Kolumne Pressschlag: Die Sechs muss es richten

Keine Atempause, ständige Hatz nach dem Ball – aber eins bleibt beim Alten: Fußballspiele werden immer noch im defensiven Mittelfeld entschieden.

Dynamischer Antreiber: Jermaine Jones hält nicht nur andere vom spielen ab. Bild: dpa

Momentan macht Fußball doch richtig Spaß, oder? Vielleicht nicht gerade den herrlich zitternden HSV-Hamburgern, den Hertha-Berlinern, dem Großraum Pfalz und der Großmaulkapitale Köln. Wohl aber den unaufgeregten Konzeptclubs wie Augsburg, vor allem Freiburg und zuletzt auch Mainz, die sich über wachsende Überlebenschancen in der Liga freuen. Die Underdogs mucken auf, das Geld weint. Planungslosigkeit rächt sich.

Erfrischend auch die Europapokal-Woche. Man hatte sich sehr auf den FC Basel gefreut und war gern bereit, zu lernen, dass eine Mannschaft, in der Marco Streller spielt, doch erfolgsfähig sein kann. Kurz nach der Halbzeit wurde die Sky-Kneipe übereilt verlassen – alle Vorurteile bestätigt. Die rote Walze sollte alleine weiter rollen, da muss man ja nicht auch noch zugucken.

Großartig auch die Europa League. Da flogen hochkant die beiden Monster aus Manchester raus, dass es eine Schadenfreude war. Dazu die grandiosen Auftritte von Schalke und Hannover gegen richtige Gegner. Fußball wie er sein soll, leidenschaftlich, mit ständiger Hatz nach dem Ball – keine Atempause, Geschichte wird gemacht.

BERND MÜLLENDER schreibt für den Sportteil der taz.

Auffallend waren nicht die drei Huntelaar-Tore oder Lüttichs Standard-Eigentorjäger Kanu. Auffallend war die überragende Rolle, die jeweils der Sechser spielte, Jermaine Jones bei S04 und Sergio Pinto bei H96. Beide sind im Grunde ihres Herzens gelernte Treter und häufig ekelerregend aktenkundig geworden. Jetzt haben sie verstanden, mit ihrer Giftigkeit zum Spielantreiber zu werden und zu belegen, dass die vielfach verkannte Sechs die wichtigste Position im Fußball ist. Das beweist auch Mönchengladbach mit dem Tarnkappenduo Neustädter und Nordveit.

Der FC Bayern hat in dieser Saison permanent auf der Sechserposition experimentiert. Und so ist die Mittelfeldfestung Dortmund vorn und hält den Altmeister mit alter FC-Bayern-Spielweise grinsend auf Distanz. Ohnehin sind die labilen Münchner schon wieder in der Krise. Mit der Präzision eines Uhrwerks geht die Toreproduktion zurück.

Gegen Hoffenheim beim 7:1 waren es vor Wochenfrist acht eigene Treffer (inklusive des selbst erzielten Gegentors), gegen Strellers Basel sieben und jetzt in Berlin nur noch schlappe sechs. Am Mittwoch, im Pokalhalbfinale, dürften den Gladbacher Überfallfußballern also schon sechs eigene Treffer sicher für den Finaleinzug reichen.

Apropos Pokal. Am Dienstag wird Greuther Fürth aufspielen gegen den Meister. Die halbe erste Liga wünscht Dortmund den Sieg, damit Platz 7 fürs internationale Geschäft reicht. Aber der Zweitliga-Erste Fürth ist eine große Nummer derzeit. Ob sich die erstligareife Wirbelwindoffensive durchsetzt? Fürths Erfolgstrainer Mike Büskens, der Urschalker, wird sich auf die Freunde aus Lüdenscheid-West besonders freuen. Aber die haben diverse Alternativen auf der Sechs.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Sohn des Ruhrgebiets, Jahrgang 1956, erfolgreich abgebrochenes VWL- und Publizistikstudium, schreibe seit 1984 für die taz – über Fußball, Golf, Hambacher Wald, Verkehrspolitik, mein heimliches Lieblingsland Belgien und andere wichtige Dinge. Lebe und arbeite als leidenschaftlich autoloser Radfahrer in Aachen. Seit 2021 organisiere und begleite ich taz-LeserInnenreisen hierher in die Euregio Maas/Rhein, in die Nordeifel und nach Belgien inkl. Brüssel. Bücher zuletzt: "Die Zahl 38.185" - Ein Fahrradroman zur Verkehrswende (2021). "Ach, Aachen!" - Textsammlung aus einer manchmal seltsamen Stadt (2022).

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.