es sei nicht einfach gewesen, ihn zur Mithilfe zu bewegen, zitiert der US-Fernsehsender Fox News einen Beamten: "Es war wegen seiner Kinder. Er wollte nicht ins Gefängnis wandern und sie zurücklassen. So haben wir ihn gekriegt".

DIE NETZAKTIVISTEN

Anonymous: Ein schwammiger, loser Zusammenschluss von Hackern und Cyberaktivisten, die seit Jahren Homepages hacken oder blockieren. Ursprünglich fanden sie sich auf der Internetseite "4chan" zusammen, wo Nutzer anonym Bilder veröffentlichen und diskutieren. Öffentlich trat Anonymous 2008 auf, mit weltweiten Protesten im Netz und realen Demonstrationen auf der Straße gegen die Scientology-Kirche. Anonymous machte die Guy-Fawkes-Maske aus dem Comic "V for Vendetta" zu ihrem Markenzeichen.

Lulzsec: Eine im Mai 2011 gegründete Untergruppe von Anonymous-Aktivisten. Sie agierte weitaus aggressiver als der Rest, hackte zahlreiche Webseiten und Server und veröffentlichte teils sensible dort gefundene Daten. "Lulz" bedeutet in Anonymous-Kreisen etwa so viel wie Scherz, gerne auch ein derber oder bösartiger. Nach nur 50 Tagen löste sich Lulzsec auf - offenbar beteiligten sich ihre Mitglieder aber weiter an Aktionen von Anonymous beziehungsweise der Operation Antisec.

Operation Antisec: Kurz für "Operation Antisecurity". Von Lulzsec sechs Tage vor der Selbstauflösung am 26. Juni 2011 ausgerufen. Ziel war es, Geheimpapiere von Regierungen, Konzernen und Banken zu veröffentlichen. An der Operation beteiligten sich Mitglieder von Lulzsec, aber auch andere Anonymous-Aktivisten.

Als Verräter bekannt

In der Öffentlichkeit führte „Sabu“ seine Existenz als Hacker fort, doch ihm haftete schon sehr bald der Verdacht an, mit den Behörden zusammenzuarbeiten. Die Angst vor Unterwanderung unter Anonymous-Aktivisten ist groß und ein häufiger Vorwurf unter den Aktivisten ist ein „fed“ zu sein, also ein Agent der US-Bundesbehörden. Genau das warf ihm ein Nutzer namens „Virus“ bereits im August 2011 vor. Seitdem gilt als unbewiesenes Wissen, dass „Sabu“ ein Verräter sei.

Laut Gerichtsdokumenten, die seit Dienstag in den USA öffentlich sind, begann „Sabu“s Anonymous-Karriere im Dezember 2010, als er an der Anonymous-Aktion „Payback“ teilnahm. Die Netzaktivisten des losen Bündnisses Anonymous überlasteten die Websites von mehreren Kreditkartenfirmen und Bezahldiensten, weil diese sich weigerten Spenden an Wikileaks weiterzuleiten.

Im Januar 2011 nahm er an Aktionen gegen Regierungen in Nordafrika teil: Aus Solidarität mit den Aufständen in Tunesien, Algerien und Jemen überlastete Anonymous Regierungsseiten.

Als Teil einer Gruppe, die in den Gerichtsdokumenten „Internet Feds“ genannt werden, soll er danach E-Mails einer Sicherheitsfirma gestohlen und von den Servern von Fox die Teilnehmerliste des Wettbewerbs „X-Faktor“ gestohlen haben. Mit mehreren Hackern der „Internet Feds“ könnte er dann im Mai 2011 Lulzsec gegründet haben.

Die misstrauische Hacker-Szene

Die Festnahmen und Erfolge gegen Lulzsec zeigen aber vor allem eines: Dass das größte Sicherheitsrisiko der zerstrittenen und misstrauischen Anonymous-Szene die eigenen Aktivisten sind. Die Lulzsec-Aktivisten wurden bereits vor der Gründung von einer anderen Anonymous-Gruppe angefeindet, der Backtrace Security.

Schon damals wurde „Sabu“ Opfer einer beliebten Anonymous-Aktion: die Veröffentlichung von Klarnamen und persönlichen Informationen im Netz. Kurz vor dem Zugriff des FBI im Juni 2011 veröffentlichte Backtrace erneut Monsegurs Namen. Vermutlich lösten sie die Festnahme aus.

Zu diesem Zeitpunkt zeigten sich auch schon erste Auflösungserscheinungen bei Lulzsec, zwei Wochen später wurde eine Aufzeichnung eines internen Chats veröffentlicht. Der zeigte, dass die Gruppe zwischen sechs und acht Mitglieder hatte. Zwei hätten sich bereits ausgeklinkt als Lulzsec eine Sicherheitsfirma angriff, die mit dem FBI zusammen arbeitet.

Wenige Tage zuvor hatten britische Sicherheitsbehörden einen 19-Jährigen verhaftet, der die Chat-Server der Gruppe betrieben haben soll. Einen Monat später wurde Jake D. („topiary“) festgenommen, der den Twitter-Kanal für die Gruppe betrieben haben soll. Auch er ist nun in den USA angeklagt.

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1 Kommentar

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  • S
    Stefan

    Bei vermeintlichem Unrecht werden Ross und Reiter genannt. Warum nicht bei internen Auseinandersetzungen, wenn jemand Unrecht zu sehen meint?