restfalen
: Eine Überdosis Rheinland

Die Verleugnung der eigenen Stadt, der eigenen Region im Urlaub ist eine peinliche Sache. „Ich komme aus der Nähe von Köln“, sollen einige Westfalen in den Ferien gern sagen, wenn sie nach ihrer Heimatkommune gefragt werden. Wer erklärt als Tourist am Strand von Cancún oder im Pub in East London schon: „Ich bin Westfale und komme aus Nottuln.“ Dass der geographische und mentale Westfalen-Begriff auf den Hund gekommen, aus vielen Alltagsleben verschwunden ist, muss uns nicht beunruhigen. Und wer möchte nicht nostalgisch glauben an den jugoslawisch anmutenden 80er-Jahre-Slogan: „Wir in NRW“?

KOMMENTAR VONMARTIN TEIGELER

Dass NRW aber immer stärker ein rheinisches Land wird, stört dann doch. Die Landeshauptstadt ist Düsseldorf. Der Papst besuchte die größte Stadt des Landes, Köln. Der Ministerpräsident des bevölkerungsreichsten Teilstaats der Republik ist ein Rheinländer (Jürgen Rüttgers aus Pulheim), der Chef der SPD auch (Jochen Dieckmann aus Bonn). Der heimliche Staatssender WDR hat zwar Regional-Dépendancen bis ins letzte Provinzkaff – traditionell zentriert ist er in Köln. Und das merkt man dem Programm auch an.

Der Erfolg westfälischer SPD-Politiker in der Bundestagsfraktion (Bericht, SEITE 2) ist eher die Ausnahme von der Regel: NRW hat ein Westfalen-Defizit, und eine Überdosis Rheinland. Wenn das so weiter geht, leben 8,5 Millionen NRW-Einwohner bald in Restfalen.