ISRAEL HAT DIE CHANCE, EINE HANDLUNGSFÄHIGE REGIERUNG ZU BEKOMMEN
: Linke Helfer für den Soldaten

Die bevorstehenden israelischen Parlamentswahlen sind von Köpfen geprägt, nicht von Parteien. Ein bislang unbekanntes Phänomen in Israel, wo man den Wähler je nach Herkunftsland, Religiosität und sozial-ökonomischer Situation schon einer bestimmten Partei zuzuordnen konnte.

Ariel Scharon, derzeit Premierminister und Chef der neuen Liste „Kadima“ (Vorwärts), liegt vorn. Dabei ist völlig unklar, mit welcher Agenda Scharon überhaupt antritt. „Vorwärts“ ja, aber in welche Richtung? Schimon Peres, der vom langjährigen politischen Gegenspieler Scharon nun zu dessen treuestem Verbündeter mutiert, weiß die Antwort. Die Erfahrung bisheriger Errungenschaften beweise, dass Scharon der richtige Mann sei.

Mit Errungenschaft meint Peres den von Scharon vorangetriebenen Abzug aus dem Gazastreifen. Ohne Zweifel verdankt der Regierungschef die aktuelle Sympathiewelle im Volk diesem lobenswerten Schritt. Diese Politik unterstützen zumindest die Leute, die in vier Monaten Scharon zum ersten Mal ihre Stimme geben werden. Mit der sich schon jetzt abzeichnenden Koalition zwischen „Kadima“ und Arbeitspartei wäre, sollte sich das aktuelle Meinungsbild im kommenden März bestätigen, möglich, friedenspolitische Entscheidungen in Kabinett und Parlament durchzubringen.

Wenn auch unklar bleibt, was Scharon eigentlich will, eine Entwicklung lässt hoffen: Der politische Druck, dem der Regierungschef ab kommenden Frühjahr ausgesetzt sein wird, kommt von links – nicht, wie bisher, von rechts. Sollte es notwendig werden, dem alten Soldaten auf seinem Weg zum Friedenspolitiker unter die Arme zu greifen, dann stehen die richtigen Leute bereit, nicht zuletzt Schimon Peres.

Seit dem Mord an dem israelischen Regierungschef Jitzhak Rabin vor zehn Jahren werfen sich Israelis und Palästinenser immer abwechselnd vor, man habe keinen Partner für den Frieden. In Israel zeichnet sich nun die Formierung einer handlungsfähigen Regierung ab; in den Palästinensergebieten könnte es Ende Januar so weit sein. Dann wird dort das Volk wählen. SUSANNE KNAUL