Tischtennis-WM in Dortmund: Furios wie der BVB
Über 5.000 Zuschauer verfolgen die ersten souveränen Erfolge der deutschen Teams bei der WM in der Westfalenhalle. Superstar Timo Boll eifert dabei der Dortmunder Borussia nach.
DORTMUND taz | „Wir müssen nicht jedes Spiel 3:0 gewinnen“, ulkt Thomas Weikert und schiebt frohgelaunt nach, „aber gewinnen sollten wir schon alle.“ Die minimalere Forderung des Präsidenten des Deutschen Tischtennis-Bundes (DTTB) erfüllte sich zumindest am ersten Tag der Mannschafts-WM in Dortmund. Die Damen ließen am Sonntag dem 3:0 über Frankreich vor 5.500 Zuschauern wenigstens ein 3:1 gegen Polen folgen.
Kompromisslos hielten sich die Herren in den Vergleichen mit Tschechien und Spanien an Weikerts Zu-null-Marschroute. Bei Timo Boll hätte es zwar keiner zusätzlichen Motivation in der Westfalenhalle bedurft, den Fan von Borussia Dortmund beflügelte aber noch die Nachricht vom 6:1 des deutschen Fußball-Meisters in Köln. „Ich bekam das Ergebnis rechtzeitig mit“, erzählt der 31-Jährige von den Sekunden vor seinem ersten Aufschlag im Spanien-Match.
Der Bundesligaspieler von Borussia Düsseldorf gibt auch sonst Entwarnung. „Davon spüre ich nichts mehr“, berichtet der Superstar über seine Übelkeit, die ihn am Freitag im Training außer Gefecht gesetzt hatte. Der WM-Dritte im Einzel musste zwar gegen Dmitrij Procopcov im ersten Satz in die Verlängerung, führte den Tschechen aber anschließend mit 11:4 und 11:5 vor. Bundestrainer Jörg Roßkopf spendet dem Rekord-Europameister ein Sonderlob: „Ich bin zufrieden, wie Timo in der Vorbereitung trainierte. Das machte er trotz Verletzung super – und kein Chinese hätte das geschafft!“
Der vor Spielwitz sprühende Boll bestätigte die Einschätzung auch mit einem 3:0 in nur 19 Minuten über Carlos Machado ähnlich furios wie seine Dortmunder. Mit dem an der Platte talentierten Sebastian Kehl und seinen Kollegen traf sich Boll zwar schon mehrfach, von den BVB-Kickern besuchte gestern aber der beste Spieler gegen Köln lieber die Japanerinnen: Der zweifache Torschütze Shinji Kagawa verfolgte deren Duell gegen Polen.
Direkter Weg ins Viertelfinale
Roßkopf lässt keinen Zweifel, dass sein Team auf direktem Weg ins Viertelfinale strebt. „Wir spielen vorneweg in bester Aufstellung, bis das Ziel erreicht ist“, stellt der Rekordnationalspieler vor dem gestrigen Spiel (nach Redaktionsschluss) gegen Singapur klar. Nur die Sieger der vier Sechsergruppen kommen direkt weiter, während die Zweit- und Drittplatzierten die vier anderen Teilnehmer ermitteln. Deshalb dürften auch heute um 19 Uhr Boll und Dimitrij Ovtcharov in Gruppe B gegen den Hauptkonkurrenten Portugal auflaufen.
Der Weltranglistenzehnte wurde weder von Antonin Gavlas noch vom Spanier Marc Duran, dem Ovtcharov einmal bei 10:0 einen Punkt schenkte, gefordert. Lediglich der deutsche „Dreier“ ließ Souveränität vermissen: Bastian Steger mühte sich gegen Alfredo Carneros (3:1) anfangs ebenfalls zum Schlusspunkt wie zuvor Patrick Baum beim 3:2 über den tschechischen Altmeister Petr Korbel.
„Wir haben eine optimale Ausgangsposition geschaffen“, weiß Kristin Silbereisen nach dem 3:1 über Polen, „gegen die wir zuletzt ein paarmal verloren hatten.“ Nur Ex-Europameisterin Wu Jiaduo patzte beim 1:3 gegen die starke Li Qin. Die Scharte wetzte sie aber im letzten Duell gegen Natalia Partyka aus.
Die zweifache Paralympics-Siegerin, der der rechte Unterarm fehlt, hatte auch gegen Irene Ivancan knapp das Nachsehen. An eine weitere WM-Bronzemedaille wie 2010 in Moskau verschwendet Silbereisen vor dem heutigen Aufeinandertreffen mit den favorisierten Japanerinnen keinen Gedanken: „Das wäre zu Hause schön, doch da müssten wieder 150 Prozent zusammenkommen.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!