Kommentar Veto gegen Syrien-Resolution: Moskau verliert in Syrien
Das Kalkül der Obama-Administration ist nicht aufgegangen: Assad hat nicht mit Teheran gebrochen und Russland und die USA haben kaum mehr Einfluss auf weitere Entwicklungen in Syrien.
R ussland ist nach seinem wiederholten Veto gegen eine Syrien-Resolution des UN-Sicherheitsrats in weiten Teilen der veröffentlichten Meinung des Westens der böse Bube. Grund für diese Vetohaltung sind neben der Erfahrung mit UN-Resolution zu Libyen Moskaus nationale Interessen.
Syrien ist seit den Zeiten des Kalten Krieges Russlands wichtigster – und inzwischen letzter – Verbündeter im Nahen Osten und beherbergt die einzige russische Marinebasis im Mittelmeer. Das Land ist auch wichtiger Absatzmarkt für russische Waffen. Doch all das wird Russland nach dem nunmehr absehbaren Abgang des Assad-Regimes verlieren. Denn Moskau hat sich mit seiner Vetopolitik und dem Festhalten am Assad-Regime in der syrischen Bevölkerung höchst unbeliebt gemacht.
Die Regierung Putin hat einfach nicht verstanden, welche fundamentale Verschiebung die Demokratie und Freiheitswünsche eines Volkes bedeuten – im Nahen Osten nicht und auch nicht im eigenen Land, wie das von Putin unterschriebene Gesetz zur Reglementierung von Nichtregierungsorganisationen zeigt.
ist Korrespondent der taz in Genf.
In dieser Hinsicht haben die USA und ihre Verbündeten ihre Syrien-Politik der letzten anderthalb Jahre zumindest besser verkauft, indem sie die Forderungen der syrischen Oppositionskräfte nach Freiheit, Demokratie und Menschenrechten zumindest rhetorisch unterstützten. Doch tatsächlich war – und ist – Syrien auch für den Westen in erster Linie ein Joker im geopolitischen Kräftemessen mit Russland und China. Vor allem Washington behandelt die Ereignisse in Syrien unter dem Nutzenaspekt für den Konflikt mit Iran.
Doch das Kalkül der Obama-Administration ist nicht aufgegangen, Assad werde unter dem Druck des Aufstands bereit sein zum Bruch mit Teheran. Im Ergebnis ihrer Politik der letzten 16 Monate haben Russland und die USA – und damit auch der UN-Sicherheitsrat – kaum mehr Einfluss auf weitere Entwicklungen in Syrien.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Trumps Krieg gegen die Forschung
Bye-bye, Wissenschaftsfreiheit!
Kritik am Deutschen Ethikrat
Bisschen viel Gott
Menschenrechtsverletzungen durch Israel
„So kann man Terror nicht bekämpfen“
Ungelöstes Problem der Erneuerbaren
Ein November voller Dunkelflauten
Altvordere sollen Linke retten
Hoffen auf die „Silberlocken“
Autobranche in der Krise
Kaum einer will die E-Autos