schurians runde welten
: Im Wappen der Wallach

„Ich bin weder Pessimist noch Optimist, sondern nur Realist.“ (Karl-Heinz Rummenigge)

Habe Westfalen seinerzeit um ein paar Kilometer verpasst. Wäre ich etwas weiter westlich zur Welt gekommen, auch ich hätte dem großen stolzen Volksstamm Westdeutschland angehört. Aber was hätte ich davon? Sportlich gesehen? Wenig.

Westfalen liegt südlich der keltischen Einflusszone und hat deshalb keine interessanten Randsportarten zu bieten wie Boßeln oder Fierljeppen. Fußballerisch herrscht zwischen Emsland, Rheinland, Nordhessen und Niederrhein sowieso Magerkost: Ohne Ruhrgebiet, das westfälisch ist wie Berlin brandenburgisch, bleibt da nur Arminia Bielefeld und Karl-Heinz Rummenigge.

Über den ist alles gesagt, ein knödelnder Möchtegernmanager, der nicht einmal Michael Ballack überzeugen kann, eine Mischung aus rotwangiger Lippstädter Provinz und Münchner Kitschgesellschaft, was letztlich dasselbe ist.

Wichtiger ist Westfalen als Pferdeland: Im Wappen ein Wallach, das Land der Dressurreiter, Halla und Winkler, Meredith Michaels-Beerbaum. Die tüchtigen Reiter in ihrem Förstergrün scheinen in einer Heimatfilmwelt zu leben, in Gutshäusern aus Sylvia-Romanen, unter einem ewigen Spannungsverhältnis aus Erfolg, Liebe, Romantik und diesem gemeinenVerdacht: Aber nicht doch, Springpferde hüpfen freiwillig und ohne Schmerzmittel über Dreieinhalbmeterochser!

Als Kind freute ich mich auf Reisen nach Westfalen, dachte an den Wilden Westen, Sennepferde, Pumpernickel, freute mich aufs große Abenteuer, das ich erst viel später erleben sollte: Ein Fußballspiel in der B-Kreisliga bei Reken. Wir besuchten B. zum Geburtstag, hatten uns Vereinsschals aus Bettlaken gebastelt. Spielertrainer B. spielte durchwachsen, es endete Unentschieden. Schöner war die Dritte Halbzeit mit der Mannschaft, zu der uns der Vereinspräsident bat. Es gab Schnitzel, jemand warf Groschen in die Musicbox – der weibliche Teil der studentischen Linken wurde selbstredend zum Discofox gebeten. Als sich die Genossinnen wieder setzten, hatten sie so rote Wangen wie Rummenigge.

4.12. Lippstadt – Hüls

Immerhin ist ganz Westfalen eine Liga: die Oberliga. Auch die Heimatstadt des Bayernchefs stellt einen Oberligisten, der ist allerdings mit neun Niederlagen letzter. Trainer Arndt Hundertmarck richtet schon einen dramatischen Appell an die Fans vor dem Sonntagsspiel gegen Hüls, Bester der ewigen Oberligatabelle: „Letztlich sitzen wir alle in einem Boot und wollen, dass der SV Lippstadt 08 auch in der kommenden Saison noch in der Oberliga spielt.“ Wem das egal ist, kann sich auch auf Rummenigge freuen: Am 22. Januar wird der FC Bayern sein letztes Testspiel in der Winterpause auf dem Waldschlösschen austragen.