Kurzkritik: MAXIMILIAN PROBST ÜBER STADTGESCHICHTE
: Steht im Kähler

„Wie war das gleich noch mit Fritz Schumacher?“ – „Ein großer Architekt und Reformer zugleich. Da sich die Großstadt nicht mehr verhindern ließ, wollte er sie wenigstens für alle lebenswert machen, mit Volksgärten, Wohnvierteln, Schul- und Verwaltungsbauten.“ – „Der mochte die Großstadt gar nicht?“ – „Schumacher hatte die vollkommen chaotische, von Slums geprägte Großstadt des 19. Jahrhunderts vor Augen. Die neuen Stadtviertel, Dulsberg und so, wollte er deshalb so bauen, dass sie einer Kleinstadt gleichwertig wären.“ – „Und die Nazis?“ – „Denen war die alte Großstadt auch zu chaotisch: Die dicht bebauten Arbeiterquartiere hielten sie für Brutstätten des Bolschewismus. Weg damit.“ – „Die waren ja zum Glück selber bald wieder weg.“ – „Aber der Städtebau schloss nahtlos an die alten Paradigmen an: Weiträumig, aufgelockert bauen. Daher der Zeilenbau, da, wo mal die Altonaer Altstadt stand, oder Farmsen. Und später die Trabantenstädte. Osdorfer Born, Mümmelmannsberg.“ – „Idiotisch, die 70er Jahre“ – „Eher widersprüchlich, denn das Umdenken hatte schon eingesetzt: Urbanität durch Dichte. Erhalt des Alten, statt immer nur Abriss und Licht, Luft, Sonne. Das ist das Paradigma, in dem wir uns heute noch bewegen.“ – „Und wo hast Du das alles her?“ – „Steht im Kähler.“ – „Im Kähler?“ – „Ja, das neue Standardwerk zu den letzten 100 Jahren Stadtgeschichte Hamburg. Übersichtlich, pointiert geschrieben, große Optik.“

Gert Kähler, Von der Speicherstadt bis zur Elbphilharmonie, Dölling und Galitz, 2009