Militante Neonazis in NRW: Tief im Westen
Mit Aufmärschen und durch Kameradschaften versuchen Neonazis in und um Dortmund, Köln und Aachen seit langem, politisch relevant zu werden.
BOCHUM taz | Militante Neonazis versuchen schon seit Jahrzehnten, in Nordrhein-Westfalen zu einer politisch relevanten Kraft zu werden. Dabei wollen sie besonders das östliche Ruhrgebiet um Dortmund, Köln, Wuppertal und den Aachener Raum zu Hochburgen auszubauen.
Im Rheinland war die Polizei schon im März in einer länderübergreifenden Aktion gegen das rechtsradikale „Aktionsbüro Mittelrhein“ vorgegangen: Durchsucht wurden nicht nur das sogenannte Braune Haus im rheinland-pfälzischen Bad Neuenahr-Ahrweiler, sondern auch über 30 Wohnungen – und das Fraktionsbüro der rechtsextremistischen Partei „Pro NRW“ in Radevormwald im Bergischen Land. 24 Haftbefehle wurden vollstreckt. Auch der Kölner Neonazi Axel Reitz, Kopf der im Mai verbotenen „Kameradschaft Walter Spangenberg“, unterhielt enge Verbindungen zum „Aktionsbüro Mittelrhein“.
Unterstützt von der „Kameradschaft Aachener Land“ werben Rechtsextreme auch im Städtchen Stolberg an der Grenze zu den Niederlanden jedes Jahr für einen Neonazi-Aufmarsch. Erinnert werden soll damit an den Tod eines 19-Jährigen, der 2008 von einem Migranten erstochen wurde. Zwar bestreitet die Familie des Toten jede Verbindung des Jugendlichen zu Rechtsradikalen – doch die versuchen trotzdem, den Toten zum Märtyrer zu stilisieren.
In Dortmund organisierten sich die Neonazis bereits 1982 im rechtsextremen Fußballclub „Borussenfront“. Dessen Gründer, der „SS-Siggi“ genannte Siegfried Borchardt, engagiert sich in der nun verbotenen „Kameradschaft Dortmund“. Wegen diverser Gefängnisstrafen und seines Alkoholproblems gilt Borchardt mittlerweile aber als verbrannt.
Kopf des „Nationalen Widerstands Dortmund“ ist heute Dennis Giemsch, der über seinen „Resistore-Versand“ nicht nur Neonazi-Propaganda vertrieb, sondern auch als Anmelder von Aufmärschen der Rechtsradikalen auftrat. Zwar wird der harte Kern der Dortmunder Neonazi-Szene nur auf wenige Dutzend Aktive geschätzt – aus dem Umland können sie jedoch schnell rund 100 weitere Schläger zusammentrommeln.
Unterstützt wird die Dortmunder Szene von der ebenfalls verbotenen „Kameradschaft“ aus Hamm. Deren 25-jähriger Anführer Sascha Krolzig studiert in Bielefeld Rechtswissenschaften, wurde aber wegen des Verwendens von Neonazi-Symbolen schon 2005 zu einer Jugendstrafe ohne Bewährung verurteilt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Vermeintliches Pogrom nach Fußballspiel
Mediale Zerrbilder in Amsterdam
Kritik am Deutschen Ethikrat
Bisschen viel Gott
Altersgrenze für Führerschein
Testosteron und PS
Toxische Bro-Kultur
Stoppt die Muskulinisten!
Scholz telefoniert mit Putin
Scholz gibt den „Friedenskanzler“
Wahlkampfchancen der Grünen
Da geht noch was