Betreuungsgeld nicht für alle: Krabbeln allein zu Haus
Wer mit seinem Kleinkind in einen Spielkreis geht, riskiert das Betreuungsgeld gestrichen zu bekommen. Dabei ist egal, ob es sich nur um wenige Stunden pro Woche handelt.
BERLIN taz | Am Gesetzentwurf zum Betreuungsgeld gibt es erneut Kritik. So könnten Eltern, die ihre kleinen Kinder grundsätzlich zu Hause betreuen, aber ab und zu mal eine Krabbelgruppe besuchen, den Anspruch auf die staatliche Erziehungsleistung verlieren. Das ergab eine Anfrage der Links-Fraktion im Bundestag an das Familienministerium und an einzelne Landesregierungen.
„Ob Eltern, die mit ihren unter dreijährigen Kindern Eltern-Kind-Gruppen bzw. Spielgruppen besuchen, für ihr Kind einen Anspruch auf das geplante Betreuungsgeld haben, hängt von der Ausgestaltung des Angebots ab“, heißt es in der Antwort aus dem Hause von Ministerin Kristina Schröder (CDU), die der taz vorliegt. Oder anders formuliert: Es ist nicht auszuschließen, dass Eltern, die eine Krabbelgruppe in einem öffentlich geförderten Elternverein besuchen, das Betreuungsgeld gestrichen werden könnte.
Gewöhnlich nutzen Mütter und Väter das stundenweise Angebot von Krabbel- oder Eltern-Kind-Gruppen, um andere Eltern kennenzulernen und sich Tipps zu holen: Wie oft soll ich mein Kind baden? Welcher Brei ist der beste? Manche Eltern gehen ein- oder zweimal dorthin, andere öfter.
In Brandenburg werden sich Betroffene genau überlegen müssen, ob und welche Gruppen sie besuchen wollen. In der Antwort von Martina Münch (SPD), Bildungsministerin in Brandenburg, heißt es: „Die Landesregierung muss davon ausgehen, dass nach dem gegenwärtigen Stand des Gesetzentwurfs Eltern, die mit ihren unter dreijährigen Kindern die mit öffentlichen Mitteln geförderten Eltern-Kind-Gruppen besuchen, keinen Anspruch auf das Betreuungsgeld haben werden.“
Auch in Niedersachsen könnte das der Fall sein. „Für ein Kind, das einen (…) Spielkreis besucht, würde somit kein Betreuungsgeld gewährt werden“, heißt es der Antwort der Landesregierung. Mit einem Kinderspielkreis ist eine geförderte Betreuung von mindestens 15 Stunden wöchentlich gemeint.
Das Betreuungsgeld in Höhe von 100 und 150 Euro sollen ab August 2013 jene Eltern erhalten, die ihre kleinen Kinder nicht in eine staatliche geförderte Kita bringen. Der entsprechende Gesetzentwurf wird derzeit in den Ausschüssen beraten. Eine Mehrheit der Deutschen lehnt das Betreuungsgeld ab. Auch die Opposition und sogar Teile der Regierung kritisieren das Betreuungsgeld als kontraproduktiv.
Diana Golze, kinder- und jugendpolitische Sprecherin der Linksfraktion, sagt: „Je mehr Einzelheiten zur Umsetzung des Betreuungsgeldes ans Licht kommen, desto widersinniger wird es. Das Betreuungsgeld wirkt nicht nur als Bildungsbremse, sondern blockiert die Arbeit in diesen auch für den Kindesschutz wichtigen Anlaufstellen. Der Gesetzentwurf gehört ersatzlos gestrichen.“
Leser*innenkommentare
Stefan Maier
Gast
Cjristine Haderthauer, Bayerische Staatsministerin für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen, plädiert in einem Meinungsbeitrag für das Betreuungsgeld, für Vielfalt statt Einfalt in der Familienpolitik: http://www.atkearney361grad.de/2012/08/16/eltern-ermutigen-und-starken-statt-bevormunden/
Kai
Gast
Eins vorweg, ich bin eingroßer Gegner der Herdprämie und wäre sicher der letzte der gegen deren abschaffung plädierte.
Allerdings sehe ich hier das Problem nicht. 15 Stunden pro Woche, bei 5 (Arbeits)Tagen die Woche wären das immerhin 3 Stunden aufenthalt am Tag.
Sollte das nicht genügen "um andere Eltern kennenzulernen und sich Tipps zu holen..."?
Peter Klingel
Gast
Bitte nicht so reisserisch - eine Streichung ist erst bei mehr als 15 Stunden/ Woche möglich! Dies ist dann schon vergleichbar mit einer Betreuung während einer Teilzeittätigkeit - also bitte sorgfältiger unterscheiden zwischen einem "normalen" Besuch von Krabbelgruppen von 1-2mal die Woche für 2 Stunden