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Volkswirtschaftslehre in der Kritik„Nicht mit Geplauder zu lösen“

Der Vorsitzende des Ökonomenverbandes, Michael Burda, reagiert auf einem Protestbrief unzufriedener VWLer. Und beklagt mangelnde finanzielle Mittel.

Eine der großen Fragen der Volkswirtschaftslehre. Bild: screenshot taz
Interview von Wendelin Sandkühler

Herr Burda, brauchen Volkswirte in ihrer Ausbildung mehr Theorienvielfalt?

Die ist nur notwendig, wenn die vorhandenen Theorien massiv versagt haben. Dafür kenne ich keinen Nachweis.

Mit den vorhandenen Methoden sind Sie auch zufrieden?

Ich habe nichts gegen eine bessere empirische und historische Anwendung der VWL, warne allerdings davor, die Mathematik in Abrede zu stellen. Wenn ich untersuchen will, wann ein Euroland pleite gehen könnte, kann ich das nicht nur mit Geplauder lösen. Mathe gehört aber nicht mit voller Wucht ins Grundstudium - und sollte später teilweise abgewählt werden können.

Teilen Sie die Ansicht Peter Bofingers, dass einige „Mickymaus-Lehrbücher“ in der VWL dringend ausgetauscht gehören?

Meines Erachtens sind wir bereits mit guten Lehrbüchern eingedeckt; es geht eher darum, diese sinnvoll einzusetzen.

Was spricht dagegen, 20 Prozent der VWL-Lehrstühle mit „Querdenkern“ zu besetzen?

Ich bin gegen Quoten - außer für Frauen. Wenn einer der unzähligen als heterodox bezeichneten Ansätze echten Wert hat, wird er sich auch innerhalb der VWL durchsetzen, davon bin ich überzeugt.

Im Interview2Tnews: 

ist seit 1993 Professor für Makroökonomie an der Humboldt Universität zu Berlin. Der 53-Jährige beschäftigt sich vor allem mit dem Arbeitsmarkt und der EU-Integration. Burda ist seit 2011 Vorsitzender des Vereins für Socialpolitik, der größten Vereinigung deutschsprachiger Volkswirte.

Wissenschaftlicher Erfolg wird in der VWL fast nur durch das Zählen von Publikationen gemessen. Ist das nicht zu einfach?

Rankings sind grundsätzlich notwendig. Eine gute Berufungskommission sollte aber nicht nur auf ein Ranking schauen, sondern auf viele Faktoren. Das ist in der Vergangenheit nicht oft genug geschehen.

Über die Geschichte ihres eigenen Fachs wissen VWL-Studenten kaum Bescheid.

Eine Veranstaltung zur Geschichte des ökonomischen Denkens ließe sich sehr gut schon ins erste Semester integrieren. Es ist bedauerlich, dass das bisher an kaum einer Uni der Fall ist. Wir als VfS arbeiten daran, dass das anders wird, etwa indem wir überlegen, solche Fächer in ein Muster-Curriculum aufzunehmen, das wir erarbeiten.

Stimmen Sie zu, dass die VWL sich stärker mit ökologischen Fragen beschäftigen sollte, zumindest wegen des Klimawandels?

Ja, aber dafür reichen die Mittel nicht. An der HU haben wir zehn VWL-Profs für 3.000 Studierende, in Berkley haben sie dafür 50 oder 60 Leute. Hier müssen erstmal die „Brot-und-Butter-Fächer“ besetzt sein - und deren Methoden sind Grundlage für Umweltökonomik machen kann.

Letzten September sprachen Sie sich in einem Interview dafür aus, offener zu sein für Ergebnisse aus Neuro-, Psycho- oder Soziologie. Was haben Sie unternommen?

Ich habe bisher erfolglos versucht, an der HU einen interdisziplinären Exzellenzcluster zu beantragen. Interdisziplinarität ist nicht immer gewollt - von unseren eigenen Leuten, von der Politik, von den Kollegen aus anderen Disziplinen. Viele von denen,die die VWL kritisieren und sie erweitern wollen, wissen leider nicht, was wir machen.

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