berliner szenen Das Alphabet der Stadt

K wie Köpenick

Auf dem Parkplatz in der Altstadt, da, wo sich Köpenick noch mit großem C schreibt, steht ein kleiner Caravan. In dem Caravan ist gerade einmal Platz für einen Campingstuhl. Der Besitzer steht etwas abseits und unterhält sich mit einem Autofahrer, der Caravan stellt die örtliche Infozentrale für Touristen und Camper dar. Hier gibt es Karten, Pläne, Tickets. Das Geschäft scheint trotz der Kälte auch im Winter noch gut zu laufen.

Hinter der Dammbrücke ankert ein Zweimaster. Stolze Schwäne ziehen lange Gleitwellen durch die Alte Spree. Köpenick wirkt wie eine alte Seehafenstadt mit angenehm weltoffener Atmosphäre. Man könnte das Meer um die Ecke vermuten.

Ein Hafen, ein Park, eine Altstadt, ein Schloss aus der Zeit Friedrichs II. Es ist, als sei man in einer ganz anderen Stadt unterwegs. Urlaubsgefühle stellen sich ein, die auch von den Sanierungsarbeiten in der Rosenstraße kaum gestört werden. Galant fahren die Köpenicker auf neuen Fahrrädern durch ihr preußisches Städtchen oder warten Fastfood mampfend auf die Tram. In den Schaufenstern hinter ihnen stehen Kerzen. Wie beseelt schaut sich eine Ladenbesitzerin ihre neue Auslage an.

Die Linie 62 wackelt um die Ecke, gleichzeitig verabschiedet sich der Touristikchef von dem wegfahrenden Lada und schlurft gemächlich zu seiner Camper-Zentrale zurück. Der Caravan beginnt zu schaukeln, als er es sich in seinem Campingstuhl wieder gemütlich macht.

Nicht weit entfernt, auf der anderen Flussseite, steht ein Taxi vor einer Zahnarztpraxis in der Seelenbinderstraße. Ein Mann mit gelbschwarzer Armbinde hat es eilig. Das junge Mädchen im Fußballtrikot mit der Aufschrift „Bluten für Union“ kann er leider nicht sehen. RENÉ HAMANN