Im Zweifel fürs Westfleisch

Landwirtschaftsminister Eckhardx Uhlenberg kämpft gegen Gammelfleisch. Doch auf die Fleischindustrie lässt er nichts kommen. Kein Wunder: Uhlenberg saß im Westfleisch-Aufsichtsrat

AUS DÜSSELDORF ANDREAS WYPUTTA

Von der Fleischindustrie zum Verbraucherschützer: Eckhard Uhlenberg (CDU), nordrhein-westfälischer Minister für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, war nach taz-Recherchen bis zu seinem Eintritt in die Landesregierung Mitglied des Aufsichtsrates der West-Fleisch Finanz AG. Die Firma ist ein Tochterunternehmen der Westfleisch eG, einem führenden Vertreter der konventionellen Viehwirtschaft – 2004 setzte Westfleisch 661.500 Tonnen Fleisch ab, zerlegte mehr als 4 Millionen Schweine und knapp 300.000 Rinder.

Noch heute habe Uhlenberg die Interessen der Fleischvermarkter, nicht aber die der Verbraucherinnen und Verbraucher im Blick, kritisieren SPD und Grüne. In den aktuellen Ekelfleisch-Affären habe der Landwirt Uhlenberg „die Brille der Interessenvertretung der Fleischwirtschaft“ nicht abgesetzt, so Johannes Remmel, der parlamentarische Geschäftsführer der grünen Landtagsfraktion: „Er laviert zwischen den Interessen der Fleischwirtschaft und der Verbraucher.“ Der Minister habe „zu sehr die Fleischindustrie in Blick“, sagt auch Svenja Schulze, Verbraucherschutzexpertin in der SPD-Landtagsfraktion.

Uhlenberg selbst versicherte in der Plenardebatte des Landtags gestern noch einmal, der Verbraucherschutz habe für ihn „absolute Priorität“, warb für einen 15-Punkte-Plan, der etwa die Einschaltung von Schwerpunkt-Staatsanwaltschaften vorsieht. Bis auf den Namen der Gelsenkirchener Firma Domenz wollte der Minister aber keine weiteren Firmen nennen, die verdorbenes Fleisch in den Handel gebracht haben.

Stattdessen hielt Uhlenberg ein leidenschaftliches Plädoyer für die Fleischwirtschaft: Eine vorschnelle Namensnennung von verdächtigen Firmen gefährde „hunderte Arbeitsplätze“. Zuvor aber hatte er sechs weitere Funde von Gammelfleisch bestätigen müssen: Überlagerte, umetikettierte oder verdorbene Ware wurde auch in Düsseldorf, Mönchengladbach, Bonn, im Rhein-Sieg-Kreis, im Ennepe-Ruhr-Kreis und im Kreis Neuss gefunden. „Bis heute weiß kein Verbraucher, ob er solches Fleisch verzehrt oder noch in der Kühltruhe hat“, kritisierte SPD-Fraktionsvize Axel Horstmann. Wie CSU-Bundesverbraucherschutzminister Horst Seehofer müsse sich Uhlenberg endlich für eine bessere Information der Verbraucher stark machen, fordert auch die Sozialdemokratin Schulze: „Uhlenbergs Aufsichtsratmandat erklärt, warum er so laviert.“

Der Minister selbst sieht dagegen keinerlei Interessenkonflikt. Aus dem Aufsichtsrat der Konzernmutter Westfleisch habe sich Uhlenberg schon 1995, aus dem der Tochter West-Fleisch Finanz AG „deutlich vor der Wahl“ zurückgezogen, sagt sein Sprecher Markus Fliege.Die Archive von Westfleisch sagen anderes: „Aus dem Aufsichtsrat der West-Fleisch Finanz AG ist Herr Uhlenberg im Juni diesen Jahres ausgeschieden“, so eine Sprecherin auf taz-Anfrage – „mit der Übernahme des Ministeramtes“.