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Kommentar MindestlohnSchub und Trug

Kommentar von Tom Strohschneider

Das Konzept der Union zur Lohnuntergrenze folgt vor allem der Wahlkampflogik. Es bringt keinen Mindestlohn, der diesen Namen verdient.

D en entscheidenden Hinweis zum so genannten Mindestlohnkonzept der Union hat die Bundesabeitsministerin selbst gegeben: Mit der Einigung, hofft Ursula von der Leyen, werde man den wahlkämpfenden Parteifreunden in Nordrhein-Westfalen helfen.

Dort hat sich schon mancher CDU-Politiker als der wahre „Arbeiterführer“ inszeniert. Und von dort war auch die Initiative für jenen Parteitagsbeschluss ausgegangen, mit dem sich die Christdemokraten eines der großen Signalwörter des Politbetriebs zu eigen machten: Man wolle eine „marktwirtschaftlich organisierte Lohnuntergrenze“, aber bitteschön: „keinen politischen Mindestlohn“.

Nun ist allenthalben trotzdem vom Mindestlohn der CDU die Rede. Doch von einer Regelung, wie sie inzwischen auch den Gewerkschaften lieb wäre, oder wie ihn die politische Linke fordert, ist das Vorhaben der Union weit entfernt.

Bild: taz
Tom Strohschneider

ist Meinungsredakteur der taz.

Eine Lohnuntergrenze, der nur in Branchen greifen soll, in denen es keine gültigen Tarifverträge gibt, die von einer Kommission aus Gewerkschaften und Arbeitgebern festgesetzt und dann per Rechtsverordnung „umfassend staatlich erstreckt“ wird, liegt nicht allzu weit entfernt von dem, was heute bereits möglich ist, indem Branchenmindestlöhne für allgemeinverbindlich erklärt werden.

Hinzu kommt, dass im nun vereinbarten Unionskonzept die Möglichkeit offen gehalten wird, die Lohnuntergrenze in fast jede denkbare Richtung zu differenzieren: nach Branchen, nach Regionen, nach Berufsgruppen. Das kehrt den ursprünglichen Sinn eines allgemeinen Mindestlohns geradezu um. Dieser ist ja nur einer, wenn er für alle gleichermaßen gilt.

Kurzum: Einen allgemeinen Mindestlohn, der diesen Namen wirklich verdient, bringt das Unionskonzept nicht voran. Das ist gravierend für die rund sechs Millionen Beschäftigten, die zu Löhnen unterhalb von 7,50 Euro in der Stunde arbeiten müssen. Und es ist sogar für den Bundesfinanzminister eine schlechte Nachricht, der bei einer echten gesetzlichen Lohnuntergrenze von 8,50 Euro mit Entlastungen von über sieben Milliarden rechnen könnte, weil der Staat nicht mehr über Sozialleistungen Dumpinggehälter subventionieren müsste und mehr Steuern einnehmen könnte.

So ist die Einigung in der Union zunächst einmal nur für diese selbst eine gute Nachricht – siehe die eingangs erwähnte Ursula von der Leyen. Und wenn die Liberalen wie erwartet eine Umsetzung des Unionsbeschlusses in dieser Legislaturperiode verhindern, könnte Angela Merkel ihre „marktwirtschaftlich organisierte Lohnuntergrenze“ gleich noch in den kommenden Bundestagswahlkampf ziehen.

Ganz nach der Hoffnung von der Leyens, die Parole Mindestlohn möge der CDU „einen enormen Schub geben“. Oder jedenfalls verhindern helfen, dass andere Parteien mit dem Signalwort „Mindestlohn“ auf ihrer Fahne besser vorankommen als die Union.

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5 Kommentare

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  • A
    Andreas

    "@Nadi

    Ganz ehrlich: 9,50 werden nicht alle verdienen können. Deren Produktivität ist nicht so hoch."

     

    Na klar, wie hoch ist denn die Produktivität des Getriebes im Auto? - von Lohn muß man leben können, sonst würde in einer echten Marktwirtschaft keiner solch eine Tätigkeit annehmen. (Natürlich vorausgesetzt, es gibt keinen Druck, wie bei ALG II!)

  • EA
    Enzo Aduro

    @Nadi

    Ganz ehrlich: 9,50 werden nicht alle verdienen können. Deren Produktivität ist nicht so hoch.

     

    Aber damit genau diese trotzdem nicht arm sind, muss umverteilt werden.

     

    Das ist kein Argument gegen den Mindestlohn. Aber gegen den Mindestlohn von 9,50.

  • A
    andreas

    Die CDU ist die erste Partei, die wenn auch zaghaft, Mindeslöhne eingeführt hat.

    SPD/Grüne als sie es konnten taten das nicht!

    Denn Jene haben lieber HARTZIV und ICH-AG'S erfunden... :0/

     

    P.S Merke Wahlkampf ist es immer dann wenn es von der CDU/CSU kommt...die Anderen würden sowas nie nich tun...ja klar

  • N
    Nadi

    Unter 9,50 EURO bleiben die Menschen arm, weil sie mit allen darunterliegenden Sätzen nicht privat für die Rente vorsorgen können, was sie aber müssen, weil ihre Normal-Renten nicht reichen werden.

    Aber: die CDU will sich um die Frage drücken, ob unmenschlich niedrige Löhne in Deutschland nicht einfach gesetzlich unterbunden gehören.

  • EA
    Enzo Aduro

    Was soll das? Kein Mindestlohn der den Namen verdient?

     

    Ist doch lächerlich.

     

    Ich halte die Regelung für zu kompliziert, aber wenn für jede Branche und jede Region ein Mindestlohn festgelegt wird dann ist das doch gut. Das Tarifverträge weiter gelten ist auch nur in der statischen Betrachtung nervig. Immerhin laufen die ja aus. Und wenn die Gewerkschaft (solange es keine "christliche" "Gewerkschaft") dann TROTZDEM einen niedrigeren Lohn neu verhandelt, dann würde das wohl einen triftigen Grund haben.

     

    Auch das der Mindestlohn in jeder Höhe beschlossen werden kann ist kein Argument. Das gilt für jeden Mindestlohn.

     

    Ach ja, und wer glaubt, das man die 10 Euro der Linken einführen kann ohne das sehr viele gefeuert wird, der ist schlicht naiv. Genauso könnte man die Globale Erwärmung per Beschluss auf 2 Grad begrenzen... (ohne was zu machen)

     

    Trotzdem ändert das nichts daran, das wir einen Mindestlohn brauchen. Vor allem seit Schlengen offen ist.

    Unbemerkt von derartigen Aufschwung sind nämlich sehr viele aus den neuen EU-Staaten hergezogen. Man kann davon ausgehen das es keine Welle der Akademiker war. Das geht direkt in das Angebot der Niedriglohn bereich. Ein Mindestlohn wäre quasi eine Art Einreiseregulierung. Denn hiesige Arbeitslose sind denen zumindest bei den Deutschkenntnissen voraus, sind bei gleichem Lohn also (idR) wettbewerbsfähiger.