2010 geht’s echt App

DAS MEDIENJAHR Alle klagen, das Geld wird knapp und das Programm auch immer schlechter. Mit diesen „Applikationen“ kommen Sie trotzdem bestens durch

VON STEFFEN GRIMBERG
UND DANIELA ZINSER

Die News-App: Lädt die exklusivsten Nachrichten der Privatsender runter. Alles so schön leer hier, jedenfalls wenn ProSieben, Sat.1 und Co. mit ihren Plänen ernst machen und auf Information und andere teure Lästigkeiten gänzlich verzichten.

Die „Tagesschau“-App: Alles rund um den app-surdesten Medienpolitikstreit des frühen Jahrzehnts. Gebührenfinanzierte Infos aufs Handy – wo kämen wir da denn hin! Wenn das jeder (ZDF und so) machte! Und übrigens: Tagesschau muss verboten heißen.

Die Werbungs-App: Informiert in Echtzeit über Werbeausfälle im deutschen TV- und Printmarkt. Ein Warnblinker zeigt, welche Zeitungen und Sender 2010 vom Markt verschwinden, wenn es so weitergeht (nein, RTL und Bild sindnicht dabei).

Die Content-App: Hier gibt’s Inhalt. Mit 7,95 im Monat sind Sie dabei. 2010 muss zeigen, ob Springers Strategie, im Internet Geld zu verdienen, aufgeht. Sonst betreiben Deutschlands Verleger weiter munter Gratiszeitungen im WWW. Bis sie pleite sind.

Die Not-LOL-App: Diese Applikation schützt vor schlechtem Humor im Allgemeinen und Oliver Pocher im Besonderen. In einer Spezialfunktion wird auch vor allen Auftritten von Eckart von Hirschhausen in Presse, Funk und Fernsehen gewarnt.

Die Gebühren-App: Berechnet sekundengenau die neuen Rundfunkgebühren pro Kopf, Haushalt, Haustier, mitwohnender Oma, Aufblaspuppe und Topfpflanze. Gilt ab 2010 auch für PCs und kluge Telefone. Nähere Infos bei der GEZ, solange die noch so heißt.

Die Kill-App: Engagiert die Chefredakteur-Loswerde-Task-Force der hessischen Staatskanzlei. I-a-Referenzen (ZDF-Brender), beste Kontakte ins Kanzleramt und zu Peter Hahne, immun gegen alle Argumente. Achtung: Warteliste. Termine erst wieder ab 2011.

Die Quoten-App: Zeigt exklusiv, wie sich Sat.1-Star Johannes B. wie Blues Kerner und andere Exmarktanteilsgaranten nach dem Senderwechsel fühlen. Jörg Pilawa hat’s auch schon. Merke: Weil es immer mehr Sender gibt, gibt’s eh immer weniger Quote!

Die IPTV-App: Dein Verbindung zum Internet-TV. 2010 muss es klappen mit einem echten Start und vielen Nutzern. Sonst macht sich vor allem die Deutsche Telekom mit ihren teuer eingekauften IPTV-Fußballrechten schon wieder lächerlich.

Die Sex-App: Führt direkt zu den besten Ausschnitten aus dem Schlichterotik-Programm Marke Christine Degeto Neubauer, Vroni „Rettet die Wale“ Ferres et al. – beziehungsweise direkt zum ARD-Freitagabend und zum ZDF-Eventkinofernsehen.

Die Notruf-App: Verbindet sofort mit dem Ersten Senat des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe. Nützlich bei eingeschränkter Rundfunkfreiheit oder versehentlichen Aufrufs der Kill-App. Ist 2010 allerdings mit dem ZDF schon schwer beschäftigt.

Die Presse-App: Übernahme leicht gemacht. Reicht euch brüderlich die Hände zur Fusion! Die App zeigt, welche Titel 2010 nach der Liberalisierung des Pressekartellrechts zusammengehören. Und wo der nächste Zeitungseinheitsbrei à la WAZ und FR droht.