Hubschrauber am Teich

Eine Skulpturen-Biennale in Westfalen ist ein Wagnis. Doch das Projekt ist auf dem platten Land gut angenommen worden, auch im Landwirtschaftlichen Wochenblatt. Nun soll es nicht verpuffen

VON PETER ORTMANN

Auf dem Schöppinger Berg im Münsterland gibt es eine immer schneefreie Zone. Genau am höchsten Punkt der Region. Die runde Skulptur „Bon Accord“ (Guter Einklang) aus schwarzem Granit wird dort mit umweltfreundlichem Strom konstant auf Körpertemperatur von 37 Grad Celsius erwärmt. Die Künstlerin Danica Dakic aus Bosnien-Herzegovina will damit „Perspektiven von Landschaft, Ökologie, Wirtschaft ineinander verschmelzen“. Der gerillte Stein ist Teil der Skulptur-Biennale 2005 im Kreis Borken, die im Sommer eröffnet wurde und nun in einen winterlichen Dornröschen-Schlaf gesunken ist.

„Wir haben da einen Spagat gewagt“, sagt Josef Spiegel, Geschäftsführer der Stiftung Künstlerdorf Schöppingen. Man wollte renommierte, zeitgenössische Kunst präsentieren und das in einer Region, die eben anders strukturiert sei als eine Kunstmetropole. Kunsthistoriker Spiegel stellt gerade den positiven Verlauf der vierten Biennale in den Kulturausschüssen der Münsterländer Gemeinden und bei den Sponsoren vor: Der Event hat es immerhin bis ins amerikanische New Art Magazine geschafft. Doch es sei bisher nicht nur ein „kultureller Brückenschlag in die Region“ gewesen. Auch auf dem platten Land seien die Projekte gut angenommen worden. Man schaffte es sogar ins Landwirtschaftliche Wochenblatt. „Und da würde keiner einen gut geschriebenen Kunstartikel vermuten“, sagt Spiegel.

Viele Bürger identifizieren sich sechs Monate nach der Eröffnung mit den Kunstwerken und bewachen sie regelrecht. Auch die Pflege der Arbeiten, die in der Nähe von Wohnhäusern stehen würde übernommen. Beispielsweise beim Massivholz-Hubschrauber von Ulrich Genth und Heike Mutter im Uferbereich der Berkel in Vreden (Titel: Die solide Wirklichkeit des Bedingten) oder bei der Silhouetten-Skulptur (Titel: Wo bist du Maria?) aus Kunststoff von der Münsteranerin Kirsten Kaiser. Sie weist so auf die seit dem späten 19. Jahrhundert verschwundenen Madonna der Hilgenbergkapelle in Stadtlohn hin.

Ohne Zwischenfälle sollen die Arbeiten auf Jahre hinaus stehen bleiben. Manche können 20 bis 30 Jahre durchhalten, wie Thomas Kilppers künstlerischen Intervention „Castoren zu Halfpipes!“ vor dem Berufsorientierungszentrum in Ahaus. „Bisher gab es null Vandalismus“, freut sich Josef Spiegel. Ein Stück Strukturarbeit für die Zukunft soll es werden. Man habe kein Geld für einen Kurator von Außen ausgegeben, die Mittel lieber an die Teilnehmer verteilt. Das seien nämlich keine Wald- und Wiesenkünstler.

Acht westfälische Städte und Gemeinden aus dem gesamten Kreis Borken nehmen an der Biennale teil: Ahaus, Borken, Gronau, Reken, Schöppingen, Stadtlohn, Velen und Vreden. Ein Ziel war es, mit künstlerischen Mitteln diese Orte und ihre „verborgene Geschichte“ zu thematisieren. Begonnen hat die Skulpturen-Reihe 1999 im Kreis Coesfeld. Thematisiert wurde dort die künstlerische Auseinandersetzung mit den zahlreichen Schlössern dieses Kreises. Im Kontrast hierzu standen dann 2003 die „industriellen Landmarken“ des Kreises Warendorf.

Eine Sorge hat Josef Spiegel noch. Die laufende Biennale zur „latenten Historie der Region“ soll nicht als Event-Feuerwerk verpuffen. „Es ist besser, wenn 30 Leute an vier Abenden über Kunst diskutieren, als das die Schlipsträger eine Eröffnung feiern“, sagt er. 2006 soll in der Region wieder Werbung gemacht werden. Ein Gespräch mit dem Kreisdirektor steht bereits fest.