Strippenzieher vor Gericht

Kölner Ex-SPD-Chef Norbert Rüther bangt um Freispruch

Heute wird ein spannender Tag für Norbert Rüther. Denn der frühere SPD-Politiker muss um seinen Freispruch im ersten Kölner Müllskandalprozess bangen. Der ist einer der strittigen Fragen, über die der Bundesgerichtshof in Leipzig an diesem Donnerstag beraten wird.

Der heute 55-jährige Rüther war mehr als ein Jahrzehnt lang einer der starken Männer der Kölner Sozialdemokraten gewesen: nicht gerade ein Sympathieträger, aber dafür ein ausgebuffter Strippenzieher. Das kölsche Schwergewicht ließ sich 2000 vornehmlich aus Geldgründen in den Düsseldorfer Landtag wählen. Lieber wollte er sich mit voller Kraft der Tätigkeit als Ratsfraktionschef widmen.

Doch dann kam jener 4. März 2002, an dem sich Rüther in die bundesweiten Schlagzeilen katapultierte. Er ließ über seine Anwälte mitteilen, dass er von allen Ämtern zurück- und aus der SPD austreten werde. Zeitgleich offenbarte Rüther gegenüber der Staatsanwaltschaft, wie sich die Kölner SPD zumindest über die 1990er Jahre hinweg mit mit dem System der „Dankeschön-Spenden“ ihre Parteikassen aufgebessert hat.

Nachdem Unternehmen lukrative städtische Großaufträge zugeschanzt worden waren, sollten sie sich freundlichst zu einem angemessenen Obolus bereit finden. So funktionierte es auch im Zusammenhang mit dem Bau der Kölner Müllverbrennungsanlage.

Insgesamt elf Millionen Euro sollen seinerzeit verteilt worden sein. Ob auch Rüther persönlich etwas von diesem Kuchen erhielt, wie der Ex-Chef der Kölner Abfallverwertungsgesellschaft, Ulrich Eisermann, vor Gericht behauptet hat, ist bis heute strittig. Das Landgericht Köln sprach Rüther im Mai 2004 aus Mangel an Beweisen frei. Die Staatsanwaltschaft ging in Revision, über die nun der BGH befinden muss.

Wie die Bundesrichter auch entscheiden werden: Es wird nicht Rüthers letzter Gang nach Leipzig sein. Im September diesen Jahres wurde er in einem weiteren Prozess wegen zwei Spenden des Müllmoguls Hellmut Trienekens, die das Kölner Landgericht im Zusammenhang mit der Teilprivatisierung der städtischen Abfallwirtschaftsbetriebe sah, zu einer Haftstrafe von zwei Jahren und drei Monaten verurteilt. Rüther, der wieder als Psychiater arbeitet, hat die Revision beantragt. PASCAL BEUCKER