LESERINNENBRIEFE
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Ein bisschen arg prätentiös

■ betr.: „Düstere Stimmung am Bierhimmel“, taz vom 31. 12. 09

Dass der Anblick von neu eröffneten T-Shirt- und Kaffeeläden in der Kreuzberger Oranienstraße den Betreibern des „Café Bierhimmel“ derart auf die Nerven ging, dass sie ihr Lokal schlossen, klingt eher nach Luxus als nach Gentrifikation.

Das Schließen des „Café Jenseits“ am Heinrichplatz wegen einer unverschämten Mieterhöhung stellt dagegen tatsächlich einen Verlust für alle Anwohner der Gegend dar. Im Unterschied zum Bierhimmel war im Café Jenseits grundsätzlich erst einmal jeder Mensch willkommen und erwünscht – bis zur Schließung. Das Café Jenseits ist allerdings nicht unbedingt eine Künstlerkneipe gewesen, sondern war eben in seiner Publikumsmischung unvergleichlich und einzigartig. Insofern kann man es tatsächlich als Opfer einer Gentrifizierung bezeichnen. Um das Thema Gentrifizierung deutlich aufzuzeigen, müssen die Ursachen, die eine Schließung veranlassen, viel deutlicher getrennt werden. Als Schließungsgrund „bin genervt von T-Shirt- und Kaffeeläden“ anzugeben, während der Haus-Eigentümer dem „Bierhimmel“ gleichzeitig anbietet, die Miete zu senken, klingt nämlich ein bisschen arg prätentiös – und unterstützt neo-individualliberale Tendenzen. Nach dem Motto: Wenn in Kreuzberg sogar Mietsenkungen angeboten werden, kann doch alles gar nicht so schlimm sein. WOLFGANG MÜLLER, Berlin

Umfangreiche Unterstützung

■ betr.: „Linkes Biotop will feucht bleiben“, taz vom 14. 12. 09

Der Beitrag verdreht so einige Tatsachen. Die Studierendenvertretung der HU (RefRat) unterstützt die Besetzung der HU nicht etwa zu irgendeinem Anschein oder aus Wahlkalkül, sondern mit all ihren Mitteln und ganz explizit, eben gerade weil sie die Forderungen der Streikenden unterstützt.

Private Äußerungen in privaten E-Mails von einzelnen Personen hin oder her, der RefRat hat den Streik von Beginn an umfangreich unterstützt, unter anderem auch in finanzieller Hinsicht. Die Studierenden beteiligen sich mit den verschiedensten politischen Überzeugungen an diesem Streik, ebenso wie sich auch die VertreterInnen aus unterschiedlichen Motivationen in den Hochschulgremien beteiligen. In jedem Fall, weil sie mitbestimmen möchten. Jede grundsätzliche Kritik an den Zuständen in den Berliner Universitäten findet natürlich die Unterstützung von den studentischen VertreterInnen. Dass dabei die weitreichenden Forderungen gegenüber solchen zu bevorzugen sind, die den Status Quo einer Uni der Privilegierten nicht zu erschüttern vermögen, ist unumgänglich. Wer behauptet, dass es bezüglich der Umsetzung der studentischen Forderungen keine unterschiedlichen Ansätze gäbe, ignoriert das pluralistische Grundverständnis der Streikbewegung und verkennt komplett die gesellschaftlichen Dimensionen dieses Streiks.

Und eins steht fest: Die Politik der Berliner Universitäten krankt wohl eher an der permanenten Ignoranz sozialer Ungerechtigkeiten als an einem mangelnden studentischen Bekenntnis zum Parlamentarismus, der durchaus Kritik wert ist, weil dadurch nur diejenigen über sozialere Studienbedingungen und einen freien Uni-Zugang abstimmen können, für die Zugangsbeschränkungen finanzieller und anderer Art ohnehin kein Problem sind.

ReferentInnenrat HU Berlin