Klamme Privatleute

Immer mehr Verbraucher kriegen ihre Schulden nicht in den Griff: Zwanzig Prozent mehr Privatinsolvenzen

DÜSSELDORF taz ■ Die Zahl der Privatinsolvenzen steigt in Nordrhein-Westfalen rapide: Im Jahr 2004 meldeten 18.420 Privatpersonen ihren Bankrott an, im Vorjahr waren es rund 20 Prozent weniger. SchuldnerberaterInnen führen diesen Anstieg vor allem auf die im Jahr 2002 eingeführte Stundungsregel für verschuldete VerbraucherInnen zurück. Seitdem können sich auch diejenigen eine privates Insolvenzverfahren leisten, die nicht einmal mehr die Gerichtskosten dafür aufbringen können. Ihnen schießt das Land Nordrhein-Westfalen die rund 2.000 Euro für den vorgeschriebenen gerichtlichen Einigungsversuch mit den Gläubigern vor.

Scheitert die Einigung, bekommen die Verschuldeten einen Treuhänder, der ihr Einkommen verwaltet und die Gläubiger auszahlt. Nach acht Jahren „Wohlverhalten“ werden die Restschulden erlassen.

„Nur so können die Arbeitsplätze der Betroffenen erhalten werden“, sagt Susanne Laag von der Verbraucherzentrale NRW, die in vielen Städten Schuldnerberatungen anbietet. „Wenn Gläubiger beim Arbeitgeber Lohn pfänden, werden die Betroffenen häufig entlassen. Und eine Neueinstellung finden sie so erst Recht nicht.“ Die meisten verschuldeten Privatleute sind schon bei Beginn des Insolvenzverfahrens arbeitslos. „Arbeitslosigkeit ist die zentrale Ursache für Verschuldung“, sagt Laag.

Die Justizminister der Länder wollen jedoch künftig eine Verbraucherinsolvenz ohne Treuhänder und ohne Stundungsregel. „Die Landeskassen werden so viel zu stark belastet“, sagt Ralph Neubauer, Sprecher des NRW-Justizministeriums. „Wir sehen das Geld, was wir vorschießen meistens nie wieder.“ Über die Reform der Privatinsolvenz wird im Frühjahr 2006 auf der Justizministerkonferenz entschieden. MIB