Olympia Tag 15 – Der lange Nachmittag: Wie Biathlon nur ohne Ski
Olga Kaniskina rutscht auf den letzten Metern auf Silberkurs, die Selecao nach wenigen Sekunden. Beim Fünfkampf sind derweil Musketier-Qualitäten gefragt.
Der Wettkampf des Nachmittags: Reiten, Schießen, Fechten, Schwimmen und Querfeldein-Laufen: Was klingt wie das Programm eines Musketiers auf der Flucht, ist der Moderne Fünfkampf und die wohl abwechslungsreichste Disziplin der Spiele. Heute kämpften die Männer um Edelmetall. Der Tscheche David Svoboda gewinnt hauchdünn vor dem Chinesen Zhongrong Cao und Adam Marosi (Ungarn). Das Highlight zum Schluss: Schießen und Laufen werden zu einem Wettkampf kombiniert. Biathlon, nur ohne Ski und ohne Schnee.
Die Athletin des Nachmittags: Weil wir hollywoodtaugliche Dramen ja eigentlich doch ganz gut finden, besingen wir heute eine tragische Figur dieser Spiele. Quasi vom Start ist die Russin Olga Kaniskina beim 20 Kilometer Gehen vorn und führt das Feld am Buckingham Palace, der Tower Bride und der St. Pauls Cathedral und watschelt vorbei an olympiainteressierten Hyde-Park-Eichhörnchen. Seelenruhig scheint die Titelverteidigerin zu Gold zu laufen. Doch plötzlich taucht die erst 20-Jährige Elena Lashmanova, ebenfalls aus Russland, auf und zieht wenige Meter vor dem Zieleinlauf an der sieben Jahre älteren Kaniskina vorbei. Die taz ist empört über die Generation Rücksichtslos! Die Chinesin Qieyang Shenjie wird mit gebührlichem Abstand Dritte. Vorbildlich!
Der Fehlstart des Nachmittags: Es sind gerade einmal 27 Sekunden geespielt, als Brasiliens Torhüter Gabriel den Ball schon aus dem Tor holen muss. Quasi direkt nach Anpfiff hatte Mexikos Stürmer Oribe Peralta einen Fehler seines Gegenspielers Rafael ausgenutzt und das 1:0 erzielt. In der 75. Minute lässt er ein zweites Folgen. Hulks zum 1:2-Anschlusstreffer (90.) sorgt nur noch kurz für Aufregung. Dann ist der Albtraum für den Topfavoriten vom Zuckerhut perfekt: Mexiko ist überraschend Olympiasieger.
Die Schlussfolgerung: Russland ist und bleibt eine Turnnation. Weil Evgeniya Kanaeva am Nachmittag wie schon in Peking überlegen Gold in der Rythmischen Sportgymnastik gewinnt und dahinter Daria Dmitrieva Silber holt, kommt Russland nun vor dem letzten Wettkampftag auf acht Turnmedaillen. Nur China kann da mithalten.
Wer noch?
Mountainbike (Frauen): Gold: Julie Bresset (Frankreich) | Silber: Sabine Spitz (Deutschland) | Bronze: Georgia Gould (USA)
Moderner Fünfkampf (Männer): Gold: David Svoboda ( Tschechien) | Silber: Zhongrong Cao (China) | Adam Marosi (Ungarn)
Segeln, Elliott 6 Meter (Frauen): Gold: Spanien (Támara Echegoyen, Sofia Toro und Ángela Pumariega) | Silber: Australien (Olivia Price, Nina Curtis und Lucinda Whitty) | Bronze: Finnland (Silja Lehtinen, Silja Kanerva und Mikaela Wulff)
Leichtathletik, 20 Kilometer Gehen (Frauen): Gold: Elena Laschmanowa (Russland) in 1:25,02 Min. (Weltrekord) | Silber: Olga Kaniskina (Russland) | Bronze: Qieyang Shenjie (China)
Rythmische Sportgymnastik (Frauen): Gold: Evgeniya Kanaeva (Russland) | Silber: Daria Dmitrieva (Russland) | Bronze: Ljubow Tscharkaschina (Weißrussland)
Fußball (Männer): Gold: Mexiko | Silber: Brasilien | Bronze: Südkorea
Hockey (Männer): Spiel um Platz 3: Australien – Großbritannien 3:1
Basketball (Frauen): Spiel um Platz 3: Australien – Russland 83:74
Handball (Frauen): Spiel um Platz 3: Spanien – Südkorea 31:29
Was noch?
Bei der Medaillenzeremonie nach dem Fußballfinale fehlt Mittelfeldspieler Park Jong Woo, obwohl er am Freitag noch mit Südkoreas Nationalelf Bronze gegen Japan gewann. Im Anschluss daran präsentierte ein Transparent, auf dem er auf einen Territorialkonflikt zwischen seinem Land und Japan hinwies. Dafür schloss ihn das Internationale Olympische Komitee von der Siegerehrung aus und leitete eine Untersuchung ein.
Redaktioneller Hinweis: In einer früheren Version dieses Textes hieß es, der IOC hätte Park Jon Woo wegen dessen politischen Äußerung die Medaille aberkannt. Tatsächlich wurde er nur von der Siegerehrung ausgeschlossen. Die Redaktion bedauert diesen Fehler.
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