Kondome für Kinder, fette Provisionen für den Notar

Wie in Uganda Geld des Globalen Aidsfonds der UNO veruntreut wurde: Eine Untersuchungskommission bringt derzeit Erstaunliches ans Licht

BERLIN taz ■ Uganda gilt als Musterland der Aidsbekämpfung. Die HIV-Infektionsrate ist seit Ende der 80er-Jahre von über 20 auf rund 7 Prozent der Erwachsenen gesunken. Ausgerechnet der ostafrikanische Staat ist nun Schauplatz des ersten großen Korruptionsskandals im Zusammenhang mit Geld des Globalen Aidsfonds der UNO. Am 24. August suspendierte der Fonds alle Programme in Uganda wegen „Anzeichen ernsthaften Missmanagements“ und nahm die Zahlungen erst im November wieder auf. Im Land prüft eine unabhängige Untersuchungskommission die Vorwürfe.

Verschwundenes Geld, politische Manipulation von Stellenbesetzungen, dubiose Devisentransaktionen – all diese Dinge werden nun täglich vor einer staunenden Öffentlichkeit ausgebreitet. 201 Millionen US-Dollar hat der Aidsfonds Uganda zugesagt und 45,4 Millionen davon ausgezahlt. Zu Beginn ihrer Arbeit Anfang Oktober veröffentlichte die Untersuchungskommission unter Vorsitz von Richter James Ogoola eine Liste von rund 300 Empfängerorganisationen. Manche davon standen unter Leitung hoher Politiker, die mit dem Geld Vetternwirtschaft betreiben konnten. Insgesamt, so die Buchprüfer von PriceWaterhouse & Coopers, deren Bericht zur Suspendierung Ugandas aus dem Aidsfonds führte, kamen 77 Organisationen außerhalb des korrekten Verfahrens zu Fondsgeldern.

So stand am Dienstag Stephen Wakhweya, Direktor der Organisation „Mulumba Uganda“, Richter Ogoola Rede und Antwort. Der wollte wissen, auf welche Weise Wakhweya an Fondsgelder gekommen war. „Worum ging es in Ihrem Antrag?“, fragte er.

„Ausbildung in Kondombenutzung“, erwiderte Wakhweya.

„Aber Ihr Projekt arbeitet mit Kindern, Herr Wakhweya.“

„Ja.“

„Vor allem mit benachteiligten Kindern. Was sollen sie mit Kondomen machen?“

„My Lord, wir haben es mit sehr aktiven Menschen zu tun.“

„Ach!“

„Also ist Ausbildung in Kondombenutzung …“

„Hoffentlich sind sie volljährig.“

„Sie sind volljährig, vor allem in den Dörfern.“

Nicht weniger kuriose Debatten hat die Frage zur Folge, welche Autos der Luxusklasse sich Regierungsstellen mit Fondsgeldern kaufen dürfen: Nissan Patrol, Land Cruiser, Mercedes, Jeep Cherokee, Ford Explorer, Hammer oder Toyota Surf? Warum manche dieser Autos dann im Fuhrpark des Gesundheitsministeriums landeten, konnte bislang nicht aufgeklärt werden. Und auch nicht, warum das ugandische Büro des Globalen Fonds namens „Project Management Unit“ (PMU) Spitzengehälter zahlte: über 6.900 Dollar Grundgehalt im Monat für Direktor Tiberius Muheebwa, 1.100 Dollar für Sekretärinnen, 850 Dollar für Fahrer. Ein Chefarzt in Uganda verdient monatlich 1.350 Dollar.

Das PMU ist mittlerweile aufgelöst, seine Arbeit ist an die internationale Consultingfirma Ernst & Young übergegangen. In vielen Debatten um den Fondsskandal wird die Angst vor Souveränitätsverlust deutlich. Der Generalsekretär des Nationalen Kinderrates in Uganda, Sam Okuonzi, sagte: „Initiativen wie der Globale Fonds sind für den Versuch, ein lebensfähiges Gesundheitswesen aufzubauen, eher eine Störung als eine Bereicherung.“

Dabei krankt der Globale Fonds in Uganda nach Meinung anderer Experten gerade daran, dass sämtliche Gelder über das Finanzministerium laufen. In Ländern wie Kenia oder Sambia wurden zusätzlich regierungsunabhängige Stellen als „Principial Recipients“ der Fondsgelder eingebunden.

Die größte Korruption hat Richter Ogoola beim Prozess des Geldzuflusses aufgedeckt – wenn die lokalen Stellen US-Dollar des Fonds in lokale Währung tauschen. Ein Notar erhielt eine Provision von rund 160.000 Euro dafür, dass er dem Globalen Fonds ein Devisenkonto bei der ugandischen Bank DFCU vermittelte. Und weil die Banken dann nicht immer den optimalen Wechselkurs benutzten, generierte jede Umtauschtransaktion fette Restsummen, deren Empfänger noch gar nicht alle bekannt sind – Geld, das dann bei der Aidsbekämpfung fehlte. DOMINIC JOHNSON