Seehofer will Käufer besser informieren

Der neue Agrarminister plant ein neues Gesetz: Verbraucher sollen bei Fleischskandalen auch Namen erfahren. Zu sehr sollen die Unternehmen allerdings nicht in die Pflicht genommen werden. Fraglich, ob das Warenangebot so durchsichtiger wird

VON HANNA GERSMANN

Wer ist für den Betrug in der Ladentheke verantwortlich? Vergammeltes Fleisch, giftiges Obst und Gemüse – vielen Verbrauchern ist der Appetit vergangen. Sie sind verunsichert, zumal die Namen der unredlichen Händler zumeist unbekannt bleiben. Die amtlichen Kontrolleure dürfen sie nicht preisgeben. Bundesagrarminister Horst Seehofer (CSU) verspricht, die Geheimniskrämerei zu ändern – mit einem Verbraucherinformationsgesetz. Anfang nächsten Jahres soll es in den Bundestag eingebracht werden.

„Ross und Reiter zu nennen – das ist die einzige effektive Strafe“, sagt Christian Fronzcak vom Bundesverband der Verbraucherzentralen. Keine Firma wolle öffentlich am Pranger stehen. Wer seinen Ruf verliert, büßt Umsatz ein. Bislang müssen die Unternehmen das nicht fürchten. Die Konsumenten essen, was ins Regal kommt. Der Käufer hat keinen Anspruch auf Informationen wie: Woher kommt die Wurst? Hat die Kuh Genmais gefressen. Steckt eklige Gelatine im Gummibärchen? Die Hersteller müssen keine Auskunft geben.

Dabei könnte das Warenangebot längst transparenter sein. Renate Künast, die grüne Vorgängerin Seehofers, wollte schon vor vier Jahren die Rechte der Verbraucher stärken. Jedoch scheiterte sie mit ihrem Vorstoß an den unionsgeführten Ländern. Diese hatten sich der Polemik der Wirtschaft angeschlossen. Die Manager warnten, dass niemand von einer Firma verlangen könne, das „Coca-Cola-Rezept auszuplaudern“. Da half es nichts, dass Künast gar nicht vorhatte, detaillierte Betriebsgeheimnisse anzutasten. Rot-Grün musste seine Pläne abspecken.

Übrig blieb ein vager Passus im Lebensmittel- und Futtermittelrecht. Danach können die Länder die Namen risikoverdächtiger Produkte nennen – je nach Ermessen. Auf den Kontrolleuren lastet jedoch der Fall Birkel. Eine Warnung des Stuttgarter Regierungspräsidiums vor „mikrobakteriell verunreinigten“ Nudeln kostete das Land Baden-Württemberg nach einem langen Rechtsstreit 6,5 Millionen Euro Schadenersatz. So halten sich die Behörden zurück. Zwielichtige Geschäfte bleiben anonym.

Ulrike Höfken, Verbraucherexpertin bei den Grünen, ist skeptisch, dass die rot-schwarze Koalition daran viel ändert. Sie fürchtet ein „Scheingesetz“. „Wir bringen Verbraucher mit den Unternehmen auf Augenhöhe“, versichert zwar die SPD-Politikerin Waltraud Wolff. Der Kunde erfahre künftig, welcher Supermarkt giftige Tomaten verkauft, welcher Imbiss gammeliges Fleisch serviere. Jeder Bürger dürfe Auskünfte einfordern – bei Behörden und Unternehmen.

Auch bei Unternehmen? Natürlich nicht, sagt allerdings die CDU-Kollegin Ursula Heinen. Sie meint: „Wir können es auch nicht übertreiben.“ Die Firmen würden lahm gelegt, bekämen sie viele Anrufe oder E-Mails. So viel steht fest: Die Koalition wird beim Essen wenig Ruhe haben.