Berliner Platten
: Hörenswertes Bruchwerk, ohne dass dabei die Summe der einzelnen Teile hin zum Größeren drängt: Neues von Dakar & Grinser und Static

Static: „Talking About Memo-ries“ (City Centre Offices/ Hausmusik)

Na, das wäre dann doch schade gewesen. Eigentlich hatten sich Christian Kreuz und Michael Kuhn schon getrennt und das gemeinsame Projekt Dakar & Grinser im Jahre 2001 nach ersten Erfolgen in den Tanzboden-Charts aufgelöst. Danach versuchte sich Kuhn zusammen mit dem österreichischen Neuberliner Florian Horvath als Grom an eher Schwülstigem, und auch Kreuz’ Ausflug in den deutschsprachigen Pop unter seinem bürgerlichen Namen war nicht allzu erfolgreich. Allerdings: Auch nach der offiziellen Trennung hatte man immer mal wieder gemeinsam aufgelegt. Für „Triumph of Flesh“ hat sich das Duo nun wieder zusammengetan und beweist, dass man das Näschen richtig in den Wind gereckt hat: Zeitgemäß setzen die beiden auf mehr Disco-Einflüsse und bauen stärker als früher auf Songstrukturen. Dabei gelingen ihnen mit „Better Times“ oder dem Ian-Dury-Cover „Inspiration“ nahezu klassische Popsongs, die elegant eher im Radio als im Club funktionieren sollten. Ansonsten aber herrscht eine euphorische, leicht kindliche Stimmung, freut man sich an piepsigen Sounds, die mitunter altmodische Synthies nachahmen, oder orientiert sich an Chic und lässt im Titelsong funky Gitarren rotieren. „Dreams, Drugs and Nightmares“ ist, wie der Titel verspricht, dagegen ein düsteres Rhythmusgeflecht, das erst in Verbindung mit chemischen Substanzen seine ganze Sprengkraft entfalten dürfte, während „Betting on the Muse“ wohl ihre Idee eines Dub sein sollte. Kurz: „Triumph of Flesh“ ist arg disparat und wirkt weniger wie ein DJ-Set, das einen sanft von Stimmung zu Stimmung leitet, sondern wie eine Sammlung der besten Tracks, die die beiden in den letzten Jahren programmiert haben. Die allerdings sind einzeln meistenteils ganz großartig und werden zum Glück doch erfolgreich von Christian Kreuz’ Stimme zusammengehalten.

Auch Static hat auf seinem neuen Album offensichtlich einiges abzuarbeiten. Wieder zurück in Berlin nach einem Stipendium in Wien, wo die Platte zu großen Teilen entstand, hat Hanno Leichtmann die Veröffentlichung „Talking About Memories“ genannt, und tatsächlich scheint er sich noch einmal der langen Liste seiner Kollaborationen erinnern zu wollen. Wer will, der kann Pole hören oder Jan Jelinek, mit denen Leichtmann unlängst zusammenarbeitete. Schon der Eröffnungssong „Return of She“ erinnert an die kühle Eleganz von Tarwater, was nicht weiter überrascht, denn Ronald Lippok singt als Gast gewohnt emotionslos. Weiter geht es mit den fantasiereichen Soundlandschaften von „One After 808“ oder „A Song For You“, mit melancholischem Zeitlupenpop und schrägen Trompeten über treibenden Beats, Gitarrengeklimper im Verbund mit knisternder Elektronik, wie ziellos wabernden atmosphärischen Experimenten, mal mit Gesang, mal instrumental. Kaum ein Track gleicht dem anderen und so ist, wie bei Dakar & Grinser, auch hier das Ganze eben nicht mehr als die Summe seiner Teile. Die einzelnen Bruchstücke allerdings sind jeweils für sich betrachtet überaus hörenswert.

Dakar & Grinser: „Triumph of Flesh“ (Disko B/Indigo)live 8. 12. Panoramabar

THOMAS WINKLER