Waldau, das Musical

Nach mehreren Insolvenzen hat das Waldau-Theater einen neuen Besitzer: Thomas Blaeschke, Geschäftsführer der neuen Waldau-Betriebs GmbH, will dort ab kommendem Jahr Musicals spielen und den hauseigenen Nachwuchs ausbilden

Bremen taz ■ Manchmal sind die symbolischen Gesten wie ein glitschiger Fisch, der einem unversehens aus der Hand rutscht. Vermutlich sollte die Gesangseinlage der – frisch prämierten – Schülerin der European Musical Academy, begleitet von deren Leiter Thomas Blaeschke, zeigen, dass im ehemaligen Waldau-Theater neuer künstlerischer Wind weht. Doch wer dachte nicht an die Kette von Insolvenzen im Waldau-Theater, als sie mit viel Gefühl sang „Was hab‘ ich falsch gemacht, wieso kam es so weit mit mir?“

Nun aber soll alles anders werden. „Ich hoffe, dass wir eine tragfähige und hoffentlich dauerhafte Lösung gefunden haben“, sagte Insolvenzverwalter Detlev Stürmann. Die darin besteht, dass der 35-jährige Blaeschke als Geschäftsführer der in Gründung befindlichen Waldau Betriebs GmbH die Immobilie in der Waller Heerstraße zum 1. Januar 2006 kaufen und betreiben wird. „Nach dem Fehlstart mit Marths ist das eine gute Nachricht in einer Stadt, in der nicht jeden Tag gute Nachrichten publiziert werden“, sagte Stürmann mit der Deutlichkeit, die man als Insolvenzverwalter wohl erwirbt. Er hatte schon 2004 die Insolvenz des Vorvorgängers verwaltet, dann die des glücklosen Nachfolgers Marth, der angetreten war mit einem Konzept, das keine institutionelle Förderung vorsah und dann vergeblich auf Projektmittel und größere Zuschauerströme setzte.

Blaeschke wiederum betonte, dass er „durchaus um die Gefahren wisse“. Darum setzt er auch erst einmal nur 60 bis 80 Vorstellungen seiner Bremer Musical Company im nun eigenen Haus an. Dort sollen außerdem die derzeit acht Studierenden seiner European Musical Academy ausgebildet und die ebenfalls zur Waldau Theater Betriebs GmbH gehörigen Agenturen Pop, Corn & Events sowie Intendt Events Ltd. ihren Sitz finden. Bis Ende 2006 wird die Kammerphilharmonie dort weiter proben, außerdem ist ein Tanzstudio im Haus. Zum Kaufpreis der Immobilie wollte man sich nicht äußern. Nur so viel: „Sie ist nicht für einen Appel und ein Ei weggegangen.“ Der Kauf sei bankenfinanziert, sagte Blaeschke, was der Insolvenzverwalter als Zeichen für die Solidität des Geschäftsplans sehen wollte. Dennoch räumte er ein, dass sich die Verhandlungen deswegen so lange hingezogen hätten, weil es „vorher noch nicht so durchdacht war.“ Die Gretchenfrage, wie man es mit öffentlichen Zuschüssen halten wolle, beantworteten die Herren unterschiedlich: „Öffentliche Gelder könne man vergessen“ – Stürmann – versus „wir gehen davon aus, keine institutionelle Förderungen zu bekommen, aber ich schließe Projektgelder nicht aus“ – Blaeschke.

Inhaltlich ist manches noch offen: Das niederdeutsche Theater, lange Aushängeschild des Waldau-Theaters, soll „längerfristig“, so der neue Leiter, auch wieder auf die Bühne kommen. Die alten Abonnenten möchte man mit Kurz-Abonnements wiedergewinnen. Neu gefunden werden soll zudem ein Name für das Haus – Vorschläge aus der Öffentlichkeit sind willkommen – und auch die Zukunft der Gastronomie ist noch nicht geklärt: Nach Auskunft von Stürmann steht ein Rechtsstreit wegen ausstehender Mietzahlungen an, was für Blaeschke Grund ist, die Gastronomie „langfristig auf neue Beine zu stellen“. Christa Lange, die Betreiberin, die seit 1991 im Haus ist, hofft dagegen auf eine Verlängerung des Vertrages, der noch bis 2008 läuft. Sicher ist nur eines: die Eröffnungsgala läuft am 6./7. Januar.

Friederike Gräff